* Uebereinstimmung der Gebirgspflanzen des Scardus und Pindus
grössei als zwischen den Ketten des Inneren und dem vereinzelten
Gipfel des Athos. Wenn man diese Verhältnisse erwägt, ist man
keineswegs, wie aus dem Vorkommen der Affen auf dem Felsen von
Gibraltar geschlossen ward, zu der Folgerung genöthigt, da, wo jetzt
das Meer zwei Kontinente trennt, ehemalige Landverbindungen anzunehmen.
Denn auch zwischen Sicilien und Nordafrika bestehen
ähnliche Verknüpfungen der Flora ‘48), sogar von Holzgewächsen;
nur sind sie weniger zahlreich. Die Affen mögen leicht durch den
Menschen verpflanzt sein, zu den Zeiten, als beide Küsten von demselben
Volke bewohnt waren, aber die Samen der meisten Gewächse
können, von Vögeln, vom Winde oder von Strömungen getragen,
über das Meer gelangen; nur durch die ungleiche Dauer ihrer Keimfähigkeit
werden ihre Ansiedelungen beschränkt. Allein solche Gebirgspflanzen,
die klimatisch an die höchsten, alpinen Gipfel gebundensind,
nöthigen, eine Wanderung des Samens durch die Atmosphäre
anzunehmen, auch wenn der Abstand dieser Gipfel gering
ist, aber die Pässe, die sie trennen, die erforderliche Flöhe nicht er-
1 eichen. Geologische Hypothesen, welche mögliche Aenderungen
des Niveaus oder auch des Klimas in Bereitschaft haben, um die
Lücken der Verbreitung auszufüllen , sind leicht gefunden , aber da
Bewegungen, die in der Vorzeit stattgefunden, der Beobachtung entzogen
sind, so ist es nicht die Aufgabe, zu zeigen, wie sie überhaupt
zu Stande kommen konnten , sondern es ist zu untersuchen , ob die
gegenwärtig die Natur beherrschenden Kräfte dazu genügen und sich
also gleichartige Erscheinungen täglich wiederholen können. Dieser
Forderung ist schon bis zu einem gewissen Grade genügt, wenn
nachgewiesen wird, dass die Verbreitung der Pflanzen über das Meer
und durch die Luft von dem geographischen Abstande abhängt,
womit die Schwierigkeit, die Fortpflanzung der Individuen und ihre
Ansiedelung zu sichern, gleichmässig wachsen muss. Ist auf diese
Weise die Theorie der Vegetationscentren und ihrer Vermischung
erst ausgebildet, so wirdes auch in der Folge nicht an umfassenderen
Beobachtungen fehlen, wie durch die Strömungen des Meers und
der Atmosphäre oder durch die Bewegungen der Thierwelt Erfolge,
wie sie die Vorzeit unshinterliess, wirklich zu Stande kommen.
Die Verknüpfung der Flora des spanischen Tafellandes mit den
russischen und anatolischen Steppen *49) durch eine Reihe von identischen
Pflanzenarten ist eine Erscheinung, welche ebenso , wie die
Wiederkehr arktischer Gewächse in den Alpen, den Vorstellungen
von der Einheit der Vegetationscentren als widerstrebend betrachtet
werden könnte. Geht man indessen auf die einzelnen Arten ein, von
denen ich doch nur etwa dreissig zähle, die als charakteristische
Steppenpflanzen in den Zwischenländern kein passendes Klima finden,
so wird auch hier der Austausch wohl begreiflich, selbst wenn
zur Uebertragung des Samens keine andere Bewegungen als die der
Atmosphäre sollten mitgewirkt haben. Zuerst ist hervorzuheben,
dass diese Gewächse grösstentheils einjährig sind und zahlreiche,
winzige Samen erzeugen, die, wie Staubkörner, von heftigen Winden
über weite Strecken hin getragen werden können. Die Länge einer
solchen atmospärischen Verbindungsbahn von Südrussland bis Spanien
ist etwa so gross wie von den Alpen bis zum Dovrefjeld in
Norwegen. Aber als einjährige und leicht sich vervielfältigende
Pflanzen, die viel mehr vom Klima als vom Boden abhängren, ee-
deihen sie meist auch auf den Getraidefeldern und können also auch
mit der Saat verpflanzt sein. Sodann spricht für die Wanderung
dieser Gewächse, dass mehr als die Hälfte derselben den von jener
Verbindungsbahn berührten Ländern nicht durchaus fehlen, sondern
sich da finden, wo sie hier oder dort je nach ihren verschiedenartigen,
klimatischen Bedingungen sich anzusiedeln vermochten: so
wachsen 6 auch in Griechenland, 2 in Thracien, 4 in Ungarn und
4 in Südfrankreich, einige von ihnen auch in mehreren dieser Zwischenländer
zugleich. Hiedurch wird also ein allmäliger Uebergang
zu der so viel grösseren Reihe von Arten hergestellt, die, indem sie
auch in Italien gedeihen können, nicht bloss Spanien und' die östlichen
Steppen, sondern auch das ganze Mittelmeergebiet bewohnen.
Endlich stehen den einjährigen Pflanzen nur sieben mehrjährige
gegenüber, von denen in drei Fällen entweder die Identität oder die
Selbständigkeit der Art zweifelhaft ist und eine vierte (Orobanchc
cernua) als Prasit die Artemisien begleitet (unter anderen auch eine
Art, die den Steppen nicht eigen ist, so dass ihr Vorkommen vielleicht
noch nicht vollständig bekannt wurde): die drei übrigen fehlen
auch den Zwischenländern nicht ganz.
Diese Erörterungen finden keine Anwendung auf einige Gewächse,
die nicht den Steppen, sondern anderen Gegenden Spaniens
angehören und doch ebenso wie jene erst in entlegenen Ländern
des Orients wieder angetroffen werden. Dies wurde schon von dem
spanischen Wachholderbaum (Juniperus thurifera) erwähnt, dessen