gezeichnete monotypische Saxifragee {Zahlbrucknera) , die nur an
drei Orten, im Thal der Lassnitz in Steiermark, im Lavanthale in
Kärnthen und am Tonalepass zwischen der Val di Sole und der Val
Camonica in Südtirol gefunden worden ist, vermittelt die Fälle einer
weiteren, aber auf vereinzelte örtliche Bedingungen zurückgeführten
Verbreitung mit denen der Beschränkung auf den ursprünglichen
Wohnort selbst.
Es ist nicht ohne Interesse, das Vorkommen der nur auf einzelnen
Alpengruppen einheimischen Gewächse eingehender zu betrachten.
Zuerst finden wir in den Seealpen eine Rosacee (.Potentilla
Saxifraga), die erst in neuerer Z eitl8s) auf der Cima de Mera bei
Mentone und am Cioudan bei S. Martino beobachtet wurde, und die
in so hohem Grade von den übrigen alpinen Arten ihres Geschlechts
abweicht, dass sie schwerlich ein grösseres Gebiet bewohnen wird:
dies ist also ein Abschnitt des Gebirgs, dessen Eigentümlichkeit auf
dem Einflüsse des Mittelmeers beruht. Die drei anderen Bezirke, auf
die sich die übrigen mir bekannt gewordenen Fälle beziehen, haben
das Gemeinsame, dass sie durch Thaleinschnitte von den benachbarten
Alpengruppen abgesondert werden. Die erste Gruppe liegt
an der Ostseite des Corner Sees, sie ist von diesem, dem Veltlin
(Adda) und der Val Camonica (Oglio) fast vollständig umschlossen
und selbst wieder in mehrere Kettensysteme gespalten. Sie wird
von einer Rosacee (.Sanguisorba dodecandra) bewohntl86), die nur
in der Val d’Ambria, einem Seitenthale, welches unweit Sondrio in
das Veltlin mündet, und auf dem Bartellino in der Provinz Bergamo
beobachtet worden ist. In noch höherem Grade abgeschlossen ist
am westlichen Ufer des Gardasees ein schmaler und kaum alpine
Höhe erreichender Gebirgsstock, der, aus Kalk und Dolomit gebildet,
aber wasserreich und noch mit Buchenwäldern geschmückt zwischen
den Thaleinschnitten von Giudicaria (Chiese und Lago d’Idro) und
von Sarca (Gardasee) sich bis Salo erstreckt. Denn durch die niedrige
Wasserscheide bei Roncon zwischen dem Quellgebiet des Chiese
und dem Arno, der durch das Sarcathal mif dem Gardasee und dem
Mincio sich vereinigt, stehen beide Thäler in Verbindung. Auf diese
Gruppe ist einThymelaeenstrauch [Daphnepetraea) beschränkt, und
nur an den Kalkfelsen des Tombea (Cima Lanin, kaum 6000 Fuss
hoch), in kleinen Höhlungen, deren Boden beständig von herabsickernder
Feuchtigkeit benetzt wird l8J|, wächst eine der merkwürdigsten
Saxifragen [S. arachnoidea bis 5000 Fuss), die von hier aus
in das Ampola-Thal über Storo (bis 2000 Fuss) herabgeschwemmt
wird. Der letzte Pall des auf eine einzige Alpengruppe beschränkten
Vorkommens einer durch ihren Bau ausgezeichneten Pflanze ist der
der Wulfenia (W. carinthiaca), einer Scrophularinee, die lange Zeit
für monotypisch galt und auch jetzt noch ihre Eigenthümlichkeit behauptet,
nachdem eine zweite Art in Syrien, eine dritte am Himalaja
entdeckt wurde. Sie war bis vor wenig Jahren nur auf der Kiih-
weger Alpe bei S. Hermagor im südlichen Kärnthen bemerkt worden
, nun hat sie Schenk nach brieflichen Mittheilungen noch auf
einei zweiten, aber nur wenig Stunden von jener entfernten Alpe
aufgefunden. Die Gruppe, zu welcher diese Berge gehören, bilden
eine von dem Gail- und Drauthale vollkommen eingeschlossene,
durchaus selbständige Kette, die zwischen den centralen Tauern
und den südlichen carnischen Alpen eingeschaltet ist, indem das
Quellwasser des Gail unweit Sillian mit den Zuflüssen des Drau in
derselben Thalspalte entspringt. Die Wulfenia aber findet nicht
bloss an diesen Thälern eine Schranke, die sie an ihren alpinen
Wohnort fesselt, sondern innerhalb der Kette selbst ist sie durch
deren zahlreiche Einschnitte, die z. B. zu der Bildung des Weissen-
sees Veranlassung geben, auf zwei einzelne Höhenpunkte eingeschränkt
worden. Man kann ihr Vorkommen also gewiss mit Recht
den Gebirgspflanzen oceanischer Inseln, wie des Pik von Teneriffa,
an die Seite stellen. Ebenso wie diese nicht zu anderen Bergen
gelangen können, so war die Wulfenia durch die Thäler, die ihren
ursprünglichen Heimathsort rings umschliessen, verhindert, an entsprechenden
anderen Standorten sich anzusiedeln.
Sind wir demnach imStande, aus Wanderungen, die von einem
einzigen Entstehungsorte der Arten ausgingen, die Anordnung der
Alpenpflanzen abzuleiten, so ist schliesslich doch zu bemerken, dass
einzelne Erscheinungen übrig bleiben, die keineswegs mit einiger
Sicherheit aufzuklären sind. Fand die Wanderung, wie bei der
Zwergbirke, in der Richtung nach Süden statt, so kann das Vorkommen
in den Alpen ein sporadisches sein: wenn aber eine Art aus
den Alpen stammt und sich bis zu den norwegischen Fjelden verbreitet
hat, so würde die Migrationshypothese voraussetzen, dass sie,
mit so bedeutenden Kräften ausgestattet, auch in dem Alpensystem
selbst allgemein auftreten müsste. Dies ist allerdings die Regel, die
der arktischen Flora und den südlichen Gebirgen gemeinsamen Pflanzen
sind fast immer in den Alpen häufig, wenn sie aus diesen, oder