zu finden, wo mit zunehmender Feuchtigkeit die Holzgewächse sich
leichter als die Gräser vervielfältigen.
Auf die Vegetationsformen des feuchten Tropenklimas der östlichen
Anden im Einzelnen einzugehen, hiesse die Darstellung wiederholen,
welche den waldbedeckten Landschaften Venezuelas und Brasiliens
gewidmet war. Beim Hinabsteigen in die Tiefebene kann
man, wie früher bemerkt1?), nach Martius’ Vorgänge für den Umfang
der Andenflora nur eine willkührliche Grenze setzen und wählt
dazu am passendsten den untern Rand des Cinchonenwaldes, dessen
weite Verbreitung längs des ganzen Ostabhangs der östlichen Kor-
dillere für den Endemismus der mittleren, gemässigten Höhen gleichsam
maassgebend ist. Die Cinchonen, dieses wichtigste Erzeugniss
des Kordillerenwaldes, bilden eine grosse Gattung von Rubiaceen,
die nach ihrer Laubbildung den Tropenbäumen der Lorbeerform sich
anreiht. Die Höhengrenzen, in deren Bereich sie hauptsächlich Vorkommen
(in Peru 4700 bis 7500 Fuss), wurden von Humboldt zu weit
ausgedehntl8): sie steigen nicht so tief hinab wie die Farnbäume, mit
denen er sie zusammenstellte, und entsprechen vielmehr derjenigen
Region, welche er in dem Naturgemälde der Tropenländer nach den
Eichen benannte. Der Eichenwald Mexikos hält sich ungefähr in
denselben Höhen wie die Cinchonen in Südamerika, aber jenseits
des Isthmus bewohnen die Eichen nur noch die Gebirge von Neu-
Granada und erreichen den Aequator nicht.
Unterhalb der Cinchonenregion greifen in den tief eingeschnittenen
Stromthälern der Sierren die Vegetationsformen der feuchtwarmen
Klimate überall tief in die Andenflora ein. Die Regionen der Palmen
und des Pisangs (o bis 3100 Fuss), sowie die der Farnbäume (1200
bis 4900 Fuss), wie sie Humboldt13) unterschieden hat, liegen daher
eigentlich nicht mehr im Bereich dieser Flora, die am pacifischen
Abhang der Kordillere von Neu-Granada und von da bis Quito weithin
ausgedehnten Bambusenwälder (o bis 5200 Fuss) berühren sie
ebenfalls nur wenig: nur in gewissen Gegenden findet man diese
Pflanzenform selbst in die höchsten Regionen eingemischt. Auch ist
es eben für die Andenerhebung und deren geneigte Flächen im Gegensatz
zu den Tiefebenen charakteristisch, dass die Farnbäume und
Bambusen dort häufiger als hier und in grösseren Massen auftreten.
Die Formen des Pisang [Heliconia] und der Aroideen nehmen dagegen
in der Kordillere ab und vermehren sich im Thale des Amazonas3)
.
Noch auffallender als durch die räumliche Verbindung der
feuchtwarmen Thäler mit den kältern, aber ebenfalls feuchten Höhen
wird die Mischung der Vegetationsformen verschiedener Klimate,
wenn die Höhengrenzen einzelner Vertreter derselben mit denen ihrer
Regionen nicht zusammenfallen. In dieser Beziehung sind die hier
einheimischen Palmen besonders hervorzuheben. Wie die benachbarte
Hylaea, bringen auch die östlichen Andenthäler sehr zahlreiche
Palmen hervor: mehr als 50 Arten sind bereits daher bekannt geworden
und die meisten sind endemisch. Zur Bezeichnung der feuchtwarmen
Thäler wurden sie mit Recht von Humboldt vorangestellt.
Aber auch weit von diesen Standorten entfernt treten hier zwei
Palmen in dem weit höheren Niveau der Cinchonenregion auf,^ von
denen die eine (Oreodoxa frig id a bis 7500 Puss) zwar von niedrigem
Wuchs ist, die andere aber, die Wachspalme von Neu-Granada
(Ceroxylon andicola), 160 Fuss hoch wird, also einer der höchsten
Bäume in der ganzen Familie ist und doch bis zu den Grenzen des
Hochwalds (5400 bis 9000 Fuss) zwischen Eichen und Wallnussbäumen
ansteigtl8). Auch Farnbäume giebt es noch in der Cinchonenregion
w); sowieBromeliaceen und epiphytische Orchideen: doch
scheinen die letzteren in einem tieferen Niveau aufzuhoren als in
Mexiko, wo der den Nebel verdichtende Hochwald über 3000 Fuss
weiter reicht als am Aequator. Die Bambusengebusche endlich sind
am Aequator in einem höheren Niveau als irgendwo sonst nachgewiesen
(bis 14100 Fuss), wie im Folgenden noch naher zu erörtern
ist.
Vegetationsformationen und Regionen. Die Regionen,
welche Humboldt in seinem Naturgemälde der äquatorialen Anden
(zwischen 100 nördlicher und südlicher Breite) unterschied, müssen
mit denen verglichen werden, welche man später in den südlicheren
Gebirgslandschaften von Peru und Bolivien antraf, um den Fortschritt
zu erkennen, der seit jener schöpferischen Arbeit in unserer
Kenntniss eingetreten ist. Eine Uebersicht der wichtigsten Messungen
, von denen die aus den äquatorialen Anden ohne Quelle angeführten
sämmtlich von HumboldtI3) herrühren, ergiebt Folgendes :
Aequator iale Anden (io° N. B. bis 10 S. B.).
[Tropische Region. 6 — 4900'.
Region der Palmen und des Pisang bis 3100'.
Region der Farnbäume. 1200'—4900'.]