
Zuckung entstand. Wurde statt des Muskelfleisches ein Stück
Elfenbein genommen, so blieben die Zuckungen aus.
d. In den seltensten Fällen erfolgen selbst kleine Zuckungen,
wenn der Nerve gegen den organisch mit ihm verbundenen Muskel
umgebogen und der'letzte mit dem Nerven berührt wird.
Die ersten Phänomene dieser Art hat von Humboldt gesehen.
A, von Humboldt zog einem Frosch die Haut ab und prä-
parirte ihn so, dass der Rumpf mit dep Schenkeln nur durch die
entblössten ischiadischen Nerven zusammenhing. Es entstanden
heftige Zuckungen, als er das Muskelfleisch der Lende leise gegen
den ischiadischen Nerven zurückbeugte. , {Veber die gereizte
Muskel- und Nervenfaser. I . 32.). Um diesen Versuch richtig zu
verstehen, muss man wissen, dass von Humboldt unter Froschlenden
immer das Schenkelfleiseh, unter Ischiadnerv die Stämme
der Nerven für die unteren Extremitäten über dem Becken, unter
Cruralnerven dagegen den Hauptnerven für die untern Extremitäten
(N. ischiadicus) am Schenkel selbst versteht. (Am angeführten
Ort p. 3 5 . Note.) : A. von Humboldt’s Versuch bestand
also darin, dass er zwischen dem Becken und dem Ende des
Rückenmarks alle Theile ausser den Nerven wegnahm, so dass
der Rumpf mit den untern Extremitäten nur durch die Stämme
der Nerven für dieselben zusämmenhing,' und 4pss von Humboldt
nun das Muskelfleisch des Schenkels gegen jene Stämme der Nerven
nach vorwärts umbeugte. Schon Volta hatte bei einem
ähnlichen Versuche von Galvani eingeworfen, dass die erfolgende
Zuckung bloss von der Zerrung des Nerven abhänge, also nicht
unter die galvanischen Phänomene gehöre,. Nach meiner Beobachtung
ist diess auch in diesem HuMBOLDT’schen Versuche der
Fall: die Zuckung erfolgte öfters schon lange, ehe der entblösste
Schenkel die'Stämme der Spinalnerven berührte. Diese Zerrung
des' Nerven ist auch nicht wohl zu vermeiden, da der N. ischiadicus
sich um den hintern Theil des untern Beckenendes herumschlägt,
um zum Schenkel zu gelangen. Der Nerve wird, beim
Umbeugen des Schenkels nach vorn gegen den Rumpf, an dieser
Steile gezerrt oder gedehnt; bei der Zerrung oder Dehnung
eines Nerven erfolgen aber immer Zuckungen. Derselbe Einwurf
trifft den von Galvani angestellten Versuch, wo, wenn ein
Frosch abgezogen, ansgeweidet und so präparirt wurde, dass bei
fast ganz weggeschnittenem untern Theile des Rückgrats (Steiss-
bein) die Schenkel nur durch die genannten Nervenstämme mit
dem Rumpfei zusammenhingen, heftige Zuckungen am ganzen
Frosch entstanden,, sobald die Wüdenmuskeln des Frosches gegen
die Schultern zuruckgebogen wurden. In diesem Falle wurde
das ganze Rückenmark gezerrt; indessen lässt sich der Versuch
doch-auch so anstellen, dass diese Einwürfe Wegfällen. Nje wollte
es zwar, von Humboldt gelingen, Zuckungen zu erhalten, wenn
er nach Abtrennung des Nerven vom Rumpfe den Schenkel gegen
den Nerven und diesen gegen jenen bog; auch sah er keine
Zuckungen| wenn er ohne die Muskeln zu berühren, mit einem
abgeschnittenen Nervenstück einen Bogen bildend, den Nerven
des Muskels an zwei Punkten berührte. Dagegen ist dieser vorletzte
Versuch P faff sehr häufig gelungen, besonders wenn der
Schenkelnerve in einer etwas grossem Strecke mit der Haut des
Schenkels, nicht aber, wenn er mit den Muskeln unmittelbar in
Berührung gebracht wurde. Gerade auf diese Art ist der Versuch
auch mir gelungen. Ich bewirkte (im Frühling, vor der
Begattung der Frösche) an einem blossen Unterschenkel mit heraushängendem
Stamm der Schenkelnerven Zuckungen, indem ich
den Nerven mit einem isölirenden Stäbchen dem Unterschenkel
näherte und 1 mit dem Nerven die nasse Oberhaut des Unterschenkels
berührte; auch erfolgte eine Zuckung, als ich den Nerven
vom Unterschenkel wieder abzög (Physiologie I. p. 68.). ln diesem
Falle bestand die Kette aus- heterogenen Substanzen, nämlich
aus Nerve, Muskel und Haut. Zwei von diesen kann man
als Elektromotoren, tden dritten als Leiter betrachten. Es entsteht
ein elektrischer Strom und die Nervenkraft des Nerven ist
das Reagens oder das Elektrometer, indem sie in Folge des elektrischen
Stromes gereizt Zuckung erregt. Wird dagegen der
Nerve des Schenkels einfach gegen den von der Haut entblössten
Muskel umgebogen,;so' sind nur zwei Substanzen vorhanden, wovon
die eine die andere an zwei Stellen berührt, aber die kettenartige
Verbindung zwischen beiden .Substanzen durch einen
dritten Körper fehlt. Als allgemeine Bedingung zur Entstehung
von Zuckungen aus galvanischen Ursachen- kann man folgende
ansehen: Zur Erregung von Zuckungen bei der Kette sind drei
Substanzen nötbig, zwei Elektromotoren und ein Leiter, der sie
kettenartig verbindet. Diese Elektromotoren können auch belebte
und unbelebte, tliierische heterogene Theile seyn, Nerve
und Muskel; Muskel und Haut u. s. w. Leiter kann auch
ein dritter thierischer Theil seyn, der mit einem der thierischen
Elektromotoren homogen seyn.kann; ein Stück eines Nerven und
die organisch; verbundenen Muskeln und Nerven bilden schon
eine Kette, aber die organisch verbundenen Muskeln und Nerven
allein sind ohne einen dritten' ihnen homogenen oder heterogenen
Körper nicht zur Kette hinreichend. Ein Nerve gegen den
Muskel umgebogen, giebt keine Zuckung, wohl aber, wenn er
über die noch vorhandene äussere Haut umgebogen wird; steht
aber der dritte Körper mit dem Muskel und Nerven, wenn gleich
einem von beiden homogen, nicht in organischer Verbindung,
ist er vielmehr ein getrenntes Stück, so kann er als Glied der
Kette wirken, wie z. B- Zuckungen entstehen, wenn man durch
den Bogen von einem abgetrennten Nervenstücke, oder durch einen
Bogen von einem Stück Muskelfleisch, die organisch verbundenen
Muskel und Nerven zugleich berührt.
Sind die Elektromotoren blosse Metalle, so sind die orga-
nich verbundenen Nerve und Muskel Leiter und Elektrometer
zugleich; Leiter, weil Nerve und Muskel nass sind, Elektrometer,
weil die Nervenkraft in Folge des Reizes des elektrischen Fluidums
Zuckung erregt. Sie sind hier auf gleiche Art das Elektrometer,
wie unter ähnlichen Umständen ein nicht thierisches
Elektrometer, z. B. ein magnetischer Multiplikator. Es können aber
die Elektromotoren auch thjerische Theile selbst seyn. So können