
die organisch ■verbundenen Nerve und Muskel als heterogene Substanzen
so gut wie zwei heterogene todte thierische Theile Elektromotoren
seyn; insofern sie aber lebend sind, sind sie auch zugleich
das Elektrometer durch die Reizung der Nervenkraft in Folge der
elektromotorischen Erregung.
Bei den Zuckungen, die ohne Kette durch blosse Application
von einem zweier heterogener sich berührender Metalle,
oder durch Application eines einzigen Metalles auf den Nerven
entstehen, muss man den Nerven als blosses Elektrometer betrachten,
das die in den heterogenen Metallen oder selbst in einem
homogenen Metalle (durch Thermoele'ktricität) entstandene
elektrische Spannung anzeigt.
Nachdem nun die allgemeinen und einfachsten Bedingungen,
untèr welchen durch Galvanismus Muskelcontractionen entstehen,
auseinandergesetzt worden, muss jetzt von dem Verhalten der
thierischen Theile bei der Schliessung, Oeffnung und während
des Geschlossenseyns der Kette gehandelt werden. Wird das positive
Metall als Nervenarmatur, das negative als Muskelarmatur
benutzt, so erfolgen die Zuckungen meist im Augenblicke der
Schliessung der Kette, aber keine oder wenigstens weit schwächere
bei der Trennung derselben. So verhält es sich auch,
wenn das positive Metall mit dem Centralende des Nerven, das
negative Metall mit einem den Muskeln nähern Theile dés Nerven
verbunden wird. Indessen giebt es mannichfache Zustände
der Erregung, in welchen diese Erscheinungen Abänderungen erleiden;
im ersten, wenn die thierischen Theile noch den höchsten
Grad der Erregbarkeit besitzen, erfolgt die Schliessungszuk-
kung bei der negativen Bewaffnung des Nerven, und nur diese
allein, die Trennungszuckung dagegen bei der positiven Bewaffnung
des Nerven; im zweiten Zustande der Erregbarkeit, der
allmählig aus dem ersten sich entwickelt und im Verlust der Erregbarkeit
zuletzt endigt, erregt die negative Bewaffnung des
Nerven oder des Centralendes des Nerven die Trennungszuckung,
die positive Bewaffnung die Schliessungszuckung, die Mittelstufe
sey dié, wo Trennungs- und Schliessungszuckung bei jeder Bewaffnung
des Nerven gleich ist. Nach P faff’s Untei’suchungen
hängt das Verhalten indess sehr von den Vorher schon angestell-
ten Versuchen ab; bleibt z. B. die Kette bei negativer Bewaffnung
des Nerven eine Zeitlang geschlossen, so kehrt sich das
Verhältniss nicht um. Gehler’s Physik. Wort erb. IV. P. II. p.
721. Ueber diesen Gegenstand haben in neuerer Zeit wieder
M arianini und Nobili Untersuchungen angestellt. Der von R itter
angenommene Gegensatz der Flexoren und Extensoren in
Hinsicht der Empfänglichkeit für den galvanischen Reiz hat sich
nicht bestätigt.
In der geschlossenen Kette halten sich die Muskeln ruhig,
und es wird nur ihre Erregbarkeit verändert. Nach P faff’s Erfahrung
wirken die geschlossenen Ketten nach Verschiedenheit
der Vertheilung der Metalle an die Muskeln und Nerven entweder
deprimirend oder exaltirend. Befindet sich ein Froschpräparat
in einer Kette, worin das positive Metall (Zink) die Nervenarmatur
bildet, so vermindert sich die Reizbarkeit schneller als
an einem andern Froschschenkel ausser der Kette, und nach
P faff kann man meist selbst die kräftigste Reizbarkeit durch
Verweilen des Froschschenkels binnen einer Viertelstunde in einer
solchen Kette so weit vermindern, dass er auf die stärksten
Reize nicht mehr reagirt. Ganz anders soll die Kette wirken,
wenn das negative Metall, Kupfer, an dem Nerven applicirt war;
nach einiger Zeit soll nun der höchste Grad der Reizbarkeit eingetreten
seyn, so dass im Augenblick der Oeffnung die Muskeln
zuweilen /in den stärksten Tetanus gerathen.
Dass die Nerven bei der Erregung durch galvanisches Fluidum
keine blossen Leiter der Elektricität sind, geht daraus hervor,
dass, wenn man die beiden Armaturen an dem Nerven selbst
applicirt, und also einen queren galvanischen Strom durch die
Dicke des Nerven verursacht, der Nerve zwar die Zuckung bewirkt,
dass aber ein gequetschter oder unterbundener Nerve,
über der verletzten Stelle armirt, nicht mehr durch die verletzte
Stelle hindurch wirkt. Man sieht also, dass ein gequetschter
oder durch einen nassen Faden unterbundener Nerve kein
Leiter des wirksamen Princips der Nerven mehr ist. Dennoch
ist er aber noch ein eben so guter Eleklricitätsleiter, wie vorher;.
denn wird der Nerve über und unter der Ligatur armirt,
so geht der elektrische Strom durch die Unterbindungsstelle
durch, und das Nervenprincip in dem zwischen Ligatur und Muskel
befindlichen Nervenstück bewirkt nun die Zuckung, weil es
von dem elektrischen Strome angeregt wird, oder sich in der
Kette befindet. Ein merkwürdiger Umstand ist der von H umboldt
beobachtete, dass, wenn man durch Armirung eines Muskels
und seines vorher unterbundenen Nervens über der Unterbindungsstelle
Zuckungen erregen will, von der Unterbindungsstelle
des Nerven bis zu seinem Eintritt in den Muskel durchaus
noch ein Stück freiliegenden Nervens seyn muss. Denn unterbindet
man den Nerven gleich bei seinem Eintritt in den Muskel,
und armirt den Muskel und Nerven über der Unterbindung,
so erfolgt keine Zückung. Diese letztere erfolgt aber, wenn man
den Nerven jetzt, eine Strecke aus dem Muskel herauspräparirt;
auch hört die Zuckung auf, wenn zwischen Unterbindung und
Muskel zwar ein Stück Nerve frei liegt, dieses Stück aber mit
Muskelfleisch, nassem Schwamm oder Metall umgeben wird. Es
scheint also, dass in diesem Falle der Nerve zwischen der Unterbindung
und dem Muskel isolirt seyn muss.
Die Zuckungen sind bei allen Froschschenkelversuchen um
so stärker, je länger das zu einem Muskel hingehende Nervenstück
ist. P faff. Die Wirkungen erfolgen ferner immer in der Richtung
der Verzweigungen der Nerven, und man kann durch einen
Nerven, welcher allein armirt wird, mit der einfachen Kette
keine Zuckungen in Muskeln erregen, welche höher vom Stamme
des Nerven ab Aeste erhalten. Dagegen zucken bei der Armirung
eines Nervenstammes immer alle Muskeln, welche von dem
Stamme aus nach abwärts Zweige erhalten. Bei der Armirung
eines Stammes armirt man nothwendig alle schon in ihm vorge