
verschiedenen Organen nach aufgehobener' Function der Nieren
nicht immer eine Folge von in den Harnwegen aufgesogenem
Harn ist. Vergl. Nysten recherches de Chemie ■ et de physiol. pa-
thol. Baris, 1811. p. 263. Meckel’s Archiv. 2. 678. Wo der
Harnstoff gebildet wird, und von welchem Organ aus er im Blute
sich verbreitet, ist unbekannt. Man kann jetzt nur die Frage, aufwerfen,
oh er sich vielleicht in den Lutigen bei der durch das
Athmen stattfindenden chemischen Veränderung des Blutes, und
bei der Bildung edlerer Verbindungen erzeugt. Er kann aber
auch in anderen Tbeilen hei Ausbildung der Säfte aus der genommenen
Nahrung entstehen. Es wäre sehr wichtig, zu wissen,
oh der Harnstoff nur aus zersetztem, schon vorher ansgebildetem
Thierstoffe entsteht, und sich also auch bei hungernden Thieren
erzeugt, oder ob er sich aus den Nahrungsstoffen als ein unbrauchbares
Product des Verdauungsprocesses erzeugt. T iede-
mann und Gmelin haben beobachtet, dass in einem ihrer Versuche
mit dem Chylus das dem Osmazom des ChyluS beigemischte
Kochsalz statt in Würfeln in Octaedefn anschoss, während
das Kochsalz in anderen Fällen Würflig war. Hierbei könnte
an den Harnstoff gedacht werden, 1. c. p. 2. p. 91. Um diess
auszumitteln, müsste man Thiere hungern lassen, dann die' Nieren
exstirpiren und das Blut- auf Harnstoff untersuchen. Bei Vögeln,
die T iedemann und Gmelin mit stickstofffreien Substanzen fütterten,
nahm die Quantität des weissen Harns, ab. a. a. O. 2. p.233.
Es scheint indess Harnstoff auch ohne alle Nahrung im Blut
sich durch Zersetzung von Thierstoff zu bilden; d en n L assaigne
hat im Harn eines Verrückten, der 18 Tage hungerte, die. Be-
standtheile des gesunden Harns gefunden. Journ. de;ckim. med.
1. 272. Der Harnstoff fehlt im Harn in mehreren Krankheiten,
wie in Nervenzufällen, Wo der Harn wässrig wird. Es fehlen
dann die organischen Stoffe und .nur die Salze sind vorhanden.
Im Diabetes mellitus enthalt der Harn statt Harnstoff Traubenzucker,
und jener kommt in dem Maasse wieder, als der Zuckergehalt
des Harns sich vermindert. Hier wird der so stickstoffreiche Harnstoff
durch eine Materie ersetzt, welche gar keinen Stickstoff
enthält. Harnzucker besteht aus 39,99 Kohlenstoff, 6 , 6 6 Wasserstoff
und 53,33 Sauerstoff. P rout. Beim Diabetes insipidns, wo
der Harn keinen Zucker enthält, ist der Harnstoff duich eine
andere Materie ersetzt, die, grösstentheils durch Alkohol ausziehbar
mit Osmazom ühereinkömmt. In der allgemeinen Wassersucht
des Zellgewebes, die man Anasarca nennt, enthält der Harn
in dem Maasse Eiweissstoff und gerinnt über dem Feuer,' als Harnstoff
darin fehlt. Namentlich wird der Harn ejweisshaltig bei
der Bauchwassersucht hei der BRiGHT’scben Degeneration der Nieren.
Dagegen hat Marchand Harnstoff schon mehrmal in hydro-
pischen Flüssigkeiten gefunden. Muell. Arch. 1837. 440. Eiweissgehalt
des Harns mit vermindertem Harnstoffgehalt hat man
auch in der chronischen Leberentzündung mit fortdauernder
Verdauungsunordnung . (Rose und H enry, Meckjel’s Archiv. 2. 642.)
so wie gegen das Ende aller abzehrenden Krankheiten bemerkt.
