
Die Sehnen, Bänder, Knorpel regeneriren überhaupt ungemein
schwer, die Knochen dagegen sehr leicht.
Die Thatsachen über die Heilung verletzter Knorpel hat E..
H. W eber in seinem trefflichen Werk Anat. 1. 306. zusammengestellt.
Nach Brodie heilen verletzte Gelenkknorpel höchstens
doch nur so, dass die zerstörten Theile nicht wieder ersetzt werden.
Nach B eclard entsteht zwischen den Bruchflächen der Rip-
penknorpel eine aus Zellgewebe gebildete Platte; während die
Knorpelstiicke auch noch durch einen knöchernen Ring verbunden
werden. Als D örner aus dem Schildknorpel einer Katze
ein kleines 4eckiges Stück herausgeschnitten hatte, war das Loch
in 28 Tagen nur durch eine feste Haut angefüllt. Knorpel,
welche durch einen Schnitt getrennt werden, wachsen nach D örfer
nicht unmittelbar, sondern durch Vereinigung des Perichon-
driums zusammen.
Ueber die Regeneration des fibrösen Gewebes haben Arhe-
mahn, Murray, M oore, K öhler Versuche angestellt, welche in
W eber’s Werke citirt sind. Bei der Heilung der Sehnen soll die
neue Substanz mehr knorpelig als faserig und glänzend seyn.
Nach ARNEMAirer soll sich die Dura mater nie wieder erzeugen (?).
Ausgezeichnet ist die Regeneration der Knochen. - Die mehr
schwammigen Knochen, wie Schädel, Becken und Epiphysen der
Röhrenknochen, heilen schwieriger als die Röhrenknochen und
dichteren Knochen. Manche Brüche heilen oft nur durch eine
faserige biegsame Bandmasse, wie die zerbrochene Kniescheibe.
Der Bruch des Oberschenkelbeinhalses innerhalb des Capselban-
des heilt in der Regel nicht durch Gallus, sondern durch eine
ligamentöse Masse. Otto path. ALnat. pag. 225. Das austrepanirte
Stück des Schädels wird selten, selbst nach langer Zeit nicht,
durch einen vollständigen Ersatz von neaerzeugter Knochenmaterie
regenerirt. Doch kömmt zuweilen eine vollständige Ausfüllung
durch neue Knochensnbstanz vor, was S carpa sah.
Der Process der ,Heilung gebrochener Knochen beruht auf
exsudativer Entzündung ,und Umwandlung des Exsudates in Knochenmaterie,
die anfangs die Knochenstücke ziemlich-unförmlich
verbindet und später allmählig umgewandelt wird. Die Exsudation
erfolgt von allen Theilen, welche bei dem Knochenbruche
verletzt worden waren, vom Knochen sowohl als won der Beinhaut,
von dieser sowohl als von dem umherliegenden Zellgewebe
und anderen verletzten in Entzündung gerathenden Theilen. Dieses
erste Exsudat ist' wie überall in der Entzündung der aufgelöste
Faserstoff des Blutes; das Exsudat erreicht bald die Consi-
stenz der Gallerte, welche sich organisirt, während die Entzündung
fortdauert, die Beinhaut aufschwilit. Von dem ursprünglichen
Exsudat muss man wohl den eigenthümlichen Callus unterscheiden;
das erste Exsudat ist das gleichförmige Entzündungsprodukt
aller verletzten Theile. Der Callus ist die Grundlage
der neuen Knochensubstanz, dieser entsteht zunächst von
den Knochen aus. Der ganze Vorgang der Callusbildung ist neuerlich
durch Miescher’s Untersuchungen wesentlich aufgeklärt
worden. Miescher de inflammatione ossium eorumque anatom. generali.
Berol. 1836. Er ist hiernach folgender. Die Entzündung
tritt zuerst nach einem Bruch am lebhaftesten in den weichen
Theilen, Periostium, Zellgewebe, Muskeln auf, welche alle
aufschwellen, sich verdichten, verwachsen und so eine feste Cap-
sel um die Fractur bilden. Auf der innern Fläche dieser Cap-
sel wird durch die Entzündung eine halbflüssige nach und nach
fester werdende Substanz gebildet, in der Gefässe entstehen.
Eine gleiche Substanz geht aus dem Markgewebe des gebrochenen
Knochens hervor. Die von der Capsel gebildete Masse und
die letztere verschmelzen. Diess ist die in der Capsel liegende,
die Fractur umhüllende Substantia intermedia. Diese nimmt eine
fibröse Beschaffenheit an, und füllt alle Zwischenräume zwischen
den Knochen aus, während Muskeln, Zellgewebe, Periostium in
‘ihren frühem Zustand zurückkehren. Später als die Weichtheile
wird auch der Knochen von der Entzündung ergriffen, und zwar
zuerst in einiger Entfernung von den Bruchenden, wo der Knochen
noch von dem Periostium bedeckt ist und ebenso im Innern1
des Knochens. Auch die Knochen exsudiren eine gallertarige
Masse, worin sich Gefässe bilden, während diese Substanz wächst,
wandelt sie sich, von der Seite, Wo sie mit dem Knochen zusammenhängt,
in Knorpel und Knochen um. Diese neue Masse,
der eigentliche Callus, füllt auch die Höhle der Knochen mehr
oder weniger aus. Aussen schreitet die Substanz über die Knochenenden
weg und die Productionen beider Knochen verbinden
sich. So geschieht die Bildung des primitiven Callus. Unter-
dess verwachsen die Oberflächen der Knochen mit der von den
weichen Theilen und dem primitiven Callus selbst gebildeten
Capsel, die Ränder der Fractur verwachsen hinwieder mit der
Substantia intermedia. Auch bildet sich nun ebenfalls Callus,
welcher sich auf Kosten der unterdess ligamentös gewordenen
Substantia intermedia ausbildet. Auf der äussern unebenen Fläche
des Callus bildet sich wieder Periostium aus. Die erste Erscheinung
des primitiven Callus findet an demjenigen Theile des
Knochens statt, wo das Periostium noch mit dem Knochen zusammenhängt,
es ist die zwischen Periostium und Knochen sich bildende,
anfangs halbflüssige Materie, worin schon nach dem dritten
Tage Gefässe sichtbar werden. Der Callus geht daher nach
M i e s c h e r ’s Untersuchungen immer vom Knochen selbst aus. Wurden
zuweilen Knochenkerne in dem Callus beobachtet, welche
von jenem Theil des Knochens , von welchem die Callusbildung
ausgeht, auf dem Durchschnitt isolirt schienen, so zeigte sich bei
weiterer Untersuchung,, dass sie doch an anderen Stellen als an
der Durchschnittsfläche mit jener productiven Stelle zusammenhingen.
Die weiteren Veränderungen des Callus nach der Verwachsung
der Knochenenden bestehen in der Herstellung der
Märkhöhie in dem Callus selbst und in der Veränderung seiner
Form. Die Umwandlungen des Gewebes des Callus geschehen
übrigens ganz so wie bei der ersten Knochenbildung. So lange
der Callus knorpelig ist, enthält er die mikroskopischen Knorpelkörperchen,
zur Zeit der Ossification entsteht auch das zellige
Gefüge in der Knochensubstanz.