
traction der linken Kammer schliesst sich die Valvula mitralis an
der VorhofsöiFnung derselben, und das Blut strömt zwischen den
aus einander weichenden Valvulae seminulares am Ostium arterio-
sum in die Aorta, welche die einmal in ihr enthaltene Blutsäule
nicht wieder zu ruck tretein lässt, da durch Druck von der Aorta
aus diese Taschenventile ausgebreitet''werden. Die Gewalt, womit
sich die linke Kammer zusammenzieht, ist viel stärker als die der
rechten Kammer, auch sind bekanntlich die Wände der erstem
gegen 3mal dicker als die der letztem, heim Erwachsenen. Diese
Gewalt der linken Kammer musste grösser seyn, da die Körperhahn
grösser als die Lungenbahn, und erstere einen ungleich
grossem Widerstand in den Capillargefässen aller Organe durch
Reihung darbietet.
Von der Aorta- aus vertheilt sich das Blut, mit jedem Herzschlage
von piner neuen Masse gedrängt, im ganzen Körper mit
Ausnahme der Lungen, und,, geht durch die Capillargefässe in die
Venen über.
Bei grossen körperlich^ Anstrengungen muss die Bewegung
des Blutes in den Capillargefässen in einem grossen Theile des
Körpers aufgehalten werden durch den Druck der wiederholten
Zusainmenziehungen vieler Muskeln. Je ausgebreiteter dieses Hinderniss
wird, um so mehr gleicht' es demjenigen Aufenthalte der
Blutbewegung, der in den L.ungen schon durch kleine Hindernisse
bewirkt wird. Es stellen sich dann auch ähnliche Wirkungen
ein, die Blutsäule der Arterien setzt der Kraft des Herzens
einen grossem Widerstand als gewöhnlich entgegen. Das Blut
circulirt nicht frei und schnell genug durch die Lungen und
häuft sich an, so dass zu gleicher Zeit nicht Blut genug athmet,
daher die Athembeschwerden bei solchen Anstrengungen, die
man wohl weniger richtig von einem vermehrten Athembedürf-
niss bei grösserer Muskelbewegung ableitet. Die anhaltende Zusammenziehung
der Muskeln bei gewissen Bewegungen, wo einzelne
Glieder dauernd bewegt werden, ist auch mit einer Anhäufung
des Blutes in diesen Theilen verbunden., ,
Die feinen Arterien stehen in jedem Oi’gane, noch ehe sie in
die Capillargefässnetze übergehen, unter einander in vielfacher
Verbindung, wie jede feine injicirte Membran zeigt, und an vielen
Stellen erhält derselbe Theil zuführende grössere Arterien aus
sehr verschiedenen Gegenden des Gefässsystemes, wie das Gehirn
von der Carotis cerebralis und Art. vertebralis. Jedermann kennt
die Verbindungen zwischen den Art. epigast. intercost. mammar.
etc. Diess wiederholt sich an allen Orten, und da das Capillar-
' gefässsystem aller zusammenhängenden Theile conlinuirlich ist,
so sind alle zuführenden und abführenden Gefässe in dem conti-
nuirlichen Capillargefässnetze des ganzen Körpers verbunden, so
dass, wenn das gewöhnliche zuführende Gefäss eines Theils verschlossen
wird, leicht ein neues dessen Stelle ersetzt. So sind
durch die feinsten Arterien und durch die Capillargefässnetze
alle juxtaponirten Theile eines Organes oder mehrerer Organe in
Wechselwirkung gesetzt. Die Capillargefässe des ganzen Körpers,
die Anastomosen der zuführenden Gefässe bilden auf diese Art
ein ununterbrochenes Netzwerk, welches von unzähligen Arterien
aus Blut erhält, und von verschiedenen Wegen bald unmittelbarer
bald mittelbarer von Blut durchdrungen werden kann. Ohne
dass null neue Gefässe. entstehen, durch blosse Erweiterung trüberer
Gommunicationen, können sich daher neue Wege der Zufuhr
ausbilden, wenn die gewöhnlichen verschlossen sind, und
so erklärt sich das Phänomen des Collateralkre.slaufes, oder die
Wiederherstellung des Kreislaufes durch einen Theil nach Ver-
schliessung seines grossen Gefässstammes. Im Anfänge erweitern
sich eine Menge änastomosirender Zweige, und allrnahlig bilden
sich einzelne stärkere Stämme wieder aus. Bei Thieren lasst
sich sogar die Aorta abdominalis ohne absolut todtlicben Erfolg
unterbinden, dagegen man diese Operation beim Menschen bisher
zweimal nur mit tödtlichem Erfolge gemacht hat. Dagegen
hat man beim Menschen schon alle übrigen grossen Arterienstämme,
welche zugänglich sind, mit Erfolg, wo es noth.g war,
unterbunden. Es sind sogar Erfahrungen vorhanden, dass, wenn,
die Verschliessung nur allmäbl.g geschieht, selbst die Verseil.les-
sung der Aorta hinter dem Ursprünge der Arterien der oberen
Theile des Körpers die Entwickelung eines Collateralkreislautes
nicht ausschliesst, so dass durch Erweiterung von Anastomosen
der Art. mammaria int. und intercost. prima etc. mit den intercostal-
arterien doch wieder das Blut in den unter der Verschliessung befindlichen
Theil der Aorta durch Umwege gelangt. Siehe den
von A. Meckel beobachteten Fall Archiv. 182/. Tab. 5. In einem
ähnlichen von R eynaud (Froriep’s Not. 537.) beschriebenen Fa le
waren die Hauptverbindungen zwischen der Subclavia jeder Seite,
und dem unter der Verschliessung liegenden Theile der Aorta
durch Anastomosen der Cerviealis profunda, transversales cervicis,
intercostalis prima mit den Intercostalartenen, und zwischen der
Subclavia und der Cruralarteria durch directe Verbindung der
mammaria interna und epigastrica bewerkstelligt.
Das durch die Arterien verbreitete Blut, von immer neuen
Blutmassen aus dem linken Ventrikel gedrängt, folgt der durch
die Gefässe verzeichneten Bahn, und geht aus den feinsten Arterien
durch die Capillargefässnetze in die feinen Venen über,
um sich weiter in grösseren Venen zu sammeln, und dein rechten
Herzen wieder zuzuströmen. Diesen Uebergang kann man
in vielen durchsichtigen Theilen mikroskopisch beobachten, so
dass er nicht allein ein Schluss aus der Bewegung des Blutes in
den Arterien und Venen, sondern ein Gegenstand der unmittelbaren
Beobachtung ist.
Hierzu dient die Schwimmhaut der Frösche, der Schwanz
junger Fische und der Salamander-, Frosch- und Krötenlarven,
das Mesenterium aller Wirbelthiere, die Flügel der f ledermause,
die Keimhaut des Eies der eierlegenden Thiere. Siehe die Abbildungen
der blutführenden Capillargefässe von der Area vascu-
losa des Eies in P ander Entwickelungsgeschichte des Hähnchens im
Ei; von jungen Fischchen D oellinger üerikschr. der Akad. der
Wissensch. zu München, Bd. l . ; von der Schwimmhaut derb rösche
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