geringen Höhe ihres Wuchses den weidenden Thieren nur wenig*
Nahrung bieten können.
Noch viel werthloser wird der Boden in gewissen Bergregionen,
wo nach Verwüstung des Waldes sich hohes Farnkraut [Pteris aqui-
lina). mit Ausschluss jeder anderen Vegetation, des Erdreichs bemächtigt
hat. Dies ist nicht selten sowohl in Spanien und Sicilien, wie
auf den östlichen Halbinseln und am südwestlichen Abhange des
Kaukasus der Fall, und da die Wurzeln dieses Farnkrauts, welches
vom Vieh nicht berührt wird, auch sehr tief liegen , so kann selbst
durch Abbrennen der grünen Organe der Nachtheil solchen Pflanzenwuchses
nicht beseitigt werden. Die Farne sind in dem Seeklima
des Westens zwar mannigfaltiger als im Osten, aber nur der Adlerfarn
gewinnt durch sein geselliges Wachsthum die Bedeutung einer
selbständigen Formation.
An guten Weidegründen ist der Süden Europas überhaupt
ärmer als der Norden, obgleich die offenen Landschaften häufig
genug sind, wo die Holzgewächse fehlen und auch der Ackerbau
entweder vernachlässigt ist oder überhaupt wegen der geneigten,
felsigen Beschaffenheit des Bodens nicht betrieben werden kann. Die
Wiesen des Nordens können durch die Matten der Mediterranflora
nicht ersetzt werden, auf denen statt der Rasen bildenden Gräser
die Staudenformen vorherrschen. Diese Matten umfassen die grösste
Mannigfaltigkeit der verschiedensten Kräuter, dazu noch die Halb-
sträucher und den Schmuck der Zwiebelgewächse. Hier ist die Ausbeute
des sammelnden Beobachters am reichsten., hier sind die Standorte
der meisten endemischen Pflanzen. Die Unterschiede zwischen
den einzelnen Abschnitten des Gebiets werden um so bemerklicher,
je grösser die Anzahl der auf demselben Boden vereinigten Gewächse
ist. Der Blüthenschmuck dieser Matten wechselt von Woche zu
Woche, aber ist während des Frühlings immer reich zu nennen,
reicher als irgend einer Formation höherer Breiten. Aber auch an
Schönheit und Bedeutung einzelner Stauden- und Liliaceen-Formen
übertrifft die Mediterranflora das nördliche Europa bei Weitem. Wer
verweilt nicht gern bei den Worten dichterischer Auffassung, wenn
der Asphodelos- Matten Attikas oder des edelgeformten Acanthus-
Laubes gedacht wird. Es ist gewiss unter den vielfachen Vorzügen,
welche dem Alterthum zu Theil wurden, nicht gering anzuschlagen,
dass der Natursinn des Griechen nicht bloss durch die glänzendere
und reichere Färbung der Landschaft belebt wurde, sondern auch
durch schönere Gestaltungen des organischen Lebens, aus denen er
die Studien zu seinen Kunstwerken schöpfen konnte. Wo giebt es
im Norden eine Pflanze, die in gleichem Grade, wie das Acanthus-
Blatt, sich zum Zierrath von Arabesken eignet und zugleich durch die
gedrängte Aehre von prunkenden, weissen Blüthen zur Betrachtung
des in sich Vollendeten einladet? Aber mit feinem Geschmack wusste
die griechische Kunst das Geeignete auszuwählen. Die Aufgabe, die
Gebilde der Natur in plastischen Ornamenten nachzuahmen, löst sie,
indem sie das Blatt des Acanthus zum Schmuck der korinthischen
Säule verwendet und, die Ueberladung mit gedrängten Blumen verschmähend
, dem einfacheren Bau der Lilie den Vorzug giebt. So
sind zwar der Oelbaum und Poseidon’s Fichte in ihre Götterwelt verflochten,
aber nur der ebenmässig gerundete Zapfen der Pinie dient,
den Thyrsusstab zu krönen, und das ewig grünende Laub des Lorbeers,
die Stirn für hervorragende Leistungen zu bekränzen. Es ist
eben der Vortheil des grösseren Reichthums organischer Bildungen,
den Regungen der Phantasie einen weiteren Spielraum zu bieten.
Kaum ist der kurze Winter vorüber, so bedeckt sich die Flur mit
den Blüthen unzähliger Zwiebelgewächse. Es ist die Zeit der Nar-
cissen, der Tulpen und Hyacinthen, des Crocus und der Orchideen,
deren Ernährung viele Monate in den unterirdischen Organen vorbereitet
ward und deren Blüthenpracht nun in wenig Tagen vorübereilt.
Dann folgen die verschiedensten Kräuter und Stauden, die
einjährigen Leguminosen, die im Frühlingsregen keimen und oft
schon, ehe die Keimblätter verdorrt sind, ihre Blüthen und Früchte
entwickeln, aber schon zu dieser Zeit ist das Wachsthum so mächtig',
dass aus dem Teppich der kleineren Gewächse üppig* wuchernde
Synanthereen und Umbelliferen sich hoch erheben. In der Provence
beginnt die Blüthe des Acanthus schon im April, zugleich mit der
des weissen Asphodelus und einer gelben Doldenpflanze (.Ferula),
deren kräftiger Stengel zuvor zu Mannshöhe aufgeschossen ist. Je
näher die trockene Jahrszeit heranrückt, desto mannigfaltiger wird
der Blumenflor von Synanthereen und von aromatischen Labiaten,
und, je später sie blühen, desto mehr neigen die unteren Stengel-
theile zur Holzbildung, so dass solche Gewächse, die man Halb-
sträucher zu nennen pflegt, sich leichter im Sommer zu erhalten vermögen.
Auch diese Art des Wachsthums gehört zu denen, die in
den Savanen der tropischen Zone noch viel allgemeiner werden und
die Matten der Mediterranflora mit ihnen verknüpfen. So üppig aber