
er auch Nerv des Geschmackes ist, wird später erwiesen. Aus
allem bisher Angeführten geht hervor, dass der N. trigeminus
durch seine grosse. Wurzel der Empfindungsnerve des ganzen
Vorder- und vordem Seitentheils des Kopfes- (mit Ausschluss der
eigentlichen Sinnesfunctionen des Geruchs, Gesichts, Gehörs), und
dass er durch die Portio ininor der motorische Nerve^ für alle
Masticationsmuskeln ist. Daher hören nach der Durchschneidung
des Stammes dieses Nerven in den Versuchen von Magendie
alle diese Bewegungen und alle Gefühlsempfindungen am ganzen
Kopf, Auge, Nase, Zunge auf, wie denn auch in Krankheiten des
Stammes vom N. trigeminus oder seiner Wurzeln, derselbe Erfolg
von Be l l , Magendie, Serres beobachtet, wurde. Nach der
Dnrchschneidung dieses Nerven innerhalb des Schädels., die Ma~
gendie bei Kaninchen machte, und die E schricht wiederholte,
war die Empfindung an der ganzen Seite des Kopfes gelähmt.
Die Nasenschleimbaut wie die, Conjunctiva war unempfindlich,
und Stiche und chemische Reize, wie Ammoniakflüssigkeit, brachten
keine Schmerzen mehr hervor. Das Auge war trocken, die
Iris zusammengezogen, das Nicken des Augenliedes hatte auf .der
kranken Seite aufgehört. , Am; folgenden Tage war das unverletzte
Auge vom Reiz des Ammoniak entzündet, das gelähmte
Auge nicht, und die Unempfindlichkeit hatte also die Ausbildung
der Entzündung verhütet. In anderen Versuchen bewirkte die
Durchschneidung des N. trigeminus nach mehreren Tagen Entzündung
der Conjunctiva, Absonderung eiteriger Materie von den
Augenliedern, im Auge: selbst Iritis und Pseadomembranen, zuletzt
zeigte sich Vereiterung des Auges.. Das, . Zahnfleisch verdirbt
und lockert sich auf, die Zunge wird auf der Seite der
Verletzung weiss, und;ihr Epithelium verdickt sich.
Die Gefühlsempfindung am Auge,> z.; B. in der Conjunctiva,
ist wohl zu unterscheiden von den Gesichtsempfindungen, eben
so wie die Gefühlsempfindung in der Nase, die sich durch Gefühl
von Wärme, Kälte, Trockenheit, Kitzel, Jucken, Schmerz
äussert, wohl von dem Geruch zu unterscheiden ist. Die Gesichtsempfindung
hat in dem Auge nur durch den N. opticus
statt, die Gefühlsempfindungen, nur durch die Zweige des N.
trigeminus; die Geruchsempfindung in der Nase hat eben so nur
durch den Nerv, olfactorius, die Gefühlsempfindung nur durch
die N. nasales vom N. trigeminus statt.
Nervus glossopharyng eus. , ,
Aus den oben p. 614. angeführten Beobachtungen über ein
an einem Theil der Wurzelfäden des N. glossopharyngeus befindliches
Knötchen über dem Ganglion p.etrosum, geht hervor,
dass auch dieser Nerve unter die gemischten gehört. Ich zeigte,
dass sich die Wurzel dieses Nerven ganz wie die des trigeminus
verhält, indem ein Theil davon in das Ganglion jugulare superius
N. glossopharyngei anschwillt, während ein anderer Theil der
Wurzel an dem-Ganglion vorbeigeht. Damit stimmt auch seine
Verbreitung überein. Denn er versieht theils den .hintern Theil
der Zungenschleimhaut, theils die Schlundmuskeln (namentlich
den Muse, stylopharyngeus), und dass er motorische Kraft besitzt,
bat schon M ayo beobachtet, und ich sah bei einem Kanin-
cheii noch nach dem Tode durch Galvanisiren dieses Nerven
Zückungen am Schlunde entstehen. Vergl. Mayo, Magendie J.
d.:physiol. 3. 355.
11 Nervus vagus cum accessorio Willisii. _ '
Der N. vagus schwillt in seinem ganzen Stamme innerhalb
des Foramen lacerum in ein Ganglion an; er verhält sich also
hier Wie eine blosse Empfindungswurzel; da er nun gleich nach
dem Durchtritt durch das Foramen lacerum einen Theil des Nervus
ÜccdsSÖrius' in sich' aufnimmt, so liegt es bei dem jetzigen
Züstahde der Wissenschaft sehr nahe, anzunehmen, dass der N.
vagus durch die Aufnahme eines Theils des N. accessorius seine
motorischen FäSern für den Ramus phaf-yngeus und die N. laryngei
erhält. Aber schon vor der Entdeckung von den Eigenschaften
der Wurzeln der Spinalnerven, nämlich 1805 stellte
Goerres den Vergleich der Wurzeln des vagus und accessorius
mit den beiden Wurzeln eines Spinalnerven auf. G oerres Exposition
der Physiologie. Coblenz 1805. p. 328. Diese Idee wurde
aüch in neuerer Zeit von Arnold und S carpa ausgesprochen,
der vagus einer hintern, der accessorius einer vordem Wurzel
verglichen und B ischöfe hat sie in seiner schätzbaren Schrift
[nkjlvi accessorii IVillisii anatömia et physiologia. Heidelb. 1832.)
weiter ’ansgeführt und mit neuen und wichtigen Gründen unterstützt.
Die.Gründe, die man dafür anführen kann, sind folgende:
Der N. accessorius theilt sich unterhalb des Ganglion nervi vagi
in einen äussern, dem Muse, sternocleido-mastoideus und cucul-
läris bestimmten Ast, und in einen innern, mit dem N. vagus
züsämmenfliessenden Ast. Aus dem Zusammenfluss des N. vagus
und accessorius’entsteht der Ramus pharyngeus nervi vagi, aber
{Up Theil des N. -acbessorius setzt sich tiefer im N. vagus verflochten
fort, und B isciioff vermuthet, dass von diesem Antheil
auch die N. laryngei, namentlich der Laryngeus inferior, ihre
motorischen Fasern haben. (Bendz hat Fasein de_s accessorius
bis in beide Nervi laryngei verfolgt.) Bei den Vögeln und Amphibien
ist der N. accessorius- auch nbch vorhanden. B ojanus
hatte ihn von der. Schildkröte, S erres von den Vögeln beschrieben;
B ischoff hat ihn bei mehreren Vögeln und Amphibien ausführlicher
als einer seiner Vorgänger untersucht. Er entspringt
bei den Vögeln nicht zwischen den hinteren und vorderen Wurzeln
der Rückenmarksnerven, sondern über den hinteren Wurzeln
aus den hinteren Rückenmarkssträngen, und reicht bis zum
dritten Cervicalnerven. ■ Aufwärts schliesst sich der Nerve dem
N.’ vagus an, und schwillt mit den Wurzeln des N. vagus in das
Ganglion nervi vagi an, so dass hier der Nerve ganz in den N.
Vagus übergeht, der dann wieder einen Zweig für die Halsmuskeln
abgiebt, welcher dem äussern Ast des N accessorius des
Menschen entspricht; auch bei den Amphibien geht der N. ac-
cessoFius- ganz in den N. vagus über. Zu diesen anatomischen
Gründen Voll Bischoff könnte man noch hinzufügen, dass der
grösste Theil des N. vagus offenbar sensoriell ist, und die auf
dem Magen sich verbreitenden Aeste bloss empfindlich seyn kön-
M ü lle r’s Physiologie. 1. 43