bloss die Feuchtigkeit sammelt, sondern auch die Temperaturgegen-
-sätze mässigt. Dies sind die Bedingungen, unter denen hier die
Farnbäume den 42. Breitegrad überschreiten, während andere Tropenformen,
wie die Palmen, in Tasmanien nicht mehr fortkommen.
Wie sehr durch die tropischen Regen und die feuchten See-
wunde die Flora an Holzgewächsen bereichert wird, erkennt man an
'der Vertheilung der Bäume in Australien. F. Müller1) zählt gegen
•<550 Arten auf, die eine Höhe von wenigstens 30 Fuss erreichen,
•von denen mehr als die Hälfte (526) in Queensland, über ein Drittel
(385) in Neusüdwales einheimisch sind. Diese Ziffern sinken im
.Südwesten ^(88) und in Südaustralien (63) unter hundert, im Innern
unter dreissig (29) herab, aber auch in Tasmanien, wo durch die
höhere Breite und die insulare Lage die Flora sich vereinfacht, wurden
noch nicht siebzig Baumarten (66) angetroffen. Die grösste
Stammhöhe zeichnet zuweilen den Baumwuchs in abgelegenen, feuchten
Gebirgssschluchten von Victoria aus : einzelne Individuen eines
Eukalyptus [E. amygdalina) sind hier auf nicht weniger als 470 Fuss
geschätzt worden l8) und scheinen daher den höchsten Bäumen der
Erde, den kalifornischen Wellingtonien, gleich zu stehen.
Je mehr man sich den regenärmeren Gegenden des innern
und westlichen Australiens nähert, desto seltener werden die Holzgewächse,
und es beginnen die grossen baumlosen Steppen [open
doivns und desert). Von Sydney aus gelangt man jenseits der Blauen
Berge bald zu den wellenförmigen Ebenen von Bathurst, die, von
allem Baumwuchs entblösst, doch als Weideland grossen Werth besitzen.
Man kann solche Gegenden, die trockener sind als die
Waldsavanen, als die Grassteppen Australiens bezeichnen, da der
Boden, wie dort, von einer Rasendecke mit eingemischten Stauden
bekleidet wird. Auch im tropischen Gebiet ist diese Formation
häufig und von grossem Werth : F. Müller beschreibt sie hier Js), wie
sie bald mit wüsten Landschaften, bald mit dem Brigalow-Scrub abwechseln,
und, wiewohl den grössten Theil des Jahrs hindurch völlig
wasserlos, doch, indem sie vermöge ihrer reichen Erdkrume den
Regen aufsaugen, zu dieser Zeit eine üppige Vegetation von Kräutern
hervorbringen.
Die ärmeren Erdkrumen, wo die Feuchtigkeit nicht zurückgehalten
wird, oder wo die Niederschläge zu selten stattfinden, verknüpfen
die Grassteppe mit dem nackten Wüstenboden Australiens.
Die Vegetation wird hier fast ausschliesslich durch die Bestandtheile
des Erdreichs bestimmt. In den wasserlosen Umgebungen des Tor-
rensbeckens in Südaustralien, wie in den öden Gegenden des Nordwestens
wechseln sandige, thonige und salzhaltige Erdkrumen, und
hievon ist es abhängig, ob Stauden und Gräser (Spinifex), oder ob
niedrigere Sträucher und an diesen die fleischigen Blätter der Chenopodeen
und Zygophylleen, oder die harten Lauborgane der Pro-
teaceenform auftreten. Die Proteaceen, von denen doch auch eine
Art vorkommt (.Hakea stricta), werden allgemeiner durch eine Myopo-
rinee (.Eremophila) ersetzt, die blattlose Spartiumform durch eine
Santalacee (Exocarpus aphyllus).
In Australien wiederholen sich demnach dieselben Erscheinungen
wie im asiatischen Steppengebiet. Auch hier lassen sich die
Grassteppen von den Sandsteppen, diese wieder von der Halophyten-
formation der Salzsteppe unterscheiden, bis zuletzt die regenlose
Wüste dem Pflanzenleben ein Ziel setzt. Auch sind die charakteristischen
Familien der australischen Flora in den Steppen so spärlich
vertreten, dass hier die eigenthümliche Physiognomie des Kontinents
oft fast ganz verloren geht. Die Aehnlichkeit der einförmigsten
Lebensbedingungen lässt leichter als anderswo eine Einwanderung
aus der Ferne zu, und, so entschieden auch in diesen dürftigsten
Landschaften Australiens die Masse der Pflanzenarten noch immer
endemisch bleibt, so wird doch in gewissen Grassteppen eine Verbena
Südamerikas (V. bonariensis) so sehr vorherrschend, dass Leichhardt^)
solche Gegenden als Verbena-Ebenen (Vervain-plains) be-
zeichnete.
Die räumliche Anordnung der australischen Steppen und Wüsten
erheischt eine besondere Erläuterung. Die Entdeckungsreisen
lassen zwar noch immer einen sehr grossen Theil des Inneren unaufgeschlossen,
aber sie gestatten doch gegenwärtig bis zu einem gewissen
Grade den Umfang des bewohnbaren Landes zu erkennen.
Anfangs glaubte man, dass nur die Küstenlandschaften kolonisirbar
seien, und dass tiefer landeinwärts wasserlose Wüste, gleich der
Sahara, über den ganzen Kontinent sich ausdehne. Die verschiedensten
Unternehmungen, in das Innere einzudringen, im Süden
wie im Norden und Westen, wurden durch völligen Wassermangel
zurückgewiesen. Seitdem man die verschiedene Periode der Regenzeiten
in den gemässigten und tropischen Breiten benutzen lernte,
sind die Erfolge der Entdeckungsreisen so grossartig gewesen, dass
Manche geneigt sind, den ganzen Kontinent für zugänglich und