der kälteste Monat entspricht noch dem Mai von Berlin. Auch der
Winterregen Portugals (November bis März) wiederholt sich in
S. Miguel, wo die Niederschläge in der wärmeren Jahrszeit schwach
sind. Aber freilich beziehen sich die Beobachtungen nur auf die
Küste der Azoren: in höheren Lagen verdichtet sich der Wasserdampf
bei jeder Windesrichtung und hüllt auch im Sommer das Gebirge
in Wolken, dessen Wälder daher beständig von Nebel und
Regen getränkt werden.
Die Vegetation der Azoren ist der des Mittelmeergebiets in soweit
ähnlich, dass die Waldbäume der Lorbeerform angehören und
immergrüne Sträucher die Holzgewäche sind, welche den grössten
Theil der Inseln bekleiden. Der reineren Ausbildung des Seeklimas
und der grösseren Feuchtigkeit entsprechend, gedeihen die Farne
üppiger und wachsen in grossem Massen zusammen, namentlich in
der Region der Wolken, wo die ansehnlichste der atlantischen Arten
[Dicksonia culcita, von 2000 Fuss an) zuerst auftritt. Ferner äussert
sich der Einfluss des feuchten Bergklimas darin, dass die immergrüne
Region in ein viel höheres Niveau hinaufreicht als in Europa,
ja auf den meisten Inseln bis zu ihren Gipfeln die einzige ist. So
erscheint selbst die innere Böschung des Kraters von FayaH) (1300
bis 3000 Fuss) als eine feuchte Schlucht, die mit einem grünen
Teppich von Farnen und von Maquis dicht bekleidet ist. Die Holzgewächse,
gerade diejenigen Formen, welche durch ihr geselliges
Wachsthum die Physiognomie der Landschaft bestimmen, sind
grösstentheils nicht von Europa eingewandert. Die meisten wachsen
auch auf den beiden andern atlantischen Archipelen, und eben durch
sie, welche die so weit von einander entlegenen Inselgruppen verbinden,
wird der systematische Charakter der atlantischen Flora
bezeichnet. Auf den Azoren ist übrigens ihre Anzahl nicht bedeutend
: es gehören dahin die drei Bäume, welche ihren Lorbeerwald
zusammensetzen [Laurus canariensis, die Oleinee Picconia excelsa und
derFayal: Myrica Faya), und ein Wachholder, die einzige, daselbst
einheimische Conifere (Juniperus brevifolia). Diese Gewächse
kommen sämmtlich auch auf Madeira vor, einer Insel, die allerdings
den Azoren beträchtlich näher liegt als das Festland von Europa (in
einem Abstande von etwa 50 g. Meilen). Fand die Verbreitung
durch den Golfstrom statt, so ist begreiflich, dass die Mannigfaltigkeit
der Holzgewächse auf den kanarischen Inseln am grössten ist,
und auf Madeira grösser als auf den Azoren, die nur das ihnen
Eigenthümliche abgeben, aber nichts von dort durch das Meer empfangen
konnten.
Die vertikale Anordnung der Vegetation auf Pico, der am
höchsten gehobenen Insel (7100 Fuss), wurde von Seubert nach
Hochstetter’s Beobachtungen dargestellts). Hieraus ergiebt sich,
dass oberhalb der immergrünen Region nur noch Spuren einer mitteleuropäischen
Vegetation unterschieden werden können: in das Bereich
der ersteren fallen alle übrigen Inseln, da sie sich kaum über
3000 Fuss erheben.
Immergrüne Region von Pico, o ' — 5 2 0 0 '.
Kultivirte Region bis 1500 7•
L o rb e e rw a ld bis 2 5 0 0 ' .
J u n i p e r u s b r e v i fo l ia bis 5 2 0 0 ' .
Maquis. 2 5 0 0 ' — 5 2 0 0 ' .
Mitteleuropäische Region. 5200''— 71 0 0 ' •
Der Lorbeerwald scheint die Inseln ursprünglich bis zum Meeresufer
bedeckt zu haben, wie dies an unbebauten Stellen, z. B. auf Flores,
noch jetzt hier und da der Fall ist. Ueber dem Niveau, wo die
Bodenkultur aufhört, hat er sich erhalten (1500 bis 2500 Fuss):
wo ihn diese verdrängt hat, sind zwar die eingewanderten Pflanzen
am häufigsten, doch werden auch hier weder die Maquis noch die
endemischen Erzeugnisse vermisst. Im Lorbeerwalde selbst sind
unter den beschatteten Gewächsen und unter den Farnen, die den
Boden bedecken, ebenfalls europäische Arten den atlantischen beigemischt
(z. B. Osmunda regalis, Pteris aquilina:). Die Bäume sind
sämmtlich von geringer Grösse und gehen zum Theil in Strauchformen
über6). Dies ist eine Folge ihrer unbeschützten Lage in der
Mitte desOceans, wo die Winde an Heftigkeit zunehmen: auf Madeira
und den kanarischen Inseln zeigen die gleichen Bäume einen ansehnlicheren
Wuchs. Der Wald der Azoren ist daher von den Maquis
weniger deutlich abgesondert. An den Abhängen des Vulkans von
Pico herrscht über der Lorbeerregion der azorische Wachholder, der,
sowohl als Strauch wie als Zwergbaum wachsend, keine bestimmte
Baumgrenze erkennen lässt. Uebrigens bleiben auch auf den beiden
andern atlantischen Archipelen die immergrünen Laubwälder weit
unter dem Niveau der Maquis zurück, und da es nicht an Feuchtigkeit
fehlt, so scheint es, dass der Boden, mit Laven und vulkanischen
Gerollen bedeckt, der Ausbreitung des Waldes nach aufwärts
entgegensteht. Die Gebüsche der Wachholderregion (2500 bis
4500 Fuss) enthalten neben dem Fayal, der hier auch vom Boden