
auf, und jedes Kügelchen haftet unbeweglich auf der Stelle, die es
vorher einnahm. Nach Kieemeyer haben T reviranus, Carus, D oee-
linger und O esterreicher dem Blute eine eigene Propulsionskraft,
sich nach den Capillargefässen hin, und von diesen' ab zu bewegen,
angenommen, eine Kraft, die nach dem Aufhören der Herz-
thätigkeit noch und unabhängig von derselben im Leben wirken
soll. Ich habe mich schon in der Lehre vom Blute aus Gründen
dagegen -ausgesprochen. An sich kann das Blut eine gewisse Di-
rection nicht haben, es müsste denn von der,Substanz der Capil-
largefässe angezogen werden, wie B aumgaertner und Koch anzunehmen
scheinen. Würde nun wirklich das Blut vo-n den Capillargefässen
und der lebenden Substanz angezogen, so kann es sich
w^ohl darin anhäufen, aber man sieht nicht ein, wie eine solche
Anziehung den Kreislauf unterstützen könnte, denn das Blut vvird
dadurch zum Aufenthalte in den Capillargefässen bestimmt; oder
man müsste wieder annehmen , dass das Blut nur so lange von
der Substanz in den Capillargefässen angezogen werde, als es aus
den Arterien kommend noch hellroth ist, dass aber mit der.Umwandlung
invenöses Blut diese gegenseitige Verwandtschaft von
Blut und Substanz aufhöre. Dann allein könnte in den Capillar-
gefässerr eine Hülfskraft des Kreislaufes liegen. Die Turgescenz
gewisser Theile zu gewissen Zeiten beweist dagegen gar nichts
für diese Hülfskraft, denn hier findet auch Anhäufung des Blutes
statt. Ich komme wieder darauf zurück, was bei der Lehre
vom Blute bemerkt worden, wo ich meine Versuche über die
Dauer der Blutbewegung in abgeschnittenen Theilen, und ohne
Solutio continui mit Mortificätion des Herzens durch Kali causticurn
bei Fröschen erzählt habe. p. 151. Obgleich die bloss durch Anziehung
bedingte Saftbewegung der Pflanzen uns die Möglichkeit
zu ähnlichen Phänomenen bei Thieren zeigt, so haben wir doch
bis jetzt keine hinreichenden empirischen Gründe für dieselbe;' ich
habe schon bemerkt, dass ich die rhythmische Oscillation des Blutes
bei stockendem Kreisläufe nicht für einen solchen Grund ansehe,
und die von scharfsinnigen Männern, B aumgaertner und
K och, -beigebrachten Gründe nicht für hinreichende Beweise halte.
Man kann die Frage von der Unterstützung des Kreislaufes
durch Anziehung des Blutes nach den Capillargefässen verneinen,
und doch diese Anziehung allein', in Fäjien, wo eine Anhäufung
von Blut in gewissen gesunden Theilen, in denen sich ein Gültigeres
Leben zeigt, zugeben, wie ich ,schon bemerkte. Diese Art
der Anziehung bewirkt Anhäufung, nicht Unterstützung des Kreislaufes.
Bei den Pflanzen sind diese Phänomene ganz augenscheinlich;
dem Fruchtknoten, der das befruchtete Ei einschliesst, Biesst,
wie Burdach sagt, mehr Saft zu; ubi Stimulus ibi affluuxs. Aehn-
liche Phänomene giebt es auch bei Thieren.
Alle diese Phänomene örtlicher, vom Herzen unabhängiger
äctiver Säfteanhäufung, die nicht durch ein Hinderniss «des Rückflusses
entsteht, hat man unter dem Namen Turgescenz, turgör
vitalis zusammen gefasst. I (Hebenstreit de turgore oitali. Lips.
1795,, welche Abhandlung indess wohl keine richtige Ansicht
dieser Gegenstände enthält.)
In vielen Lebensumständen wird die Wechselwirkung zwischen
Substanz und Blut, die organische Affinität zwischen beiden, welche
in. der Ernährung ein Factum ist, unter Anhäufung des Blutes
in den erweiterten Gefässen der Organe vermehrt. So be*
der Brunst in den Genitalien, bei der Schwangerschaft im Uterus,
im Magen, der in der Verdauung blutreicher ist, bei der
Wiedererzeugung der Geweihe, wo die Höcker der Schädelknochen,
auf welchen die Geweihe aufsitzen, gleichsam ein wahrhaftes
Aufsteigen der Säfte wie in den Pflanzen zeigen, nachdem
sie bis dahin auch von Blut durchzogen oder blutarm waren. Am
häufigsten sind diese örtlichen Anhäufungen des Blutes, Gefässer-
weiterungen und Gefässentwickelungen ' aber beim Embryo, je
nach den verschiedenen Organen, welche gerade als successiv
nothwendige Theile oder Glieder des Ganzen durch die produci-
rende Kraft entstehen. Die Kiemen der Salamander und Frösche,
der Schwanz der Froschlarven sterben dagegen ab, wenn die organische
Affinität zwischen Substanz und Blut auf hört. Man hat
zur Erklärung dieser Phänomene an verstärkte Contraction der Arterien
gedacht. Allein, die pulsatorischen Muscularcontractionen
exis.tiren ,nicbtj .und dauernde Zusammenziehungen der Arterien,
wenn sie nicht wurmförmig fortschreitend sind, oder wenn sie
nicht durch besondere Klappen unterstützt sind, können keine
Turgescenz hervorbringen. Eine Vermehrung der Blutmenge in
einzelnen Organen kann auch plötzlich eintretèn, und es gehören
hierher die plötzlichen Blutanhäufungen im Gesicht bei der
Schamröthe am ganzen Kopf bei heftigen Leidenschaften, Zustände,
in welchen die localen Phänomene offenbar durch Ner-
venwirkung bedingt sind. Eben so gehören hierher die activen
Congestionen des Blutes zu Organen, welche in einem gereizten
Zustande sich befinden, zum Gehirn u. s. w. Vgl. B onorden,
Meck. Archio 1827. 537. W edemeyer l. c. 412.x S chwann hat
eine andere mögliche Erklärung dieser Pbaenoinene aufgestellt,
wobei die Annahme einer Anziehung des Blutes vermieden wird.
Durch ein Nachlassen der anhaltenden, lebendigen Contractilität
einzelner Arterien kann nämlich grössere Erweiterung derselben
durch den Druck des Blutes, und dadurch grösserer Blutandrang
zu einzelnen Organen bedingt seyn. S chwann im Enryclop. Wörterbuch
der med. Wissenschaften. XIV. 233.
Wenn die Gefässe eines Organes, in dem die Affinität zwischen
Blut und'Substanz gesteigert'werden kann, einer beträchtlichen
Erweiterung fähig sind, so findet Anschwellung dieses Organes
und Erection desselben statt. Erectil ist bloss der Penis,
vielleicht bei Einigen die Clitoris. Der scheinbar erectile Anhang
am Kopfe- des Truthahns besteht nach S chwann grösten
Theils aas Muskelfasern. Die Erectionen scheinen daher in
eine Ordnung mit den eben genannten Phänomenen zu gehören,
sie bilden aber eine besondere Reihe, weil zur Erection
ein eigenthümlicher Bau der Gefässe, nämlich beträchtliche Erweiterungsfähigkeit
derselben bei einem sehr sinuösen Bau der
Venen gehört. In diesem Falle bilden die erweiterungsfähigen
Venen die zahlreichsten Anastomosen und Geflechte, und der Raum