Unter so ungünstigen Bedingung en kann man die Vegetation
der S ah ara als einen schwachen A b g lan z von dem Pflanzenleben der
S tep p e bezeichnen, von dem sie einige Formen sich aneignet, und
dem sie doch noch etwas Eigenthümliches hinzufügt. In einem
Hauptverhältniss stimmt die Wüste namentlich mit der Steppe überein,
in dem Gegensatz der Halophyten zu den Formen des salzfreien
B od en s. Denn man braucht nicht einmal anzunehmen, dass überall,
wo Ko ch salz und G yp s in grossem Maassstabe zusammen angehäuft
sind, das Meer diese Stoffe zurückgelassen habe. Wo F lü sse versiegen,
also sowohl in Wüsten wie in Steppen, kann der Boden
süsses Wasser enthalten, wenn eine unterirdische Verbindung bis
zur Küste besteht. Wo aber das W a sser durch Verdunstung verloren
geht, müssen im L au fe der Zeit sich dieselben Salze ausschei-
den, die das Meer selbst erst der sammelnden T h ä tig k e it der Quellen
und F lü sse verdankt.
A u f dem salzfreien Boden der Wüste sind es zuerst die blattlosen
Sträucher der Spartiumform (z. B . Rctama, Calligonum, Ephc-
d r ä , welche hier in einer gewissen Mannigfaltigkeit des Wuchses und
des Blüthenbaus auftreten. Durch die Trockenheit ihres Gewebes
und die beschränkte Verdunstung der Oberfläche sind sie dem dürren
Erd re ich , worin sie wurzeln, und der heissen Lu ft, in der sie athmen
so llen, ganz entsprechend. In den Dünenthälern der algerischen
Sah ara finden sich diese Sträucher vo rzu g sw e ise , begünstigt durch
die G yp s la g e r, welche durch den F lu g san d verdeckt werden 39). Die
E p h ed ra schützt sich hier g eg en die Bew egun gen der L u ft durch
kriechendes Wachsthum, wodurch sie an die Krummholzkiefer erinnert
: sie muss also der glühenden Hitze des Sandbodens, die das
Straussenei ausbrüten hilft, und der durch Ausstrahlung gesteigerten
K ä lte der Nacht und des Winters gleichmässig widerstehen können.
Wenn die Spartiumform zunächst an die Sträucher Andalusiens
sich anschliesst, so wiederholt sich dagegen auf dem natriumhaltigen
Boden die ganze R e ih e der Halophyten, wie sie den Salzsteppen
Russlands und Spaniens gemeinsam ist. E in ig e unter diesen sind
blattlose, ächte Succulenten (Ha loc n ein um, Arthrocnemum), wobei es
bemerkenswerth erscheint, dass nur solche Saftpflanzen, bei denen
der Salzgehalt zu der Zurückhaltung des Wassers im Gewebe mitwirkt,
das K lim a der Wüste ertragen, dass aber, wo diese Funktion
der Oberhaut allein überwiesen ist, die Organisation zu schwach zu
sein scheint, um in der trockenen S ah a ra -L u ft bestehen zu können.
Denn weder die fleischigen Euphorbien noch die Aloefo'rm Sudans
werden innerhalb der Wüstengrenzen erwähnt. Saftige Blätter an
holzigen A x enorg anen gehören dagegen zu den häufigsten E rz eu g nissen
des Salzbodens der Sahara und die Salsoleen und Z y g o p h y l-
leen nebst einigen verwandten Gruppen entsprechen durchaus den
Halophyten der Stepp e, mit denen sie soga r einzelne Arten gemeinsam
besitzen. D ie R eihe dieser Fo rm en wird endlich durch verholzende
Staticeen (Limoniastrum) und durch strauchartige Tamarisken abgeschlossen.
Auch die Gräser der Sahara stimmen mit denen der asiatischen
Steppen zum T h e il überein. E in ig e wachsen wie dort in grossen,
wenn auch vereinzelten R asen [Pennisetum). D ie starken Halme
einer Stipacee (Aristida pungens) erreichen sogar eine Höhe von
6 Fuss 4°) und sind als Kameelfutter eins der wichtigsten Wüstengräser.
A b e r diese und andere Gramineen aus der Gruppe der
Stipaceen, die in der S ah a ra vorzugsweise vertreten ist, sind nicht
entfernt an E n e rg ie des R a senw a ch sth um s, sondern nur in ihrer
Widerstandsfähigkeit g eg en Trockenh eit und Hitze mit der T h y r sa
der russischen S tepp en zu vergleichen. D ie Blattorgane sind ungemein
kurz und in ihrem eingerollten, starren und saftleeren Bau
wohl g e e ig n e t, auch ohne Wasserzufluss sich lange lebensfähig zu
erhalten. Wir finden bei ihnen häufig eine Eigenthümlichkeit der
Organisation, die sowohl ihre weite V erbre itung als auch die E r scheinung
erklärt, dass, wo in der Wüste nur einmal wie zufällig
der Boden etwas F euchtigke it sammelt, derselbe sofort von keimenden
Gräsern ergrünt, deren V eg e tation dann in gewissen F ä llen mit
der Erzeugung eines zollhohen R asen s (.Aristida obtusa) schon w ie-
der abschliesst. D ie langen und dreitheiligen Grannen, welche aus
den Spelzen h ervo rtreten, sind bei vier A rten von Aristida an dei
mittleren Spitze mit einem überaus zierlichen Fede rbusch von weissen
Haaren ausgestattet, der wie eine Samenkrone wirkt und die Keime
mit dem Wüstenwinde überall hinführt, so dass kein Tropfen Wasser
vergebens den dürren Boden tränkt, sondern die Feuch tigk e it allent
halben diese lebensfähigen Organe vorfindet. Zwei dieser Fede rg rase r
hat der Passatwind vom kaspischen Meere her über die ganze Sahara
ausgebreitet, die beiden andern von A rab ien aus, und diese letzteren
sollen auf ihrer Wanderung soga r das südliche A frik a erreicht haben.
Die Austrocknungsfähigkeit, die schon bei diesen Gräsern einen
hohen Grad erreichen muss, da sie so selten befeuchtet weiden und