
die Geschwindigkeit des Kreislaufes zu untersuchen und auszu-
mitteln, in wie viel Zeit das Blut den ganzen Circuitus vollendet.
Von der Geschwindigkeit des ausfliessenden Blutes kann man
nicht auf die Geschwindigkeit in den Gefässen vschliessen. Der
Ausfluss erfolgt unter dem ganzen Drucke, dem das Blut in den
Gefässen ausgesetzt ist. In den Gefässen kann jede neue Blutmasse
nur durch Weiterrücken der übrigen Masse fortgeschoben
werden, und es muss der Widerstand der Reibung in den engeren
Gefässen überwunden werden.
Ueber die Zeit, in welcher der Kreislauf des Blutes vollendet
ist, sind sehr dankenswerthe Untersuchungen von H ering (Zeitschrift
fü r Physiologie. 3. p. 85.). vorhanden. Aus 18 Versuchen an
Pferden hat H ering folgende Resultate erhalten: Die Zeit, welche
eine dem Blute unmittelbar beigeinischte verschieden starke
Auflösung von blausaurem Eisenoxydulkali brauchte, um von der einen
Jugularvene eines Pferdes durch das rechte Herz, denkleinen
Kreislauf, durch das linke Herz, den grossen Kreislauf bis in die
entgegengesetzte Jugularvene zu kommen, ist zwischen 20 und 25,
und zwischen 25 und 30 Sekunden; von der Jugularvene bis zur
Vena saphena magna nur 20 Sekunden , von der Vena jugul. bis
in die Arteria massetericä zwischen 15 upd 30 Sekunden, bis in
die Ai't. maxill. externa einmal zwischen 10 —15 Sekunden, ein
andermal zwischen 20 und 25 Sekunden, von der Vena jugul., bis
in die Art. metatarsi zwischen 20 und 25 Sekunden, 25 ilnd 30
Sekunden, undfceinrnahl mehr als lOSekunden. Das. Resultat war
ziemlich gleich- bei verschiedener Häufigkeit des Herzschlages.
H ering’s Resultate stehen indess mit der Voraussetzung über die
Menge des Blutes und über die Menge Blut, welche mit jedem
Herzschlage weiter gebracht werden kann, im Widerspruch. Nach
W r isberg hatte eine Frau durch tödtlichen Mutterblutsturz 26
Pfund Blut verlören, und bei der Enthauptung einer Vollblütigen
sammelte man 24 Pfund Blut. Wenn man annimmt, dass 2 Unzen
Blut bei jedem Herzschläge des Menschen weiter gefördert werden,
so dauert der Umlauf bei 20 Pfund (bürgerl. Gewicht) Blut 160,
bei 10 Pfund Blut, wie H erbst die Blutmasse des Menschen
schätzt, 80 Herzschläge.' Ueber die Blutmenge siehe H erbst de
sang, (juantilate. Gotting. 1822. Mit mehr Sicherheit kann man
daher annehmen, dass der Blutumlauf beim Menschen in 80—214
Herzschlägen, oder in 1—*2 Minuten vollendet ist. Vergl. .Burdach
Physiol. 4. 101. 253.
Die Zeit, in welcher das Blut den Weg von der einen zur
andern Herzhälfte, oder die Hälfte des Kreislaufes zurücklegt, ist
für verschiedene Organe sehr verschieden. Das Blut, das von dem
linken Herzen durch die Vasa coronaria cordis’ zum rechten Herzen
gelangt, braucht einen ausserordentlich viel kürzeren Zeitraum
zu dieser Bahn, als das Blut, welches vom linken Herzen
dein Fusse zuströmt und zum rechten Herzen zurückkehrt, und so
bildet die Circulation vom linken Herzen zum rechten unendlich
viele verschieden grosse Bogen, wovon der kleinste der durch
die Kranzgefässe oder ernährenden Gefässe des Herzens selbst
ist. Der Weg vom rechten Herzen durch die Lungen zum linken
Herzen ist kürzer als -die meisten dieser Bogen im grossen
Kreisläufe, und das Blut legt diesen Weg ceteris paribus viel
schneller zurück als in den meisten Gefässen, -welche zum giossen
Kreisläufe gehören. . . . . .
Obgleich die Menge Blut, welche im grossen Kreislaule in
jedem Augenblicke enthalten ist, wegen der grossem Bahn ausserordentlich
viel grösser ist, als die Menge innerhalb des kleinen
Kreislaufes, so fliesst doch an einer gedachten Stelle der Arteria
pulmonalis in einem Zeiträume eben so viel Blut vorbei, als an
einer gadachten Stelle der Aorta; denn es kann an jedem Orte
der Hauptstämme der in sieh verschlossenen Bahn nur so viel
Blut abfliessen, als an einer andern Stelle zuströmt. (Dagegen
kann die Circulation in den kleineren Gefässen sehr varnren.)
Denkt man sich ferner die Uebergänge der Arterien in Venen
in den Lungen und im übrigen Körper gleich dick, so müssen
in den Lungen auf einer gewissen Stelle ausserordentlich vielmal
mehr Capillargefässe zusammengedrängt seyn, als auf einer Sh31®*1
grossen Stelle im übrigen Körper. Diess bestätigt die Beobachtung,
indem schon in den Lungen der Frösche die Zwischenräume
zwischen den Capillargefässen kaum g rö sse rb e im Menschen
fast kleiner als die Capillargefässe selbst dick, sind, wie Cowper,
W edemeyer,. Marshall H a l l , P révost und D umas (vom Menschen
W eber) gezeigt haben, und ich wieder finde. An den
Lungen der. Salamander und Frösche wenigstens sind, wie W edemeyer
und Marshall H all zeigen, die feinsten Zweige der Lun-
gengefäsSe auf den Lungenzellen gleichsam siebformig durchlöchert,
und das Blut fliesst zwischen sehr kleinen Inselchert aus
dem Siebe der einen Gefässchen in das Sieb der anderen Ge-
f asschen uber*
Endlich ist zu bemerken, dpss die,Geschwindigkeit des Blutes
in den kleinen Aesten kleiner seyn muss, als in den Stämmen
der Gefässe überhaupt, weil die Capaçitât der Aeste eines Stammes
zusammengenomrnen grösser scheint als die Area des Stammes
selbst, obgleich dieses Verhältniss keineswegs als streng erwiesen
zu betrachten ist. Denkt man sich/ aber alle Aeste eines Organes
vereinigt, und den Kreislauf als eine in sich zurückkehrende Bahn
dieses Blutstroms, so geht an allen Stellen dieser Bahn in gleicher
Zeit gleichviel Blut vorüber, während die Theilchen derselben
Masse sich schneller bewegen müssen, wenn die Röhren eng
werden, langsamer in weiten Röhren, so dass dort bei langsamer
Bewegung der Theilchen in weiteren, liier bei schnellerer Bewegung
in engeren Röhren , doch ' überall dieselbe Masse Blut in gleich
viel Zeit an allen Stellen der Blutbahn weiter gefördert wird.
III. Capitel. Vom Herzen als U rsa c h e des
K re islau fs.
Das Herz zieht sich auf mechanische oder galvanische Irritation
gleich den anderen muskulösen Theilen zusammen. S oem-
mebring, Behrends, Bichat haben den Einfluss des Galvanismus