windiger erscheint es doch, dass ungeachtet eines um 22 Breitengrade
weiteren Abstandes vom Aequator die Jahreswärme von Santiago
(15 8 R.) noch wenigstens ebenso hoch ist als in Lima. Das mittlere
Chile liegt bereits ausserhalb der Einwirkung des erkältenden Humboldtstroms,
sodann aber wird überhaupt die Wirkung der Sonnen-
stiahlen in verschiedenen Zonen während des Sommers dadurch ausgeglichen,
dass die Tageslänge in demselben Verhältniss wächst,
wie die Mittagshöhe der Sonne sich vom Zenithstande entfernt. Durch
die höhere Sommerwärme aber wird zugleich unter dem heiteren
Himmel Chiles die Verdunstung befördert und die Trockenheit der
Atmosphäre um so grösser, je weiter man von der Meeresküste sich
entfernt. Lnd so bleiben auch hier, wie am Westabhang der peruanischen
Anden, alle diese Stufenlandschaften waldlos, nicht so sehr,
weil die Dauer der Regenzeit zu kurz, als weil die Luft zu trocken ist!
Fassen wir die bisherigen Ergebnisse zusammen, so scheint das
chilenische Klima nach seinen Hauptbestimmungen etwa mit dem
des südlichen Spaniens verglichen werden zu können: Gibraltar hat
dieselbe Mittelwärme wie Santiago, und einen Winterregen von
gleicher Intensität. Die Vegetationsperiode durchläuft daher in Chile
auch einen ähnlichen Kreislauf wie im Mediterrangebiet, der indessen
längere Zeit als dort von der dürren Jahrszeit unterbrochen
wird. In der Mitte des Julis) beginnen in Santiago die Blüthezeiten,
da schon zu Anfang des Winters (seit dem Juni) der Regen den
Boden befeuchtet hat, und Ende November ist die Vegetationsperiode
völlig abgeschlossen, nachdem die Niederschläge bereits zwei Monate
frtihei auf hörten. Nun dauert es länger als ein halbes Jahr, dass,
wo nicht fiiessendes Wasser zu Gebote steht und die Holzgewächse
befeuchtet, das Pflanzenleben abgestorben und das ganze Land beinahe
wüst erscheint. Dann bewahren auf den dürren Hügeln nur
die Cactusformen ihre Saftfülle. Selbst die feuchtere Küste von
Valparaiso wurde nur deshalb ein Paradies genannt, weil sie im
Frühling wie ein blühender Garten sich darstellte. Grossartig durch
den Hinblick auf die nahen Schneeberge und Vulkane, die den östlichen
Plorizont in einer weit dahin gestreckten Linie begrenzen,
entbehrt die Physiognomie der chilenischen Landschaft jener schönen
Vegetationsformen, wie sie dem Mittelmeergebiete zum Schmuck
dienen. Es fehlt der kräftige Baumwuchs, die Belaubung der Gesträuche
ist durch Dornen unterdrückt, die vorübereilende Frühlino-s-
blüthe steht in keinem Verhältniss zu den langen Zeiten der Verödung,
die durch die Wildniss der Gebirge erhöht wird. Denn fast im ganzen
Bereich der chilenischen Uebergangsflora nimmt die pacifisöhe Abdachung
der Anden mit ihren ungeordneten Bergzügen den Raum
von den Schneegipfeln der Kordilleren bis zur Küste vollständig ein.
Von Seewinden unberührt, starren die Gerolle ihrer Abhänge unter
der spärlichen Vegetation überall nackt hervor: weniger zum Getreidebau
als zur Viehzucht eignen sich diese gebirgigen Gegenden
mit den üppigen Futtergewächsen ihrer bewässerten T. haifurchen.
Erst in der Nähe von Santiago, wo eine Küstenkordillere sich von
der Hauptkette der Anden südwärts ablöst, beginnt jenes grosse und
überaus fruchtbare Längsthal, wodurch das südliche Chile zur Kornquelle
der südamerikanischen Westküste geworden ist.
Vegetationsformen. Die Seltenheit der Bäume, unter denen
wohl nur der Boldu (.Boldu), eine Laurinee, zu stattlichem Wuchs
sich erhebt, ist eine Erscheinung, welche dem Uebergangsgebiete
Chiles mit dem grössten Theile Perus gemein ist, aber nicht allein
aus klimatischen Bedingungen erklärt werden kann. Denn wenn
auch die antarktischen Hochwälder einer weit grösseren Feuchtigkeit
der Luft bedürfen und daher nordwärts an einer klimatischen Linie
enden, so könnten doch Bestände von andern Bäumen an ihre Stelle
treten, die aber als einheimisches Erzeugniss des Bodens nun weiterhin
nicht mehr zu finden sind. Nicht in einem Klima, dessen Vegetationsperiode
von hinreichender Dauer ist und dessen Niederschläge
denen des südlichen Europas nicht nachstehen, nicht einmal in den
bewässerten Thälern werden Waldungen, wie dort, bemerkt. Wo
doch angepflanzte Bäume trefflich gedeihen, europäisches Obst und
Südfrüchte, selbst einzelne tropische, wie die Cherimolie, in Fülle
gezogen werden, sind die Stämme der einheimischen Arten zwerghaft
oder durch Gesträuche verdrängt. Da nun ähnliche Thatsachen
unter denselben Breitengraden durch das ganze Festland bis zum
atlantischen Meere sich wiederholen und weder von den südlichen
Anden noch über die Kordillere sich höhere Bäume ansiedeln konnten,
so muss diese Waldlosigkeit als eine denkwürdige Eigenthümlich-
keit der Vegetationscentren in den wärmern Gegenden der gemässigten
Zone Südamerikas bezeichnet werden. In Chile ist, ebenso wie in den
Pampas, der überall herrschende, in der trocknen Jahrszeit völlig ausgedörrte
und erhärtende Thonboden dem Baumwuchs wenig zuträglich
: Poeppig7) bemerkte darüber, der Mangel an hohen Bäumen
und das zerstreute Vorkommen der kleineren Arten sei eine Folge