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 Erzeugnissen  der Wüste  die  allgemeine  Aufmerksamkeit  auf  
 sich  gezogen.  Die Wiederbelebung  einer  völlig   verdorrten  Pflanze  
 scheint  etwas  Geheimnissvolles  zu  sein,  aber  noch  mehr,  wenn  sie,  
 losgerissen  vom  B o d e n ,  wie  ein  todter  K ö rp e r  im Winde  umhertreibt, 
   ohne  die  K rä fte   der  Organisation  in  ihrem  Gewebe  ganz  
 verloren  zu  haben.  Und  so  verhält  es  sich  mit  der  R o se   von  Jericho  
 {Ana statt ca)  und  mit der essbaren Mannaflechte  (.Panne lia esculenta).  
 Indessen  beruht  die  E rh a ltu ng   dieser  Gewächse  in  dem  trockenen  
 Wüstenklima  in  beiden  Fä llen  auf Bedingungen  ganz  verschiedener  
 A rt.  Be i  der  Anastatica,  einer winzigen,  einjährigen  Crucifere,  sind  
 es  nur  die  F rü ch te ,  von  denen  die Wiederbelebung  ausgeht,  und  
 die  Eigenthümlichkeit  besteht  nur  darin,  dass  die  Samen  an  einen  
 passenden  Ort  für  ihfe  K e im u n g   geführt  werden.  Die  Pflanze  rollt  
 sich  zur  Z e it  ihrer  Früchtreife  durch  Eintrocknen  zu  einem  kleinen  
 kugelförmigen  K ö rp e r  zusammen,  wird  dann  leicht  durch  den Wind  
 aus  dem  sandigen Boden  losgerissen  und  so  lange  in  der Wüste  umher  
 getrieben,  bis  F euch tigk e it  auf  sie  einwirkt.  Vermög e   ihres  
 Schleimgehalts  saugt  sie  das  Wasser  beg ierig   ein  und  breitet  die  
 Organe  wiederum  aus,  wie  zur Zeit,  als  sie  noch  am  Boden  befestigt  
 war.  A b e r   dieser  S chein  des  L eb en s  erneuert  nicht  das  Wachsthum, 
   sondern  hat  nur  auf  die  Früchte  eine  Wirkung,  indem  die  
 Schoten  im  trockenen  Zustande  geschlossen  sind  und  erst  durch  die  
 eingesogene F euch tigke it sich öffnen und die Samen  entlassen.  Diese  
 letzteren  gelangen  daher  nur  da  in  den  Boden,  wo  dieser  feucht  ist,  
 •und wo  sie  sich  also  entwickeln  können.  Bei  der Mannaflechte  dag 
 eg en   sind  es  die  vegetativen  Organe  selbst,  die  durch  Feuchtigkeit  
 wieder  aufleben.  B e i  Flechten  und Moosen  ist  ein  Zustand  der  Erstarrung  
 aus Wassermangel  eine  sehr  gewöhnliche  E rsch e in u n g 41),  
 bei  dem Torfmoose  [Sphagnum)  beruht auf der Wiederbelebung durch  
 F euch tigk e it  die  lange  Dauer  ihres Wachsthums,  die  Bildung  des  
 Moostorfs.  A b e r   gleich  der  Anastatica  ist  auch  die  Mannaflechte  
 ursprünglich  am  Boden  b e fe s tig t42)  und  wird  durch  Stürme  losgerissen, 
   bis  sie  als Mannaregen  in  kleinen,  erbsenähnlichen  Stückchen  
 wiederum  an  entfernten Orten  niederfällt,  um  nun  in F o lg e  von  
 atmosphärischen  Niederschlägen  aufs  Neue  fortzuwachsen.  So   gehört  
 sie  zu  den  häufigsten  Erzeugnissen  der  Steppen  und Wüsten,  
 von  Centralasien  bis  zur  algerischen  Sah ara   dem  Passatwinde  folgend. 
