
kenmarke ihren Grund haben. Erst allmählig wird dieses Organ
wieder in die zum Geschlechtstriebe nöthige Tension seiner Kräfte
versetzt; es entstellt wieder jener Ueberfluss, jene Spannung des
wirksamen Princips in diesem Organe, wo jede Stimmung des
Sensoriums auf geschlechtliche Gegenstände Erection bewirken,
wo die Vorstellung den geladenen Zustand des Rückenmarkes
gleichsam entladen kann, um auf den von ihm ausstrahlenden
organischen Nerveneinfluss jene Anhäufung des Blutes in der
Ruthe zu bewirken. Diese Potenz des Rückenmarkes geht aber
durch Affectionen des Rückenmarkes auch verloren.
k) Wie diess Organ auf die organisch-chemischen Vorgänge des
Capillarsystems durch die organischen Nerven Einfluss hat, ‘Wert
man nicht allein an der veränderten Hautabsonderung bei Ohnmächten,
sondern deutlicher noch an der Beschaffenheit der Haut
bei Menschen, bei denen das Rückenmark durch Ausschweifup-
gen gelitten hat. Wenn nämlich die Ausübung des Cbitus zu
, häufig auf'einander erfolgt, so tritt nicht allein Kraftlosigkeit
ein, sondern auch verminderter Turgor der Haut, verminderte
Perspiration, Trockenheit derselben, verminderte Wärmeerzeugung,
Kaltwerden der Füsse, Hände, Genitalien.
l) Dieses Organ ist auch der Gegenstand einer krankhaften
Impression bei allen fieberhaften Affectionen,' und die.dem Fieber
eigene Veränderung der Sensationen, der Bewegungen und
der organischen- Wirkungen, Absonderungen, Wärmeerzeugung
sind nur durch den Antheil eines solchen Organes erklärlich, wie
dasjenige ist, dessen Eigenschaften wir in diesem Capitel zu zergliedern
gesucht haben. Da die Affectionen der Cerebrospinal-
nerven nicht leicht Fieber, sondern leichter andere Nervenkrankheiten
erregen, und da das Fieber durch nichts leichter, als
durch Veränderung der Capillargefässactionen in irgend einem
Theile, sey es nun Veränderung des Zustandes der Schleimhäute,
oder Entzündung in irgend einem Organe, entsteht, so liegt es
sehr nahe, anzunehmen, dass bei dem Fieber eine solche
auf das Rückenmark verpflanzte und von dort auf alle Nerven
, reflectirte Impression stattfinde, welche von einer heftigen
Affectiön der organischen Nerven irgend eines Theiles (bei Entzündung
oder ariderer Reizung) .ausgeht.
Was die organischen Wirkungen des Rückenmarkes, verglichen
mit denen des Gehirns, betrifft, so wissen wir aus F lou-
pENS Versuchen und den Bestätigungen von H er twig, - dass ein
Vogel nach Wegnahme der Hemisphären des grossen Gehirns,
wenn man ihm das Futter einstopft, doch noch geraume Zeit ernährt
werden kann, ohne abzumagern. eocpermenta quaedam
de effectibus laesionum in pariibus encephali. Beral. 182G.
III. Capitel. Vom Gehirn.
I. Verg leichung des Gehi rns de r Wi r b e l t hi er e.
In keinem Theile der Physiologie kann man grössere Anforderungen
an die vergleichende Anatomie machen, als in der Physiologie
des Gehirns. Hier zeigen sich nach der Entwickelung
der intellectuellen Fähigkeiten in den verschiedenen Classen die
grössten Unterschiede, welche für die Deutung der Hirntheile
von der grössten Wichtigkeit sind; aber auch die Nothwendig-
keit, über die Bedeutung der Hirntheile Versuche an Thieren
anzustellen, macht uns die Vergleichung der Gehirne dér Thiere
so unentbehrlich. Daher habe ich für nöthig gehalten, vor der
Untersuchung der Eigenschaften und Kräfte des Gehirns eine
Vergleichung des Gehirns dér Wirbelthiere vorauszuschicken.
Diese Betrachtungen müssen von dem Fötuszustande des Gehirns
des Menschen und der höheren Thiere ausgehen, weil dieser, wie
überhaupt bei Vergleichungen dieser Art, mehr sichere Vergleichungspunkte
darbietet.
Schon bei einer oberflächlichen Vergleichung des Gehirns
des Menschen mit dem der höheren Wirbelthiere zeigt sich, dass
die Hemisphären des grossen Gehirns, welche mit ihrem hintern
Theile beim Menschen nicht allein die Vierhügel, sondern selbst
das kleine Gehirn überragen, ohne mit den Theilen, welche sie
bedecken, zu verschmelzen, bei den Thieren sich mehr und mehr
nach vorn zurückziehen, und die bei dem Menschen bedeckten
Theile von oben frei lassen. Bei den Nagethieren sehen wir
schon das kleine Gehirn frei, bei den Vögeln sind es auch die
Vierhügel, und noch mehr ist diess bei den Amphibien der Fall.
In demselben Grade, als sich die Hemisphären verkleinern, ver-
grössern sich bei den Thieren die Vierhügel, und wenn diese
bei den Amphibien noch bedeutend kleiner als die Hemisphären
dfes grossen Gehirns sind, so ist bei den Fischen das Verhältniss.
dieser Theile so verändert, dass man in Zweifel ist, was man für
das eine und für das andere halten soll. Das Gehirn dieser Thiere
! zeigt uns nämlich nur eine Reihe von theils paarigen, theils unpaarigen
Anschwellungen. Die hinterste unpaarige, über dem
verlängerten Marke gelegene, Men vierten Ventrikel deckend,
1 ist das kleine Gehirn; vor ihm liegt ein Hügelpaar, oft das
grösste, hohl in seinem Innern, von welchem grösstentheils die
Sehnerven entspringen; vor diesen liegen ein Paar solide An-
I Schwellungen, in der Mitte noch zusammenhängend, und vor diesen
oft noch zwei von einander abgesonderte Anschwellungen
I am Ursprünge der Geruchsnerven. Nur das Fötusgehirn der hö-
I heren Theile gleicht einigermaassen dem Hirn der niederen Wir-
I belthiere; denn die Hemisphären sind klein, überragen anfangs
weder das kleine Gehirn, noch die Vierhügel, und es giebt eine
Zeit, wo die Vierhügel nicht kleiner sind als die Hemisphären
des grossen Gehirns. In diesem Falle findet man eine ähnliche
| Reihe von Anschwellungen, wie am Gehirn der Fische, zu fiin-
I terst das unpaare kleine Gehirn; vor ihm die grossen blasigen
Vierhügel, noch nicht in das, vordere und hintere Paar ab<m_
I theilt, im Innern hohl (Ventriculus Sylvii, wo später der Aquae-
I ductus Sylvii ist); vor ihnen die Hemisphären, bei den Säu^e-
r thieten mit den Lobi olfactorii an ihrem vordem Ende. Siehe
I T iedemakn a. a. O. Das Gehirn der Säugethiere ist indess in der
jüngsten Zeit des Fötuslebens nicht hinreichend genau bekannt,