
ren sie die Nerven; es entstehen Zuckungen, aber auch eine Ablenkung
der Nadel des Galvanometers. Der Versuch beweist
durchaus nicht, was er soll; denn homogene Metallstücke, wovon
das eine erhitzt ist, erzeugen für sieh schon, so wie heterogene
Metalle, Elektricität, es müssen also Zuckungen und zugleich eine
Abweichung der Magnetnadel stattlinden.
Die Verfasser wollen ferner zeigen, dass chemische Reize,
welche auf die Nerven wirken, diess durch Elektricitätsentwicke-
lung thun. Sie bringen au dem einen der Drahte des Galvanometers
ein mit sälzsaurem Antimon oder mit Salpetersäure befeuchtetes
Stück Platina an, und befestigen an den andern,Draht
ein Fragment von Nerve, oder Muskel, oder Gehirn. Bei jeder
Schliessung der Kette lenkt die Nadel ab; diess beweist noch
weniger, denn hier sind die allgemeinen Bedingungen der Elektri-
citätserregung durch Heterogenität vorhanden. Von derselben
Art ist der folgende Versuch:-sie befestigen an beide Conductoren
des Galvanometers gleiche Platten von Platina, an eine derselben
eiu Stück frisches Muskelfleisch von einigen Unzen von
einem lebenden Thiere, und tauchen beide Conductoren in Blut
oder in eine leichte Salzlösung, worauf eine Ablenkung der. Nadel
erfolgt.
Die neuesten Versuche mit Anwendung des Galvanometers
sind die von P erson. . (Sur l’hypothese des eourans electrics dans
les nerjs. Journal de Physiol. Tom. X. 1830.) . Alle Versuche, von
P erson, mit einem äusserst empfindlichen Galvanometer elektrische
Strömungen in den Nerven zu entdecken, waren, eben ,so
wie bei P revost und Dumas, vergeblich. P erson brachte bei
Kaninchen und jungen Katzen die Conductoren des Galvanometers
in Verbindung mit dem vordem und hintern Theile des
Rückenmarks; er brachte sie ins,Innere mehrerer dicker Nerven.
Er wiederholte diese Versuche, nachdem er in den Unterleib
Tinctura nucis vomicae eingespritzt, um die dadurch entstehenden
Zuckungen galvanometris'ch zu beobachten. Aehnliche Versuche
wurden bei Aalen und Fröschen gemacht; nie hat P erson
eine sichere Spur von Elektricität entdeckt. Der Verfasser erzählt
hierbei eine Beobachtung, welche beweist, wie viel Misstrauen
man gegen zufällige Umstände bei solcher Art der Untersuchungen
hegen muss. Eines Tages brächte P erson einen
Tropfen Wasser auf Zink, um sich zu überzeugen, dass
das Galvanometer empfindlich sey, er berührte nun mit den Armen
des Galvanometers das Wasser und das Zink, und beobachtete
Diviationen der Magnetnadel, darauf brachte er bei einem
jungen Hunde die Platindrähte des Galvanometers in Contact mit
dem Rückenmark, und sah auch eine Deviation von 30 bis 40
Centimetern; allein diese Abweichung kehrte sieh um, als - der
Contact umgekehrt stattfand, was den Verdacht einer elektrochemischen
Action an einem der Drähte erregte. Diess war auch
der Fall, denn als P erson die Drähte in Blut brachte, oder in
Wasser, indem er mit einem der Drähte Zink berührte, entstand
ein galvanischer Strom, bis das Stückchen Zink oxydirt war. Man
könnte den Beobachtungen mit dem Galvanometer den Vorwurf
machen, dass diess Instrument nur andauernde Strömungen an-
zeige, die Muskelcontractionen dagegen abwechselnde Zusammenziehungen
seyen. , In der That, wenn P erson einen der Drähte
des Galvanometers mit dem Conductor einer elektrischen Maschine,
den andern mit dem Boden in Verbindung brachte, entstand
eine regelmässige Ablenkung (à chaque tour du plateau),
nicht aber:, wenn der Strom in eine Reihe von Funken verwandelt
wurde. Hiernach wiederholte P erson mehrere seiner Beobachtungen
mit einem Instrument, welches für successive Strömungen
(cöurans instantanés) empfindlich war; allein P erson konnte
auch mit diesem, Instrument bei Muskelcontractionen keine Ablenkung
entdecken.
5 Endlich bemerkt P erson, dass, um Muskelcontractionen zu
erzeugen, es , gar nicht nöthig sey, dass ein galvanischer Strom
die ganze Länge der Nerven durchlaufe. Derselbe Erfolg tritt
ein, so klein auch die Stelle am Nerven ist, durch welche der
Strom von einem zum andern Pol geht. Wenn man einen Nerven
zerrt, quetscht, brennt, so,zuckt sein Muskel; eine Ligatur
unter der Stelle hebt alle Wirkung auf. Es ist gerade so, wenn
man einen .Nerven mit beiden Polen armirt und den Strom
durch die Dicke des, Nerven gehen lässt. Man nimmt hier zwar
an, dass der-galvanische Strom eine Ablenkung nach der ganzen
Länge des Nerven erleide, weil die Nerven so vorzügliche Leiter
der Elektricität seyn sollen. Indessen zeigt P erson sehr gut, was
ich selbst auch sehr oft beobachtet habe, dass die Nerven nicht
besser^ das galvanische Fluidum leiten als die Muskeln und andere
nasse thierische Theile; dass ihre Leitungskraft sich nicht
ändert, wenn man sie mechanisch zerstört, und dass das Neuri-
lem unfähig ist, die galvanischen Ströme, zu isoliren. In der
That geht ein galvanischer Strom, der in einen Nerven geleitet
wird,:sogleich in Muskeln und fibröse Theile über, sobald diese
ihm einen kürzern Weg darbieten. Man muss hieraus mit P erson,
so wie aus dem ganzen Gange der bisherigen Verhandlung,
schliessen, dass ein Bewegungsnerve während des Lebens und der
Dauer seiner Reizbarkeit in einem solchen Zustande ist, dass Ailles,
was plötzlich den relativen Zustand seiner Moleküle verändert,
eine Contraction des Muskels am entfernten Ende erregt,
und dass elektrische, chemische und mechanische Reize hierbei
sich gleich, verhalten.
Die mit dem Galvanometer angestellten Versuche zur Prüfung
der Elektricität der Nerven, so gewiss sie keinen Beweis
für die Elektricität derselben liefern, können eben so wenig streng
beweisen, dass keine Elektricität in den Nerven entwickelt werde;
denn diese Instrumente sind ZU unvollkommen. Sie wirken meist
nicht mehr, wenn wirkliche Elektricität durch ein Metallplattenpaar
entwickelt wird, sobald einer der Conductoren dös Galvanometers
nicht das Metall, selbst berührt, sondern nur durch Vermittelung
eines Wassertropfens, oder Stückchen Muskelfleisches damit
in Verbindung steht. Hieraus sieht man deutlich genug,
dass, wenn auch Elektricität in den Nerven wirkte, sie durch das
Galvanometer nicht leicht angezeigt würde. Dagegen ist der Nerve
M ü l l e r ’s Physiologie. I. 4 2