   Solche Wanderungen von Pflanzen des Wüstenklimas  gehören 
 zu  den  treffendsten  Beweisen  für  den  Einfluss  atmosphärischer  B e wegungen  
 auf  die  Verbreitung  der  Pflanzenarten,  und  ihre  Be trachtung  
 hat  zugleich  den  Reiz,  der  stets  mit  der  Einsicht  in  das  zweckmässige  
 Zusammenwirken organischer und unorganischer Naturkräfte  
 verbunden  ist.  Oeffnete  die  Anastatica,  wie  bei  anderen  Pflanzen,  
 ihre Früchte  durch Saftverlust,  so  wäre  die Ausstreuung  ihrer  Samen  
 auf  dem  wasserlosen  Bod en  vergeblich.  Wäre  die  Mannaflechte,  
 gleich  anderen  Steinlichenen,  fester  angewachsen,  so  würde  sie  vielleicht  
 in  der  herrschenden  Dürre  zu  Grunde  gehen.  In  ihrer  B e weglichkeit  
 aber gelangen  diese Pflanzen  an  die weit  entfernten Orte,  
 wo  eben  T hau   oder  andere  Feuchtigkeit  ihre  Entwickelung^ zulässt,  
 und  so  gebraucht  die Natur  einfache,  aber  sichere Mittel,  die  Organisation  
 den  ungünstigsten  Verhältnissen  anzupassen.  ^ Wie  könnte  
 sie  sparsamer  verfahren,  als  indem  sie Pflanzenschleim  in  den Cruci-  
 feren  ablagert,  um  die  Feuchtigkeit  der  Wüste  zu  sammeln,  oder  
 indem  sie  den  trockenen  Flechtenthallus  in  kleine  und  leichte  K ö i -   
 perchen  zerlegt,  um  seine  Beweglichkeit  zu  erhöhen. 
 Unter  den  Schutzmitteln  der  Organisation  gegen  das  trockene  
 Wüstenklima  ist,  wie  in  den  S tepp en ,  die  Bildung  der Dornen  und  
 die Bekleidung  mit Haaren  eine  sehr  häufige  Erscheinung.  Dornig  
 sind  sowohl  die  meisten  laubtragenden  Sträucher  (z.  B .  Zizyphus,  
 Alhagi),  als  auch  einige  Stauden  (Cynareen):  in  einem  Palle   [Ni-  
 traria)  ist  die  Dornbildung  zugleich  mit  dem  saftigen  Blattgewebe  
 verbunden.  A u ch   die  Haare,  die  den  Ein fluss  der  Sonnenstrahlen  
 mässigen,  zeigen  eine  gewisse  Mannigfaltigkeit  der  F o rm ,  bald  als  
 Wolle  die  Oberhaut  verhüllend  und  beschattend  (Gnaphalieen;  Cro-  
 zophora) ,  oder  sich  ihr  seidenartig  anschmiegend  [Artemisia) ,  bald  
 durch  ihre  Starrheit  sich  selbst  g eg en   den  Saftverlust  schützend  
 (Boragineen;  Salvia). 
 Die  ungemein  kurze Zeitdauer  der  vegetativen  Processe,  welche  
 durch  die  Seltenheit  der Niederschläge  bedingt  ist,  giebt  sich  auch  
 bei  den Zwiebelgewächsen  zu  erkennen,  wenn  man  sie  mit denen der  
 Steppe  vergleicht.  S ie   sind  in  der  Sahara  bei Weitem  seltener  und  
 zeichnen  sich  durch  Kleinheit  auch  der  unterirdischen  Organe  selbst  
 aus,  deren  Umfang  von  der  Zeit  abh än gt,  in  welcher  die  Blätter  
 thätig  sind.  Die  Zwiebeln  einer  für  die  Sahara  charakteristischen  
 Gattung  [Erythrostictus)  erreichen  nur  die  Grösse  einer  Kirsche. 
 E in ig e   Pflanzenformen  scheinen  nur  auf  gewisse  Landschaften  
 der  Sahara,  oder,  wie  die  oben  erwähnten  Bäume  des  A h a g g a r ,  auf