gemässigt und sodann durch das Laubdach selbst gehemmt wird.
Am Loden vermisse das Auge die Blüthenpracht anderer Gegenden
und blicke nur auf Pilze, Farne und verwesende Organe: denn auch
um Mittag herrsche im Walde nur ein gemildertes Licht, da durch
die dicht verflochtenen Zweige fast nirgends ein Streifen des Himmels
sichtbar sei. Also doch ein gemildertes Licht unter so dichtem
Laubdach, also doch wohl mehr Licht als in finstern Nadelwäldern:
so entscheidet Kittlitz über die merkwürdige Frage, wie doch die
Gewächse so wohl gedeihen und ihre grünen Organe athmen mögen
im Schatten der dichtesten Vegetation, welche der Erdboden irgend-
\\ o erzeugt. Unter den herrlichsten Bäumen , deren weitverbreitete
Belaubung den Himmel fast vollständig verdeckte, war er erstaunt
doch noch immer so viel Licht zu sehen. Nicht der senkrechten
Mittagsbeleuchtung war zuzuschreiben, was zu den verschiedensten
Tageszeiten sich gleich blieb, sondern nur jenen zahllosen Lichtwellen
, welche, von oben zwischen den haufenförmig geordneten
Laubmassen in jeder Richtung einfallend, von Stamm zu Stamm und
von Zweig zu Zweig gebrochen, zuletzt die unteren Räume des
Dickichts erreichen und hier »einen der tropischen Natur eigenthüm-
lichen Ton matten Glanzes hervorbringen«. In der That, was sollte,
wenn auch der Boden selbst nicht immer belebt erscheint, wohl aus
der Welt von Epiphyten werden, die in eben diesem Schatten zu
wachsen bestimmt sind, wenn nicht die Natur den Ungeheuern Laubmassen,
die ihn werfen, eine »Bildungsweise und Vertheilung gegeben
hatte, welche den Lichtstrahlen gestattet, wenn auch unzählige Mal
gebrochen, doch noch in hinreichender Kraft zu den Gewächsen der
unteren Raume einzudringen«. Die unmittelbar sich berührenden
Gegensätze tiefen Dunkels und greller Lichtreflexe werden auf den
: ai^dschaftsblldern aus dem brasilianischen Urwalde von Martius®)
in diesem Sinne dargestellt.
Hierbei ist zu erklären, weshalb der Schatten in den Laubwäldern
der gemässigten Zone vorzugsweise von durchscheinendem
T l u , J ? Pen V° n &ebrochenem L i^ te gemildert werde und weshalb
die Nadelwälder an diesen beiden Lichtquellen ärmer und daher
so oft von Schattenpflanzen entblösst seien. Wenn man überlegt,
auf welchen Bahnen das Licht durch die Laubkronen frei eindrino-en
kann, so denkt man zunächst an die Palmen und an die Mimoseen-
S J™ ’ “ die zusamrnengesetzte und daher unvollständig schattende
attbildung, welche hierdurch mächtig zum lichten Ton des tropisehen
Waldes beiträgt: aber die Bäume dieses Charakters bilden
nur einen Bestandtheil, nicht das Ganze, worin vielmehr an Reichthum
und Grösse des Laubes Formen mit einfachen Blättern, wie die
des Lorbeers, überwiegen. Und eben die Form des immergrünen
Laurineenblatts, welche sich in so vielen tropischen Familien wiederholt,
entbehrt jener durchscheinenden Textur, welcher die Plalb-
schatten nordischer Laubwälder ihr Licht verdanken. Aber einen
anderen, allgemeineren Charakter tropischer Waldbäume hat Kittlitz
in der Vertheilung des Laubes angedeutet, der den ersteren zu ergänzen
bestimmt scheint. In Klimaten , wo Kälte oder Trockenheit
den Holzgewächsen die Ruhe des Winterschlafs verstattet, entwickeln
dieselben eine viel grössere Anzahl kleiner Zweige, welche ein zu
sammenhängenderes, wenn auch im Ganzen weniger dichtes Laubdach
als unter den Tropen zu bilden pflegen. Dasselbe beschattet
daher auch gleichmässiger den Boden, obgleich es durchscheinender
ist, aber nicht so tief wie im Nadelwalde, dessen gedrängte Nadeln
völlig undurchsichtig sind. Auf der anderen Seite ist es offenbar,
dass die ununterbrochene Wärme und Feuchtigkeit des äquatorialen
Klimas gleich den zuerst gebildeten Aesten eine längere Dauer sichert,
von denen in jedem Winter der gemässigten Zone viele zu Grunde
gehen oder unentwickelt bleiben und daher in neuen Verzweigungen
sich verjüngen müssen, damit die erforderliche Anzahl von Blättern
entstehen könne. Jene ersten Aeste wachsen im Tropenwalde, dem
Lichte entgegenstrebend und die Saftströmungen an sich ziehend,
im excentrischen Sinne beständig fort und lassen daher zwischen
ihren gipfelständigen, den an ihrem jüngsten und weichsten Theil
entwickelten Laubkronen mehr oder minder weite Zwischenräume
übrig. Unter dieser doppelten Bedingung der Gestaltung und
Vertheilung des Laubes wird man in jenem Klima überall »eine
gewisse, ganz eigenthümliche Durchbrochenheit« wahrnehmen,
welche bei den Palmen nur am einfachsten und bei den Mimosen
am meisten ausgebildet. erscheint, selbst an Holzgewächsen, die
sonst mit diesen Formen am wenigsten zu vergleichen sind und
bei denen die freiere Entwickelung der Stammverzweigungen diesen
herrschenden Charakter hervorbringt, indem sie das natürliche
Gipfelwachsthum der Palme nachahmen und ersetzen. »Grosse
Massen« an sich dunklen und undurchsichtigen »Laubes erhalten
dadurch ein so leichtes Ansehen, dass sie gleichsam in der Luft zu
schwimmen scheinen«: aber auch alle übrigen Gewächse, die Lianen,