ästelung niedrig, er soll fast immer epiphytisch auf anderen Bäumen
keimen , auf Palmen, die er mit den ersten Luftwurzeln umschlingt
und dadurch zu Grunde richtet. Sobald seine Zweige erst selbst gestützt
werden, ist das horizontale Wachsthum dieser letzteren ein
unbeschränktes. Die Stützen werden zu neuen Stämmen, und Krone
an Krone breitet sich wie über einer gemeinsamen Säulenhalle aus.
So ist in den indischen Religionssystemen die Banyane ein Sinnbild
unerschöpflich bildender Naturkräfte. Im Archipel sah Reinwardt 2s
einen grossen Wald , dessen Bäume, sämmtlich aus einem einzigen
Stamm (von Ficus benjamina) hervorgegangen, fast alle noch unter
einander in Verbindung standen. Hier finden die Feigenbäume, weil
ihr Stamm dazu nicht ausreicht, in den eigenen Luftwurzeln ihre
Stütze. In anderen Fällen umwickeln sich dieselben wie ein Flechtwerk
um fremde Bäume oder ihre Stämme selbst werden zu Lianen.
Bilden sie ein dichteres Flechtwerk um den Stamm, der sie trägt,
oder sind sie durch ein festes Gerüst von Klammerorganen daran
befestigt, so hemmen sie durch Einschnürung dessen Saftbewegung
und Wachsthum, bis unter ihrer Hülle diese lebendige Stütze zuletzt
verdorren und absterben mag. In der Mannigfaltigkeit solcher Bildungen,
die doch alle denselben Zweck haben, äussert sich die so
ungleiche Lebensweise der zahlreichen Arten von Feigenbäumen, die
im tropischen Asien und in den übrigen Tropenländern einheimisch
sind. Auch in einigen anderen Familien kommen ähnliche Ueber-
gänge vom selbständigen zum rankenden Wachsthum der Holzgewächse
vor.
Die Rhizophoren oder die Mangrovebäume unterscheiden sich
dadurch von den Banyanen, dass die Luftwurzeln nicht aus den
Zweigen selbst, sondern aus den noch daran befestigten Früchten
entspringen und die neuen Individuen sich später leicht vom Mutterstamm
ablösen. Alle tropischen Küsten umsäumend, deren ebener
Boden aus thonreichem Schlamm besteht und vor übermässiger Bran-
düng geschützt ist, erheben sie ihre kurzen Stämme und kuppelförmigen
Kronen, mit glänzendem Lorbeerlaub bedeckt, io bis
25 Fuss hoch über den Spiegel derFluth, die in ihre Waldungen
eindringt. Während der Ebbe werden die Wurzeln entblösst, die,
zu verzweigten Strebepfeilern ausgespannt, abwärts in den Schlammboden
eindringen und oben, an ihrem Vereinigungspunkte, den frei
in der Luft schwebenden Stamm tragen. In einem weichen Boden,
der täglich zweimal vom Meere hoch überfluthet wird, würde eine
Keimung des Samens und Befestigung der Keimpflanze unmöglich
sein, auch ist das Laub nicht bestimmt, vom Wasser berührt zu
werden. Deshalb trennen sich die schotenförmig ausgestreckten und
abwärts hängenden Früchte erst dann von ihrem Mutterstamm, wenn
ein neuer Baum aus ihnen entstanden ist, der wie ein Fahrzeug, dass
auf mehreren Ankern ruht, kräftig genug gestützt wird, um der Bewegung
der Wellen Widerstand zu leisten.
Die Anschwellung des Stamms, wodurch die Bombaceen- von
der Lindenform abweicht, ist im tropischen Asien ohne bedeutende
Vertreter. Indessen ist die Stärke der Stämme auch hier oft weit
beträchtlicher als in der gemässigten Zone. Die breiten oder fächerförmig
getheilten Blattgestalten sind bei diesen Baumformen häufig:
unter den Fruchtbäumen besitzt sie der Brodbaum [Artocarpus incisa),
dessen Kulturgebiet von den Sundainseln bis zu den fernsten pacifi-
schen Archipeln reicht. Einige Araliaceen (.Heptapleurum) verhalten
sich in ihrer Stammbildung der Bombaceenform, der sie in ihrer Belaubung
gleichen, gerade entgegengesetzt, sie bilden einen Ueber-
gang zu der amerikanischen Clavija-Form. Sie tragen nämlich, wie
monokotyledonische Bäume, nur auf dem Gipfel des einfachen
Stamms oder der Aeste ihre grossen, fächerförmig zusammengesetzten
Blätter, sind aber nur von geringer Grösse.
Wenden wir uns nun von den Stämmen der dikotyledonischen
Bäume zu der Bildung ihrer Blätter, so finden wir das klimatisch
bedeutendste Moment in der Dauerhaftigkeit ihres Gewebes. Das
immergrüne Laub in seiner lange Zeit anhaltenden Thätigkeit entspricht
der gleichmässigen Wärme der Tropenzone und wird mit der
zunehmenden Dauer der Regenperiode zur vorherrschenden Gestaltung
des Waldes. Unter allen im Jungle vereinigten Bäumen ist die
Lorbeerform die häufigste und in der Reihe der Familien, denen diese
einfache Laubgestaltung zukommt, lassen sich wiederum einige Verschiedenheiten
nach den Feuchtigkeitsgraden, deren sie bedürfen,
erkennen. Die Laurineen selbst gehören zu denjenigen Gruppen,
die unter dem Einfluss ununterbrochener Niederschläge in der Wolkenregion
des Himalaja und der Sundainseln vorzugsweise gedeihen.
Dass aber hiebei die Organisation der Fortpflanzungsorgane, oder,
was dasselbe ist, die systematische Stellung nicht allein maassgebend
sei, geht schon daraus hervor, dass unter denselben klimatischen
Bedingungen auch die immergrünen Eichen und Kastanien Javas
stehen und daselbst mit den Laurineen in Gesellschaft wachsen.