
Ueber die Blutkörperchen der Wirbeliosert siebe die oben angeführte,
sehr reichhaltige Schrift von W agner.
b. Un t e r suchung der B l ut fl üs s igke it .
Unter Blutflüssigkeit, Liquor sanguinis, verstehe ich die farblose
Flüssigkeit des Blutes ausser den rothen Blutkörperchen,
und zwar so, wie sie vor dem Gerinnen des Blutes ist. Bei dem
Gerinnen trennt sich diese Flüssigkeit in den Faserstoff, der vorher
aufgelöst war, und beim Gerinnen die rothen Körperchen
mit einschliesst, und in das Serum, welches nun noch den Ei-
weissstoff aufgelöst enthalt. Wir vverden in dieser mechanischen
Analyse des Blutes zuerst den Faserstoff, dann das Serum ah-
handeln.
1) Vom Faserstoff.
Die gewöhnliche Ansicht von der Gerinnung des Blutes ist,
dass das rothe Gerinnsel sich durch Aggregation der Blutkörperchen
bilde, und dass die Kerne der Blutkörperchen eben die Faserstoffkügelchen
sind, die von einer Hülle von Farbestoff bekleidet
werden, der nach der Goagulation von deri aggregirten Faserstoffkügelchen
ausgewaschen werden kann, worauf weisses Coa-
gulum zurückbleibt. Diese Ansicht haben besonders H ome und
P revost und D umas vorgetragen, und D utrochet hat sie bei seinen
neueren Untersuchungen über das Verhalten des Blutes zu
der galvanischen Säule vorausgesetzt. Berzelius hat indess aus
dem Umstande, dass die Lymphe aufgelösten Faserstoff enthält,
vermuthet, dass auch das Blut aufgelösten Faserstoff enthalten
müsse, weil die Lymphe gleichsam eine von dem Blute abgesei-
bete Flüssigkeit sey. Man könnte als noch triftigem Grund bin-
zufügen, weil' die Lymphe selbst ins Blut gelangt. B erzelius
stellte daher vermuthungsweise die'Ansicht auf, dass beim Gerinnen
des Blutes der im Blute aufgelöste Faserstoff fest werde und
die Blutkörperchen zwischen sich nehme. Diese Ansicht, dass
der Faserstoff im Blute aufgelöst ist, ist schon zu verschiedener
Zeit proponirt worden.*) Ich bin so glücklich gewesen, einen
definitiven Beweis für Berzelius Vermuthung zu finden, und bin
im Stande, zu zeigen, dass das rothe Coagulum des Blutes nur
ein Gemenge von Faserstoff, der vorher aufgelöst war, und von
Blutkörperchen ist.
Ich habe zuerst bemerkt, dass, wenn man Froschblut in einem
Uhrglas auffängt, vor der Bildung des ganzen Blutcoagulums
schon farblose, wasserhelle Gerinnsel entstehen, die man am Rande
mit der Nadel hervorziehen kann; so sieht man auch Punkte und
HewSON hat schon gute Gründe dafür beigehracht, dass der Faserstoff
nicht in den Blutkörperchen sondern ausser ihnen im Blüte enthalten
ist. Hier kann er entweder aufgelöst oder fein vertheilt als
Körnchen vorhanden seyn, die sich bei der Gerinnung verbinden, wie
Milne Edwards vermuthet^. Die folgenden Beobachtungen beweisen,
dass der Faserstoff so gut wie das Eiweiss in der Blutflüssigkeit
wirklich aufgelöst ist.
kleine Läppchen von farblosem, wasserhellem Gerinnsel, wenn
man das Blut eine bis zwei Minuten nach, dem Ausflusse vom Boden
des Uhrglases abfliessen lässt. Diese kleinen farblosen Gerinnsel
bleiben dann am Boden hängen. Um den Einwurf zu
beseitigen,, dass beim Abschneiden des Froschscbenkels, wodurch
man am leichtesten einen Blutfluss verursacht, Tropfen Lymphe
mit ausgeflossen wären, deren aufgelöster Faserstoff diese Erscheinung
bewirkt hätte, sammelte ich das Blut fernerhin aus der
Schenkelarterie, beim Frosche die Art. ischiadica, welche an der
hintern Seite des Oberschenkels zwischen den Muskeln verläuft,
und die man sogleich auffindet, da sie neben dem grossen Ner.
vus ischiadicus, dem Schenkelnerven, wie die Physiker ihn gewöhnlich
nennen, liegt. Diese Arterie legte ich bloss, und sammelte
das Blut unter mancherlei, vorsichtigen Handgriffen allein
aus. diesem Gefässe, so dass ich sicher seyn konnte, dass ich reines
Blut hatte. Eben so sammelte ich das Blut aus dem bloss-
gelegten und angeschnittenen Herzen, was viel leichter ist. Jedesmal
bemerkte ich.vor dem vollständigen Gerinnen des Blutes
das Entstehen kleiner wasserheller Gerinnsel. Brachte ich einen
Tropfen reinen Blutes unter das Mikroskop und verdünnte ihn
mit'Serum, so dass die Blutkörperchen ganz zerstreut ans einander
lagen, so konnte ich bei mikroskopischer Beobachtung sehen,
dass zwischen den Blutkörperchen in den Zwischenräumen ein
Gerinnsel von, vorher aufgelöstem Stoff entstand, durch welches
nun allein noch die ganz zerstreuten Blutkörperchen zusamrnen-
hingen. ‘ So konnte ich alle Blutkörperchen,' so zerstreut sie auch
waren, und so gross auch die Zwischenräume zwischen ihnen
waren, doch zu gleicher Zeit verschieben, wenn ich mit der Nadel
das die Zwischenräume ausfüllende Faserstoffgerinsel zerrte.
Da die Blutkörperchen des Frosches bei, starken Vergrösserungen
s o ungemein gross, erscheinen, so lässt diese Beobachtung die
grösste Deutlichkeit zu, und es bleibt kein Zweifel übrig. 1
Es giebt indessen eine noch viel leichtere, und sogar noch
sicherere Art sich zu überzeugen, dass Faserstoff im Froscbblute
aufgelöst ist. Da ich aus Erfahrung wusste, dass die Blutkörperchen
des Frosches ungefähr 4mal grösser sind, als die Blutkörperchen
des Menschen und der Säugethiere, so schloss ich, dass
das Filtrum sie vielleicht zurückbält, während es die Blutkörperchen
des Menschen und der Säugethiere durchlässt. So ist es,
und auf diese einfache Auskunft kam ich, wie es gewöhnlich geschieht,
erst zuletzt; und nun freue ich mich, durch einen leichten
Versuch in den Vorlesungen zeigen zu können, dass Faserstoff
im Blute aufgelöst ist, der wasserhell durch Filtrum geht
und dann gerinnt. Der Versuch lässt sich ganz im Kleinen mit
dem Blute eines einzigen Frosches .anstellen; ein kleines gläsernes
Trichterchen und ein Filtrum von gewöhnlichem weissem Fil-
trirpapier, oder nicht zu dünnem Druckpapier sind das Einzige,
was man nöthig hat. Das Filtrum muss natürlich vorher nass
seyn, und es ist gut, wenn man das eingegossene frische Blut des
Frosches schnell mit eben so viel Wasser versetzt. Was dann
von dem Filtrum abfliesst* ist ein fast ganz farbloses, klares Se