dem orographischen Bau des Gebirgs durchaus entsprechen. Der
Abschnitt der Centralkarpaten oder der Tatra ist eine alpine Gruppe
von geringem Umfang und von tiefen Thaleinschnitten rings umschlossen.
Sie besitzt daher nur einige wenige eigenthümliche
Pflanzen, aber wie sie den Sudeten näher liegt als den südlichen
Karpaten, scheint auch ihre Flora näher mit jenen als mit diesen
verbunden. Denn ich kenne unter den endemischen Karpatenpflanzen
nur einzelne Arten [4] T9°), die vom Tatra bis Siebenbürgen
oder bis zum Banat verbreitet sind. An alpinen Gewächsen ist der
Tatra wegen seiner weit bedeutenderen Erhebung (8150 Fuss) viel
reicher als die Sudeten (4900 Fuss), aber eng verknüpft sind beide
Gebirge durch manche bemerkenswerthe Erzeugnisse, z. B. durch
eine im Tatra höchst veränderliche Weide der Waldregion [Salix
silesiacd). Die südlichen Karpaten bilden eine zusammenhängende
alpine Kette, welche, nur an einem Punkte (im Aluta-Thal) unterbrochen,
längs der Grenze Rumäniens vom Banat bis zur Marmarosch
sich erstreckt und von dem Tatra sodann durch niedrigere, aus Sandstein
gebildete Höhenzüge getrennt wird. Sie umschliesst die Hochebene
Siebenbürgens wie ein engerer Wall im Hintergründe des
grösseren von Ungarn. An Höhe (7830 Fuss) stehen die südlichen
Karpaten dem Tatra wenig nach, aber an Umfang und Ausdehnung
der alpinen Regionen übertreffen sie ihn bei Weitem. Dieser orographischen
Bildung entspricht der weit grössere Reichthum der südlichen
Kette an endemischen Gewächsen: so sind von den hieher
gehörigen Saxifragen ^°) auf diesen Abschnitt drei Arten, auf den
Tatra nur eine beschränkt, und eine fünfte bewohnt die alpine Region
des ganzen Gebirgs. Wie der Tatra mit den Sudeten verknüpft ist,
so weisen in den südlichen Karpaten manche Erzeugnisse (z.B. unter
den Sträuchern die Ericee Bruckenthalia) auf die Gebirge Serbiens
und Rumeliens, deren orographischer Zusammenhang mit den Karpaten
des Banats nur durch die Stromengen der Donau unterbrochen
wird.
Die serbisch-rumelischen Gebirge, soweit sie unserem Gebiete
angehören, sind viel zu unvollständig untersucht, als dass über ihren
Endemismus schon gegenwärtig sicher geurtheilt werden könnte.
Die Wanderungen entsprechen auch hier den orographischen Verbindungen
der so vielfach gegliederten Ketten mit Dalmatien, mit
Griechenland und über die Dardanellen hinaus mit Anatolien, auch
das Klima weist bereits auf den Orient. Die Forschungen von Paiicic
in Serbien haben für dieses Land eine Ausbeute von endemischen
Pflanzen (12, darunter die monotypische Umbellifere Pancicia) ergeben
, die ich nach den Mittheilungen dieses Botanikers untersucht
und als eigenthümlich habe bestätigen können.
Die vereinzelten endemischen Erzeugnisse der übrigen mittel-
und nordeuropäischen Gebirge I9I) beweisen nur, dass auch diesseits
der Alpen Vegetationscentren anzunehmen sind, von denen in Folge
des Austausches jedoch nur noch wenig Spuren erkennbar bleiben.
Ueber den Endemismus der sibirischen Gebirge ist bis jetzt noch
keine genügende Auskunft zu geben. Was den am genauesten erforschten
Altai betrifft, so ist in vielen Fällen die Steppenflora von
den Höheneinflüssen so unabhängig, dass man niemals wissen kann,
wie weit selbst (die alpinen Arten dieses Gebirgs sich nach Centralasien
verbreiten. Hierauf beruhen ohne Zweifel auch die zahlreichen
Wanderungen, welche über die aus dem Steppengebiet sich abgesondert
erhebenden Gebirge stattgefunden haben, und die den Kaukasus
und Vorderasien mit dem tibetanischen Himalaja und dem Altai
verbinden. Jenseits der Wüste Gobi endlich haben zwar die russischen
Botaniker Turczaninow, Maximowicz u. A. die endemischen
Gewächse Dauriens und des Amurlandes aufgezählt, aber es ist abzuwarten
, wie sehr die nähere Kenntniss der chinesischen Flora ihre
Anzahl dereinst beschränken mag.
Wie weit nun die Tiefländer gegen die Gebirge an Pflanzen von
beschränktem Wohngebiet zurückstehen, ist jetzt darzulegen. Was
auf engem Raume die mechanischen Hindernisse der Wanderungen
bewirken, das erfolgt in den Ebenen durch den langsamen Wechsel
der klimatischen Werthe. Um auch hier Sibirien auszuschliessen,
erhalte ich für den Endemismus in dem europäischen Antheil des
Gebiets folgende Ziffernreihe, nachdem, wie in den übrigen Fällen,
die geographischen oder systematischen Bedenken unterworfenen
Arten ausgeschlossen wurden: Zone der Cerriseiche (12), der Kastanie
in Frankreich und Asturien (21), russische Eichenzone (1).
Ausser Ungarn ist es also nur Frankreich, welches (auch abgesehen
von seiner Mediterranflora im Rhonegebiet) eine Reihe
eigenthümlicher Pflanzen besitzt. Ordnen wir diese französischen
Gewächse nach ihrem Vorkommen, so ergiebt sich, dass sie fast
sämmtlich von der atlantischen Küste stammen. Sie sind Glieder
jener Flora, welche Forbes die atlantische nannte, und die, wenn die
Wanderung den weitesten Raum umspannt, von Portugal bis zu den