2. Harnsäure. Acidum uricuni. Man gewinnt die Harnsäure
aus dem Bodensatz des menschlichen Harns oder dem Harn der
Vögel und Schlangen durch Auflösung des abgedampften Harns in
erwärmtem wässrigem Kali, uud schlägt aus dem Filtrat die Harnsäure
durch Salzsäure nieder. (Gmelin Chemie. 4. 839.) Die Harnsäure
bildet weisse, wenn unrein, gelbliche oder bräunliche, perlglänzende,
feine Schuppen, sie ist geschmack- und geruchlos und
rötbet feuchtes Lackmuspapier, sie braucht nach .P rout mehr als
ihr zehntausendfaches Gewicht kalten Wassers zur Auflösung, aber
etwas weniger kochendes. In Alkohol und Aether ist die Harnsäure
unlöslich. Bei der trocknen Destillation wird sie zersetzt,
es sublimirt sich zuerst kohlensaures Ammoniak, darauf viel Cyan-
Wasserstoffsäure und braunes Brandöl, und zuletzt sublimirt sich
eine krystallinische Masse, W oehler’s Cyansäure. Zugleich enthält
aber auch das Sublimat eine Menge Harnstoff, wie W oeiiler
entdeckt bat. (PoggEnd. Ann. 15. 529. Berzel. Thierchemie p. 328.)
Die Zusammensetzung der Harnsäure ist nach P rout’s 2 Analysen:
Stickstoff . . früher 40,25 später 31,12
Kohlenstoff . - 34,25 - 39,87
Wasserstoff . - 2,75 - 2,22
Sauerstoff . . - 22,75 - 26,77
Der warme Harn enthält weit mehr Harnsäure aufgelöst, als
sich in einem gleichen Volum kochend heissen Wassers - auflösen
kann, was P rout bestimmt hat, die Harnsäure als harnsaures Ammoniak
im Harn anzunehmen. Gleichwohl ist die aus erkaltendem
Harn niederfallertde Harnsäure freie Säure. Nach D uvernoy (Untersuchungen
über den mensch. Urin. Stuttg. 1835. 8 .) wird die
Harnsäure durch den Färbestoff des Harns im warmen Zustande
aufgelöst erhalten. Der Niederschlag der Harnsäure aus dem erkaltenden
Harn ist anfangs pulverig und grau, wird aber nach
und nach rosenroth und krystallisirt heim Trocknen. Die röth-
' liehe oder ziegelmehlfarbige Färbung der Harnsäure rührt von
der grossem Menge des mit der Säure verbundenen Färbestoffs
her, bei intermittirenden Fiebern nimmt dieser rohe Färbestoff
der sich niederschlagenden Harnsäure zu. Es ist nach Berzelius
noch sehr zweifelhaft, ob die rothe Farbe im Bodensatz der fieberhaften
Harnarten, wie. P rout meint, von eingemengtem purpursauren
Ammoniak herrührt (Purpursäure, wird durch Behandlung
von Harnsäure mit Salpetersäure künstlich erzeugt). Zwischen
dem rohen und absetzenden kritischen Harn fand D uvernoy
keinen wesentlichen Unterschied. Beide zeigen vermehrte Säure-
reaction, röthere Färbung und grossem Harnsäuregehalt. Der
kritische Harn unterscheidet sich uur, dass er mehr Harnsäure
enthält und sie leichter absetzt. Siehe über alles dies Berzelius
Thierchemie. 335. und D uvernoy a.' a. O.
L iebig und W oehler haben entdeckt, dass der Harnstoff in
der Harnsäure in einer eigenen Verbindung praeexistirt, dass wenigstens
Harnstoff nebst mehreren Producten aus der Harnsäure
ausgeschieden werden kann. P oggend. Ann. 41. 561. Sie machten
den Versuch, die von ihnen in der Harnsäure supponirte
Verbindung durch Einwirkuug einer oxydirenden Substanz zu
zersetzen. Harnsäure mit Wasser zu dünnem Brei angerührt