Pflanze, die vermöge ihrer Haarkrone in der Luft schweben, waren
demnach durch ein ungewöhnliches Naturereigniss den Inseln aus
Afrika oder von Portugal mit einem Male zugeführt worden.
Von den mannigfachen Ansiedelungen aus fernen Ländern,
durch welche die Mittelmeerflora im Laufe der Jahrhunderte verändert
worden ist, sind diejenigen bereits angeführt worden, welche
auf die Physiognomie der Landschaft einen bedeutenderen Einfluss
haben. In einigen dieser Fälle, wo die Verpflanzung sich auf einzelne
Abschnitte der Mediterranflora beschränkte, sprechen sich in
diesem Verhältnisse die klimatischen Beziehungen zu dem Heimath-
lande aus, oder es liegt ihnen auch nur der engere Wechselverkehr
zwischen den Kolonien und ihrem Mutterlande zu Grunde. So weisen
in Portugal zwei immergrüne Laubhölzer auf die atlantischen Archipele
(.Persea indica und Prunus lusitanica), (eine besondere Cypresse
(Cupressus glauca) auf die Seeverbindungen mit Goa. In die Reihe
der durch Kultur angesiedelten Pflanzen gehören auch einige Sumpfgewächse
IS+), welche die Reisfelder in Oberitalien begleiten , und
die, meist aus den Tropen abstammend, nicht selten irrthümlich für
endemisch gehalten worden sind. Wo aber die Ansiedelungen nicht
auf die Mitwirkung des Menschen, sondern auf physische Ursachen
zurückzuführen sind, zeigt sich der Einfluss der äusseren Lebensbedingungen
zuweilen auf überraschende Weise. Zu den merkwürdigsten
Beispielen dieser Art gehört das Vorkommen von zwei
tropischen Gewächsen, einem Cyperus und einem Farnkraut, an den
Fumarolen der Insel Ischia unweit Neapel Tss) [Cyperus polystachius
und Ptens longifolia). Hier haben sie sich nur in Folge hoher Bodenwärme
eingefunden und werden durch die dauernde vulkanische
Thätigkeit zurückgehalten: denn sie wachsen mitten im aufsteigenden
Wasserdampfe, so dass man dieHand an der erhitzten Erdkrume
zu verbrennen Gefahr läuft, wenn man ihre Wurzeln ausgräbt. In
den botanischen Garten von Neapel versetzt, ertrugen sie den neapolitanischen
Winter nicht: an den Fumarolen von Ischia ist natürlich
die Wärme der Luft, von der sie umgeben sind, eine konstante und
beträgt nach Pariatore 24° R. Schouw, der dieses sonderbare Vorkommen
untersuchte und der sonst immer die Einheit der Vege-
tationscentren zu bestreiten pflegt, hat in diesem Falle doch auch
eine Einwanderung angenommen, weil, wie er bemerkt, das Farnkraut
Ischias auch bis nach Sicilien, der Cyperus bis Nordafrika von
den Tropen aus verbreitet sei. Er begeht die Inkonsequenz, dass er
in anderen Fällen, z. B. bei dem Austausch zwischen den Floren
von Schottland und Norwegen die Wanderung der Pflanzen, die beiden
Ländern gemeinsam sind, nicht zugeben will, hier aber, wo doch
auch ein weites Meer die nächsten Standorte trennt, jene Bewegung
als wirksam gelten lässt, durch welche die Samenkörner aus ihrer
Heimath in die Ferne geführt werden. Er hat indessen keinen Versuch
gemacht, die Grenzen anzugeben, bis zu welchen nach seiner
Meinung Wanderungen allein möglich sein sollten, und es ist nicht
abzusehen, weshalb ein Samen nicht ebenso leicht von Norwegen
nach Schottland als von Tunis nach Ischia gelangen sollte. Das
Eigenthümliche der Erscheinung auf Ischia besteht nur darin, dass
solche Bewegungen im Laufe der Zeit unendlich vervielfältigt gedacht
werden müssen, um zu begreifen, dass in so weiter Entfernung auch
ein so einsamer Standort, wie ihn eine heisse Quelle bietet, und wo
sie doch allein ein Ergebniss haben konnten, ihren Wirkungen nicht
entgangen ist.