Durch einen allmäligen klimatischen U ebergan g steht das nordwestliche
Hindostan mit der S tep p en - und Wüstenflora in Verbindung,
durch die R eg e lm ä ssigk e it der Jahrszeiten verknüpft sich Indien mit
China. In allen diesen F ä llen konnte ein Austausch der Pflanzen in
der einen oder anderen R ichtung erfolgen, ohne dass mechanische
Hindernisse ihrer Wanderung entgegen standen.
Entfernter sind schon die Beziehungen zu dem tropischen
A u stra lien , ab e r, da der Küstenabstand g e rin g is t, kann es nicht
befremden, dass eine beträchtliche Anzahl indischer Gewächse in
die F lo ra jenes Kontinents aufgenommen ist. Die Uebereinstimmung
würde noch grösser sein, wenn das australische K lim a nicht so eigen-
thümlich von dem der meisten nahe gelegenen Inseln des Archipels
ab wiche.
A u ch zwischen dem afrikanischen Sudan und Ostindien besteht
eine engere Verwandtschaft der F lo ren , die doch durch die Breite
des indischen Meers von einander getrennt sind. A b e r diese Verwandtschaft
spricht sich vorzüglich durch eine gewisse Aehnlichkeit
der Physiognofnie und der Pflanzenformen beider L än d e r a u s , die
aus den klimatischen A n a log ien ihrer Tafelländer leicht erklärlich
ist, nicht aber so sehr durch den natürlichen Austausch der Veg e tation.
Denn wenn man aus der grossen R e ih e gemeinsamer Arten
die B e g le ite r der Kulturgewächse ausschliesst, die meist von Asien
nach A frik a verpflanzt wurden, sodann diejenigen Pflanzen, die, wie
die Succulenten, durch die arabischen und persischen Küstenländer
in unmittelbarer Verbindung stehen, so sind die übrigen, deren Wanderung
schwieriger zu deuten w ä re , wie bei Sudan näher gezeigt
werden wird, von gering e r Bedeutung.
Merkwürdiger ist eine andere T h a t s a ch e , die H o oke r aus den
Sammlungen L ow ’s vom K in a -B a lu in Borneo nachgewiesen h a t66).
In bedeutender Meereshöhe (bei 8000 Fuss) treten hier Gattungen
der Südhemisphäre auf, die übrigens in Indien unbekannt sind, eine
Conifere (.Phyllocladus) , eine Magnoliacee (.Drimys) und eine T h y -
melaee [Daphnobryon]. S ie sind sämmtlich auch in Neuseeland vertreten:
das Wohngebiet von Drimys umfasst die kälteren Gegenden
der Südhemisphäre von Am erika bis A u s tra lien , die beiden anderen
Gattungen bewohnen ausser Borneo nur Neuseeland und T a s manien,
aber auch hier vorzugsweise die Gebirgsregionen. Uebrigens
fehlt es an ähnlichen oder doch vergleichbaren Erscheinungen auf
den Gebirgen auch der übrigen Suhda-Inseln nicht. S o sind auf
Austausch mit anderen Floren. 6 9
Java und noch entschiedener auf Sum a tra s8) die Lep tosp e rmen
L.floribundum) und die E p ak rid een (.Leucopogon) Neuhollands v e rtreten:
hier ist diese Wiederkehr gleicher Gattungen in weiten
Fernen nur weniger auffallend als am K in a -B a lu , weil auf den Inseln
des Archipels australische T y p e n , Myrtaceen und Casuarinen, an
geeigneten Standorten allgemeiner Vorkommen. A b e r nicht eine
Wanderung nach dem K in a -B a lu ist hier zu e rk lä ren , da die Arten
jener Gattungen von den neuseeländischen verschieden und en d e misch
sind, sondern nur das Verhältniss, dass unter ähnlichen klimatischen
Bedingungen Organisationen von eigenthümlichem Bau
sich w ied e rh olen , deren einzelne A rten durch weite Zwischenräume
getrennt sind. D ie se Erscheinung scheint dem Gesetze zu widersprechen,
dass die Organisationen um so ähnlicher werden, je mehr
dieCentren, wo sie entstanden, geographisch genähert sind. Man
kann das Wohngebiet vieler Gattungen mit Kre isen oder anderen
geometrischen F igu ren v e rg le ich en , in deren Mitte die einzelnen
Arten sich anhäufen, und an deren Peripherie sie auf hören. Allein
diese K re ise sind von ungleicher Grösse, sie können auf einen kleinen
Archipel beschränkt sein und in anderen F ä llen fast die ganze E rd e
umspannen, und dann ist im Inneren die Vertheilung der einzelnen
Centren von klimatischen Einflüssen abhängig, wie die Gebirge Neuseelands
und Borneos durch die Gleichmässigkeit niedriger T em p e raturgrade
im grössten T h e ile des Jah r s verknüpft erscheinen. S e ltener
sind schon die F ä lle , wo eine Gattung über beide Hemisphären
reicht, weil die südliche vo r der nördlichen die überwiegende E n t faltung
des Seeklimas voraus hat. Hier können am leichtesten B e rührungspunkte
auf äquatorialen Gebirgen Vorkommen: so eben in
Borneo, wo jen e Gattungen höherer südlicher mit den Rhododendren
nördlicher Breiten sich begegn en . Die V erbre itung der Rhododendren
aber ist noch v ie l au sg ed ehnte r, weil dieser Gattung eine bei
den einzelnen Arten so ungleiche Verkürzungsfähigkeit der E n twickelungsperiode
eigenthümlich ist. V o n L ap p lan d und dei arktischen
Zone ausg ehen d , findet sie erst jenseits des Aequators in
Java ihr Ziel, wie Drymis von der Magellansstrasse aus am K in a -B a lu .