Höhe, die in einigen Fällen über die Linie des ewigen Schnees hinausgeht.
An der pontischen Küste ist die Schneegrenze in Lasistan
(41 °N . B.) dieselbe wie am Kaukasus (43 °N . B.) , und auf dem
aus dem inneren Hochlande Karamaniens über n 8ooFuss hoch sich
erhebenden Argäus (3872° N. B.) soll der ewige Schnee in einem
Niveau beginnen, welches nicht völlig 500 Fuss höher liegt [10470
Fuss] IZ?). In Anatolienjund im westlichen Armenien hat das Steppenklima
auf die Höhe der Schneelinie nur einen geringen Einfluss, weil
der Winter so lang und wegen der'Nähe des schwarzen und mittelländischen
Meers auch schneereich ist. Erst in einem weiteren Abstande
von der Seeküste mindert sich die Anhäufung des Schnees
am Ararat, wie bei der Steppenflora wird zu erläutern sein. Diese
Verhältnisse haben in dem Reichthum und auch in dem verschiedenartigen
Vegetationscharakter der alpinen Flora Anatoliens ihren Ausdruck
erhalten. Wo, wie im pontisch-armenischen Gebirge die
Gebirgskuppen lange Zeit von Schnee bedeckt sind, breiten sich
unter dem Einflüsse der Feuchtigkeit prächtige Alpenmatten aus, die
eine Fülle alpiner Gewächse darbieten und durch ihre Grasnarbe die
Sennwirthschaft überaus begünstigen. Hier sind im unteren Theile
der alpinen Region grosse Strecken von der weissblühenden, kaukasischen
Alpenrose bedeckt, die von hohen, subalpinen Stauden begleitet
wird; hier wurden an derselben Oertlichkeit gegen 200 alpine
Pflanzenarten vereinigt angetroffen. Das pontische Gebirge ist also
auch in seinen oberen Regionen ein Verbindungsglied zwischen dem
Süden und Norden, wie dies von der ganzen Abdachung bis zum
Ufer des schwarzen Meers gelten darf. Obgleich nun schon der den
feuchten Seewinden entzogene Südabhang des Waldes entbehrt, so
wechseln doch noch durch ganz Armenien ähnliche Alpenmatten mit
trockenen Hochsteppen. Die Alpenmatten finden sich da, wo der
Boden feucht ist, die Hochsteppe ist das Erzeugniss des dürren Erdreichs.
Die unregelmässige Gestalt und die reiche Gliederung der
dem Steppenlande aufgesetzten und doch mannigfach unterbrochenen
Taurusketten lässt es zu, dass der über dem Meere gesammelte
Wasserdampf tief in das Innere geführt wird und zu jenen unermesslichen
Schneeanhäufungen4I) den Anlass giebt, welche im Winter
das armenische Hochgebirge erfüllen. Aus ihnen wiederum erklärt
sich der Reichthum an Quellen und wasserreichen Flüssen in beträchtlicher
Meereshöhe, die zu den weiten und grossen Stromgebieten
des Euphrat und Tigris, desAraxes, des Kur und Tschoruk sich
gleichmässig befruchtend anordnen. Vergleicht man damit die
schwachen Flussadern Anatoliens, so beruht die grössere Trockenheit
dieses westlicher gelegenen Hochlandes zunächst darauf, dass
die Gebirgsketten im Inneren minder bedeutend sind und nur äusserst
selten die Schneegrenze erreichen. Dazu kommt, dass der Taurus
hier zu einem südlichen Randgebirge wird und auch an der Küste
des Pontus zusammenhängende Höhenzüge sich erstrecken, so dass
die Seewinde an beiden Aussenseiten ihre Feuchtigkeit einbüssen,
ohne ihren Wasserdampf in das innere Hochland zu führen. Die
alpine Flora Anatoliens hat nun auch in der That mit der pontischen
keine Aehnlichkeit, sie ist in den meisten Fällen eine Steppenflora.
Die dichte Rasendecke der Alpenmatten erzeugt eine tiefere, hirnlosere
Erdkrume, welche die Feuchtigkeit zurückhält; die Vegetation
der Hochsteppen gedeiht auf steinigem Boden und geht in die der
anstehenden Felsen über. Dieser Gegensatz spricht sich sogar noch
an der südlichen Tauruskette auf das deutlichste aus, wo die dichte
Grasnarbe der pontischen Alpenmatten fehlt und die alpinen Stauden
au f dem Geröllboden zerstreut wachsen. MitCedern, Tannen und
anderen Nadelhölzern sind die Gebirge innerhalb der Wolkenregion
bewaldet, es wachsen über der Baumgrenze keine grössere, subalpine
Sträucher, die, wie die Gräser, eines feuchteren Bodens bedürfen.
Zwar ist der untere Theil der alpinen Region blumenreich, Kotschy
verzeichnet am Bulgar-Dagh im Niveau von 6 — 8000 Fuss gegen
120 Arten von Stauden und Halbsträuchern, aber, da der Schnee
ungeachtet der auf 11000 Fuss geschätzten Erhebung des Gebirgs
an der dem Meere zugewendeten Seite nicht liegen bleibt, wird die
Vegetation weiter aufwärts dürftiger, und jene Zahl sinkt unter 50 an
den oberen, felsigen Gehängen herab (8—11000 Fuss). Winde, die
vom Meere aus die Axe der cilicischen Tauruskette senkrecht treffen,
wie sie am pontisch-armenischen Gebirge gewöhnlich sind, kommen
höchst selten vor iz8) ; die herrschenden Luftströmungen wehen der
Kette parallel von Südwesten und Nordosten und entladen ihreFeuch-
tigkeit erst in Kurdistan. In diesem Verhältniss liegt eine weitere
Ursache von der ungleichen Vertheilung der alpinen Gewächse in
Anatolien, hiedurch wird es erklärlich, dass auch in den Randgebirgen
der Halbinsel sowohl trockene Hochsteppen als feuchte Alpenmatten
auftreten können, je nachdem die Beziehungen der Seewinde zu dei
Lage der Gebirgsketten abgeändert sind. Betrachten wir die einzelnen
Berggipfel als abgesonderte Vegetationscentren, so wird die so