noch in dem kontinentalen Klima Kanadas die Wälder schmücken
und ähnliche Formen die alpinen Regionen der gemässigten Zone
bewohnen. So sind es schliesslich nur Eigenthümlichkeiten der verschiedenen
Vegetationscentren, dass in den Tiefebenen der alten
Welt Holzgewächse dieses Baues von kurzer Entwickelungsperiode
nicht erzeugt wurden: denn nur diejenigen, welche einer langen Zeit
zu dem jährlichen Cyclus ihrer Bildungen bedürfen, sind an ein südliches
Klima gebunden, welches diese Bedingungen erfüllt. Und
weil endlich bei den Bäumen die alljährlich wiederkehrende Arbeit
grösser ist als bei den Sträuchern, so sehen wir die Polargrenze der
Lorbeer- und Olivenform durch alle Meridiane schärfer ausgeprägt
als die des Oleanders und der Myrte.
Die immergrünen Laubhölzer gehören, sofern sie zum Wuchs
von Bäumen sich erheben, eben zu der Lorbeer- und Olivenform,
von denen die erstere dem breiten Blatt der Buche, die letztere dem
schmaleren der Weide entspricht. Wie es an den Polargrenzen
einer Pflanzenform gewöhnlich ist, so giebt es auch im Mittelmeergebiet
nur einzelne Vertreter dieser Organisation, die aber doch, zu
Wäldern verbunden, auf die Physiognomie der Landschaft bedeutend
wirken können. Aber diese Wirkung wird nicht bloss durch
die Entwaldung vieler Gegenden, sondern auch dadurch vermindert,
dass die Bäume des Südens den nordeuropäischen gewöhnlich an
Höhe des Wuchses erheblich nachstehen und oft selbst zur Strauchform
herabsinken. Erhöht ist die Bedeutung dieser Pflanzenformen
durch die Kultur des Bodens, die, in den grösseren Ebenen oft eine
Baumkultur, sie, aus der Ebene betrachtet, bewaldet erscheinen
lässt. Gerade den reinsten Ausdruck der tropischen Lorbeerform
gewähren daher nicht einheimische Bäume, sondern die Agrumen,
die aus den indischen Halbinseln Asiens stammen. Bei mehreren
Pflanzenformen wird es sich wiederholen, dass sie erst in später Zeit
nach Südeuropa verpflanzt wurden, und dass daher die Physiognomie
der Natur sich seit dem Alterthum gerade in einigen Hauptzügen
verändert hat. Indessen ist Philippi doch zu weit gegangen, wenn
er meinte, dass der abweichende Vegetationscharakter des Mittelmeergebiets
fast nur auf den Kulturgewächsen beruhe: es bleibt noch
genug Eigentümliches auch in den ursprünglichen Erzeugnissen
übrig. Die Agrumen sind zuerst von Indien nach Persien verpflanzt
worden, und daraus ist der systematische Name des Citronenbaums
[Citrus medica) entsprungen, aber schon in römischer Zeit blühte dieser
Kulturzweig in Syrien. Die zahlreichen Spielarten, welche aus den
beiden Citrus-Arten, die Linné unterschied, durch die Kultur hervorgegangen
sind, und die jetzt zu den wichtigstenErzeugnissen gewisser
Gegenden gehören, sind hauptsächlich durch die Araber nach Westen
verbreitet worden und scheinen sogar erst seit den Kreuzzügen und
vielleicht in noch spätererZeit ihr heutiges Kulturgebiet eingenommen
zu haben. Wenigstens von der süssen Orange [Citrus Aurantimn
dideis), die unter den Südfrüchten die erste Stelle einnimmt, finden
sich nach Gallesio’s s2) Untersuchung erst aus dem Anfänge des sechszehnten
Jahrhunderts sichere Nachrichten, dass sie in Italien und
Spanien gebaut ward. Die Agrumen entsprechen den allgemeinen
klimatischen Bedingungen der Mediterranflora nicht, vom Nordosten
ist ihre Kultur fast ganz ausgeschlossen, unstreitig, weil sie daselbst
die Winterkälte nicht ertragen. Am Garda-See findet man hohe
Bäume, aber durch gemauerte Wände eingehägt, und auch in Mittelitalien,
z. B. an der adriatischen Küste (43 °), zieht man sie nur in
Gärten. Völlig unbeschützt gedeihen sie nur in den Küstenlandschaften
Spaniens53) , in Italien in der Südh^lfte und im Litoral von
Ligurien, sodann durch ganz Nordafrika und Syrien bis Morea und
zu den wärmern Inseln des Archipels ; zuletzt kehren sie noch einmal
mit der Olive an der politischen Bucht des schwarzen Meers wieder,
wo das Klima durch Feuchtigkeit gemässigt ist. Die Höhengrenze
bleibt hinter der des Oelbaums zurücks^), und Boissier ist der Meinung,
dass die Extreme sowohl der Wärme als der Kälte ihnen nachtheilig
seien. Ebenso wird bemerkt, dass sie zu ihrem Fortkommen
reichlicher Feuchtigkeit bedürfen 5S). Solche klimatische Bedingungen
würden ihrem Ursprung in der tropischen Zone entsprechen, und so
ist es auch der gleichmässigeren Temperatur des Stammlandes
gemäss, dass die Entwickelungsprocesse einen geringeren Grad von
Periodicität zeigen, dass Blüthen und Früchte fast das ganze Jahr
hindurch gleichzeitig und in steter Reihenfolge sich bilden, wiewohl
doch die Haupternte in den Frühling fällt.
Einheimische Vertreter der Lorbeerform sind fast nur die immergrünen
Eichen, und auch von diesen nähern sich die gewöhnlichen,
kleinblätterigen Arten der Olivenform bedeutend. Der südeuropäische
Lorbeer [Laurus nobilis) selbst, von dem Humboldt den Namen
dieser Pflanzenform entlehnt hat, bildet gewöhnlich nur einen 6 bis
xo Fuss hohen Strauch und schliesst sich in dieser Gestaltung an die
Oleanderform. Wird er zuweilen zu einem wirklichen Baum mit