mässigkeiten des Reliefs ihnen entgegentreten. Selbst durch die
Bäume der Wälder werden sie schon gemässigt. Die ebenen Steppen,
wo kein Gegenstand über die Höhe eines Strauchs vom Boden
sich erhebt, gleichen daher dem Meere in den stürmischen Bewegungen
der Atmosphäre. Hier aber kommen diese Stürme, die ungeheure
Staubwolken aufwirbeln oder zuweilen wochenlang den
Schnee wagerecht über die Fläche treiben, fast nur aus östlichen
Richtungen, sie erhöhen im Winter die schneidende Kälte und im
Sommer die Dürre des Bodens durch ihre Trockenheit. Indem die
Luftströmungen, durch Widerstand ungebrochen, über einen grösseren
Raum sich ausdehnen, gewinnt die geänderte Rotationsgeschwindigkeit
des Erdkörpers einen allgemeineren und stärkeren Einfluss;
eine sanfte Bewegung muss sich allmälig zum Sturmwinde steigern,
wenn die Aspiration auf grosse Entfernungen wirkt und der Unterschied
der Drehung unter verschiedenen Breitengraden anwächst.
Wenn auch die Feuchtigkeit des Bodens genügte, so würde es doch
den Bäumen an jedem Schutz fehlen, den häufig wiederkehrenden
Steppenstürmen Widerstand zu leisten: hier muss die Vegetation
Organe von grösserer Elasticität erzeugen, als sie im holzigen Stamme
besitzt, oder von geringerer Oberfläche als die Blätter einer Laubkrone.
Da die Atmosphäre ferner über einen so gleichartig gebildeten
Boden hingleitet, so fehlen die plötzlichen Temperaturunterschiede
, die je nach der Aenderung der Insolation und Strahlung,
sowie nach der Abweichung des Windes von seiner wagerechten
Bahn die Verdichtung des Wasserdampfs zu Nebel und Wolken bewirken.
Der Niederschlag, den die allmälige Abnahme der Wärme
auf weiten Entfernungen herbeiführt, ist schwach und kann ganz
aufhören, wenn die Menge des Wasserdampfs durch Gebirge verringert
wird. Die Trockenheit des Steppenklimas verstärkt die Verdunstung
der Pflanzen, und durch den Saftverlust gehen sie frühzeitig
zu Grunde, auch wenn sie denStürmen gewachsen waren. Dann
aber verwesen sie nicht leicht an Ort und Stelle, sondern trocknen
zu beweglichen Körpern ein, die der Sturm, mit Staubwolken gemischt,
vor sich hertreibt. Wie auch bei mässigem Winde leichte
Gegenstände in diesen Ebenen unaufhörlich bewegt werden, zeigt
sich in einer Erscheinung, die in Russland unter der Bezeichnung
der Steppenläufer bekannt ist und von Baer 89) in ihren charakteristischen
Zügen beschrieben wird. Ein nicht gerade stürmischer Wind
hatte sich erhoben, wahrscheinlich um den Temperaturunterschied
zwischen der glühenden S tep p e und dem kühleren Wolgathale auszugleichen,
und der feine Lehmstaub stieg wirbelförmig m die H ohe
und W e ite , als der Reisende diese Steppenläufer beobachtete. »Es
sind dies sparrige P flan zen , die beim Absterben vö llig trocken g e worden
sind, die der Wind nun losreisst und vo r sich h e r tre ib t, wobei
die äussersten Sp itz enabbre chen, der R e s t aber eine kugelförmige
Gestalt erhält und springend auf dem Bo d en fortrollt. D ie athemlose
Eile jed e r einzelnen K u g e l, von denen einige (Gypsophilapameulata)
Sätze von einigen Klafte rn machten, die Gesammtheit dieses zwecklosen
Rennens hatte etwas G rau en h a fte s, vielleicht weil die V o r s te llung
dunkel sich re g te , als ob die B ew egu n g von ihnen selbst aus-
ginge. Fü hlte man doch keinen Sturmwind, der A lle s mit sich fort-
reissen könnte.« A lle in so ganz ohne Bedeutung für die V eg e ta tion
ist doch diese B ew egu n g der durch ihre Dürre leicht gewordenen
Körper nicht, weil sie die Wanderung der in den Bruchstücken
enthaltenen S am en befördert und die Gewächse an entfernten Stan
orten wieder ansiedelt. A u ch in den afrikanischen Wüsten werden
wir ähnliche Bewegungen zu betrachten haben, zu denen der Mannaregen
g e h ö r t , der schon im biblischen Alterthum als eine^ seltsame
und wohlthätige Naturerscheinung die Aufmerksamkeit au
sich zog. ~
V e g e t a t io n s fo rm e n . Unter den Einrichtungen der Orgamsation,
wodurch die Pflanzenformen der S tep p e den Bedingu ng en
des K lim a s entsprechen, erkennt man theils solche, die den Um ang
der Leistun gen v e re in fa ch en , so dass diese einer kürzeren Z e it zu
ihrem jährlichen K re is lau f b ed ü r fen , theils Hülfsmitte l, dem Nachtheil
der Sommerdürre zu beg egn en und dadurch die Entwickelungs
Periode zu verlängern. V o n den ersteren wird namentlich bei den
Zwiebelgewächsen die R ed e sein, zu den letzteren, die weit mannigfaltiger
sind und zunächst zu einigen einleitenden Bemerkungen au -
fordern, gehören die saftreichen Organe der Halophyten, dieBildungen
von Haaren und Dornen, sowie die A bsonde rung en des a ie -
nSChSucculentc G ew ä ch se , in deren Gewebe der S a ft sich anhauft,
so dass der Zufluss durch die Wurzeln längere Z e it hindurch en -
behrt werden kann, bekleiden den salzhaltigen Bod en des S tep p en gebiets
und gehören zur Chenopodeenform. U eb e r die Succulenten
soll hier nur im Allgemeinen vorläufig angeführt w e rd en , dass i re
Verdunstung bald durch einen Epidermispanzer beschrän t is , urc 1