und Mittelitalien zu Grunde liege, da doch beide Küsten der den
Sommerpassat aspirirenden Sahara frei gegenüber liegen, so ist auch
hier auf den Mistral, dessen Wirkungen noch in Genua fühlbar sind,
wohl ein Hauptgewicht zu legen. In Mittelitalien fehlen die Gegensätze
hoher Steilküsten gegen ein erhitztes Litoral, diese Landschaften
sind reich an Mittelgebirgen, deren Höhen und Thäler auch den
Sommerpassat nicht so regelmässig sich entwickeln lassen. Dies
aber führt nun zu dem allgemeinen klimatischen Verhältniss, welches
im Süden oberhalb der immergrünen Region eine mitteleuropäische
Waldregion ins Dasein ruft. Ueberall, wo die Luftströmungen, und
wären sie auch Passatwinde, nicht in horizontaler Richtung sich bewegen,
sondern an Berglehnen im Sommer hinaufwehen, empfängt
auch diese Jahrszeit ihre Niederschläge, sie erzeugt nun nicht bloss
Gewitter, sondern es kommen wirkliche Regentage vor, hinreichend,
um die klimatischen Bedingungen einer nördlicheren Flora zu erneuern.
Bei der dieser Forderung entsprechenden plastischen Bildung
der Oberfläche, wie sie in dem grössten Theil Italiens und noch
allgemeiner auf der griechischen Halbinsel gegeben ist, entfalten
sich daher an den Nordgrenzen des Passats grosse Uebergangsgebiete
zur mitteleuropäischen Flora, die sich südwärts, wo diese Luftströmungen
wärmer werden, allmälig zu bestimmten Gebirgsregionen
einschränken. In Italien finden wir daher neben Ligurien die Mediterranflora
erst in Neapel wieder, wo sie sich gegen Sicilien hin allmälig
immer mehr ausbreitet und doch auch hier durch die Waldregionen
des kalabrischen Apennins unterbrochen wird. Ebenso
scheiden sich durch den toskanischen Apennin zwei Uebergangsgebiete,
von denen das nördliche nun noch von klimatischer Seite zu
erläutern ist. Das Tiefland des Po und der venetianischen Küstenflüsse
enthält nur Spuren einer Mediterranflora an den lombardischen
Seen und auf den euganeischen Hügeln bei Padua. Man könnte
zwar meinen, dass durch die alte Kultur dieser Ebene, die noch
immer als die ergiebigste Quelle natürlichen Reichthums in ganz
Europa ohne ihres Gleichen dasteht, die ursprüngliche Vegetation
verdrängt und nur wie ein Ueberrest der Vorzeit an jenen vereinzelten
Oertlichkeiten erhalten sei. Allein vergleicht man die Ergebnisse
der klimatischen Untersuchungen und bedenkt man den plötzlichen
Wechsel der Vegetation, der zwischen Venedig und Triest an der
illyrischen Küste bemerkt wird, wo die immergrüne Region viel reicher
ausgestattet ist als am Garda-See, so erkennt man in der Po-
Ebene eine eigenthümliche, geographischeBildung, derenFlora dem
mittleren Europa näher steht als dem Süden. Der Sommer ist hier
ebenso wenig regenfrei wie in Toskana: die Zahl der Regentage in
dieser Jahrszeit beträgt in Mailand 18, in Venedig ig 2?) , und die
Menge der Niederschläge ist selbst in einiger Entfernung von den
Alpen kaum geringer, an deren Fusse bedeutender als am Genfer
See. Wenn wir aber zugleich sehen, dass dieselben sich hier fast
gleichmässig über das Jahr vertheilen, dass das Ueberwiegen von
Winter- und Frühlingsregen hier nicht bemerkt wird und auch der
Herbst nicht viel feuchter ist als der Sommer, so scheint es klar zu
sein, dass der Sommerpassat, der diese Scheidung der Jahrszeiten
veranlasst, in Italien nur bis an den nördlichen Apennin reicht, der
ja auch als eine Fortsetzung der Seealpen betrachtet werden kann.
Die immergrüne Region an den lombardischen Seen ist daher nicht
als ein normaler Ausdruck des Klimas, sondern als eine örtliche
Ausnahme von dem Vegetationscharakter der Po-Niederung zu betrachten,
die in der durch den Schutz der Alpen gegen nördliche
Winde gesteigerten Wärme ihre Erklärung findet. Auch ist es eine
ganz offene und fast nur willkührlich zu entscheidende Frage, ob
man die norditalienische Ebene noch zu der mitteleuropäischen Flora
rechnen oder, wie es hier geschehen, nach Maassgabe so mancher
südlicher Pflanzenformen als einUebergangsgebiet zu den südlicheren
Gegenden der Halbinsel auffassen will. Von den Landschaften, die
jenseits des nördlichen Apennins liegen, unterscheidet sich dasselbe
durch einen strengeren Winter28), und hierin scheint die Ursache zu
liegen, dass der Oelbaum schon von Bologna aus nicht mehr gedeiht.
Die Unterschiede der Temperatur des wärmsten und kältesten Monats
betragen im Pogebiet mehr als i8 ° ; sie überschreiten den
Grenzwerth der immergrünen Region, wie aus der Vergleichung mit
dem Klima der illyrischen Küste und Griechenlands hervorgeht. Die
Alpen wirken also auf den benachbarten Theil Italiens in der Weise,
dass sie an ihrem Fusse zwar den Nordwind und die Winterkälte
abhalten, dass aber schon in geringer Entfernung die nördlichen
Luftströmungen, durch ihre Schneeregionen erkältet, die Ebene erreichen
und bereits in Mailand sich so sehr fühlbar machen, dass hier
die Januarwärme nur noch einen halben Grad über dem Gefrierpunkte
liegt.
An der Küste Illyriens reicht die Mediterranflora mehr als anderthalb
Breitengrade (bis 46° N. B.) weiter nach Norden als im