gelungen ist. In Italien fordert die Reiskultur eine Entwickelungszeit
von sieben Monaten und ist, da die Felder im Frühlinge iiber-
staut werden müssen, nur in solchen Ebenen möglich, wo die erforderlichen
Bewässerungsanstalten bestehen , wie in der Lombardei
und in Andalusien. Wenn wir den Bedingungen nachforschen, von
denen der Anbau gerade der wichtigsten Kulturgewächse oder die
Erzeugung ihrer Variationen abhängt, treffen wir nicht selten auf
Erscheinungen, und gehörten sie auch zu den bekanntesten, deren
klimatischer Zusammenhang doch schwierig oder auch gar nicht zu
erklären ist. So verhält es sich mit dem Mais- und Reisbau in Europa
und anderen Erdtheilen. Auch der Weinbau des Mittelmeergebiets
bietet ein ähnliches Problem. Wer wüsste nicht, dass der Gehalt
der Trauben an Zucker in demselben Maasse wächst, als wir uns von
der Polargrenze der Weinkultur entfernen, und dass das stärkere
Feuer der südlichen Weine hievon abhängt? Es ist nun zwar leicht
zu erkennen, dass der Weinstock durch den trockenen Sommer in
seiner Entwickelung nicht beschränkt wird , dass die höhere Wärme
zur Zeit der Traubenreife die Erzeugung des Zuckers steigert, und
dass die organischen Säuren im Geschmack gegen die vermehrte
Süsse zurücktreten , aber nirgends finden wir in der völlig gereiften
Frucht noch Ueberreste des Stärkemehls, aus welchem der Traubenzucker
sich erst bilden muss, und warum ist also in südlicheren Kli-
maten der Gehalt an Stärkemehl in den unreifen Beeren grösser?
Dürfte man nicht annehmen, dass in der höheren Sommerwärme die
Vegetation des Weinstocks intensiver wird und die Blätter, die auch
in der grössten Dürre frisch bleiben, eine längere Zeit hindurch fortfahren,
Stärkemehl in den Trauben abzulagern ? So wäre der Einfluss,
den die Weinkultur am Mittelmeer auf die Physiognomie der
verdorrten Sommerlandschaft durch ihr grünendes Laub gewinnt,
wie früher bemerkt, in den tief in den Boden dringenden Wurzeln
begründet, aber gerade hiedurch zugleich die Bedingung erfüllt,
welche eine reichere Ausbildung der Frucht voraussehen lässt. Die
Bedeutung dieser Beziehungen zwischen dem Sommerklima und einem
seiner wichtigsten Erzeugnisse wird noch dadurch eine allgemeinere,
dass die Weinkultur nicht, wie am Rhein, auf den geneigten und den
Sonnenstrahlen ausgesetzten Boden beschränkt, sondern jeder Lage
gemäss ist und sich sogar den Baumpflanzungen einfügt. Schon im
Rhonethal, wo die Rebe, als wäre sie kein Schlinggewächs, am Boden
hinkriecht, wird die Kultur des Weinstocks gleich dem Feldbau betrieben
und erzeugt doch ungeachtet dieser scheinbaren Vernach
lässigung die edelsten Weine. Wo sie dagegen, wie in der Provence
der Olive, in der Lombardei dem Seidenbau sich unterordnet, und
der Weinstock, um die Stämme geschlungen , von Baum zu Baum
sich in malerischen Laubguirlanden begegnet, ist dem Triebe, zum
Lichte emporzuwachsen, nicht genügt und der Werth der Trauben
gemindert. In der Benutzung desselben Bodens zu verschiedenen
Kulturzwecken steht die Po-Ebene allen übrigen Landschaften Südeuropas
voran. Vom Walde der Maulbeerbäume, die in regelmässig
geordneten Zeilen gepflanzt sind, ist die Fläche auf unermesslich erscheinende
Fernen hin erfüllt, in der Nähe sodann erfreut sich das
Auge nicht bloss am Laub der Rebe, sondern auch die Cerealien,
der Mais, die Hirse, das zu den Baumkronen ragende Rohrgras, die
verschiedenen Futtergewächse und Nutzpflanzen wachsen hier auf
demselben Grundstück. Nur die Reisfelder und die Kunstwiesen sind
von dieser Vermischung verschiedener Kulturgewächse ausgeschlossen.
Auch zeigen die Baumpflanzungen anderer Gegenden wenig
Aehnliches, die der Südfrüchte, der Oelbäume gleichen vielmehr
meistens dem immergrünen Laubwalde, die letzteren wachsen dürftig
und zerstreut auf dem steinigen Boden der Provence, gerade wie die
Korkeichen. Die lange Entwickelungsperiode ist ein klimatisches
Moment, welches die Baumkulturen im Gegensatz zu dem Anbau
der Cerealien fördert, aber nicht für alle Kulturbäume des Südens in
gleichem Grade nothwendigwar. Wir haben gesehen, wie verschieden
sich in dieser Beziehung die Orangen und Feigen und ebenso die
Oel- und Maulbeerbäume verhalten. Allein da die Empfindlichkeit
gegen die Winterkälte ein zweites Moment ist, welches den Anbau
der Südfrüchte diesseits der Alpen verhindert, so sind die Baumkulturen
auch aus diesem Grunde im Norden auf den Obstbau fast
allein beschränkt, während sie im Süden so oft den ganzen Charakter
der Landschaft beherrschen. Beide Verhältnisse sind auch für andere
Kulturgewächse maassgebend, die aus wärmeren Gegenden abstammen,
und es wächst daher ihre Mannigfaltigkeit in südwestlicher Richtung.
Auch darin ist eine Annäherung an die Ergiebigkeit der Tropen
ausgedrückt, dass der Unterhalt und Erwerb der Bewohner auf vielfacheren
natürlichen Hülfsqueilen beruht als im nördlichen Euiopa.
Schon die Nahrungspflanzen sind zahlreicher, die Produktion der
Wassermelonen [Citrullus vulgaris), der indischen Feigen und andeiei
Früchte, die den Markt füllen, ist so massenhaft, dass das Leben zu