
welche seitdem sehr oft wiederholt worden sind. ; Sämmtliehe
Versuche wurden an Fröschen angestellt. Die Wurzeln wurden
immer nach der schon heschriehenen Weise vorsibhtig und sanft
mit der Nadel aufgehoben, und dicht am Rückenmark abgeschnitten,
so dass sie nur mit ihren Rumpfnerven in Verbindung standen.
Zur Isolation wurde immer eine Glasplatte untergeschoben
und der ganze Frosch auf ein Stück Glas gelegt. Folgendes
sind die constanten Resultate:
1) Wenn man die hinteren Wurzeln der Spinalnerven allein
mit beiden Polen eines einfachen Plattenpaares in Verbindung
bringt, so entsteht niemals die geringste Spur einer Zuckung.
■2) Wenn man dagegen die hinteren Wurzeln mit dem einen
Pol, einen Muskel der unteren Extremitäten mit dem andern
Pol armirt, und also einen galvanischen Strom" von der Wurzel
bis zu dem Muskel leitet, so entstehen Zuckungen, .und zwar
bloss :in den innerhalb des galvanischen Wirkungskreises gelegenen
Muskeln.
3) Die vorderen Wurzeln bewirken, sowohl unmittelbar mit
beiden Polen vereinigt., als mittelbar, indem der andere Pol auf
die Muskeln -wirkt, Zuckungen in allen - Muskeln der Extremität,
nicht bloss in dem galvanischen Wirkungskreise, sondern bis zu
den Zehen herab.
> 4) Dasselbe erfolgt, wenn man die hinteren Wurzeln mit
dem einen Pol, die vorderen Wurzeln mit dem andern Pol in
Verbindung bringt.
Diese Versuche beweisen so bündig, als ein Schluss seyn
kann, unumstösslich:
e. Dass die hinteren Wurzeln der Spinalnerven zwar nicht
isoliren, - sondern wie alle thierische Theile im nassen Zustande
den galvanischen Ström passiv von einem zum andern Pole leiten.
b. Dass sie aber keine motorischen Kräfte oder Bewegungskräfte
haben, und durch sich selbst keinen Muskel zur Bewegung
bestimmen können.
c. -: Dass dagegen die vorderen Wurzeln nicht allein den galvanischen
Strom wie alle thierischen Theile leiten, sondern dass
sie. auch, ohne dass ein galvanischer Strom durch sie auf die
Muskeln geleitet wird, bei jeder unmittelbaren Reizung durch
mechanische oder galvanische Reize eine motorische, nicht -galvanische
Kraft in der Richtung der 'Nervenverzweigung ausüben.
- Ich werde nun zeigen’, dass ein Nerv die eigene motorische
Kraft verlieren kann, wenn er die Fähigkeit, den galvanischen
Strom auf die Muskeln zu leiten, noch behält. Man quetsche
einen Muskelnerven mit der Pincette, mechanischer und galvanischer
Reiz über der gequetschten Stelle wirken nicht mehr;
wohl aber, wenn der mechanische und galvanische Reiz unter
der gequetschten Stelle zwischen dieser und dem Muskel appli-
cirt wird. Dennoch ist ein gequetschter Nerv fähig, den galvanischen
Strom zu den Muskeln zu leiten, und es entstehen Zuk-
kungen, wenn der eine Pol auf das Ende des gequetschten Nerven;
der andere NPol auf den Muskel wirkt.- Die gequetschte
Stelle ist also leitungsfähig.
Da nun endlich der geringste mechanische Reiz mit der
Nadel oder einem nicht metallischen Körper, einem zugespitzten
Federkiel, dieselben Wirkungen auf die Muskelnerven und die
vorderen Wurzeln der Spinalnerven hervorbringt, wie der unmittelbare
galvanische Reiz in einem transversalen Strom durch
die Dicke des Nerven, nämlich Zuckungen in dem ganzen Gliede,
so folgt:
a. Dass der unmittelbare galvanische Reiz beider Pole auf
die vorderen Wurzeln nicht anders als der mechanische Reiz
wirkt; dass der Galvanismus hierbei nicht als Galvanismus die
nächste Ursache der Muskelcontraction ist, sondern dass der galvanische
Reiz, eben so wie der mechanische, • nur die motorischen
oder tonischen< Kräfte der tonischen Nerven zur Aeusse-
rung erregt.
b. Dass, die galvanische Kraft von der motorischen oder tonischen
Kraft oder Spannkraft der Nerven verschieden ist, und
sich zu dieser nur als heftiger Reiz - verhält.
c. Es folgt ferner, dass es Nerven giebt, welche keine motorischen
oder tonischen Kräfte besitzen, welche durch sich selbst niemals
Zuckungen erregen können, mögen sie mechanisch oder
galvanisch gereizt seyn; und welche den galvanischen Strom nur
passiv leiten; dass es dagegen motorische oder tonische Nerven
giebt, welche hei jeder unmittelbaren Reizung ihre tonische
Kraft in der Spannung der Muskeln äussern, eine Spannkraft,
welche immer in der Richtung der Verzweigung, niemals rückwärts
wirkt. Denn es gehört nicht hieher, wenn galvanische Ströme
auf andere Aeste durch nasse Theile übergeleitet werden.
' d. Dass endlich die vorderen Wurzeln der Spinalnerven tonisch,
die hinteren nicht tonisch sind.
■ Um den mitgetheilten neuen Erfahrungen noch ein grösseres
Interesse zu gehen, beschloss ich die galvanische Säule statt des
einfachen Plattenpaares anzuwenden. Ich errichtete eine -voltai-
sche Säule von 34 Plattenpaaren, die Platten von etwas mehr als
4 Quadratzoll. Auch diese Versuche wurden an mehreren Fröschen
wiederholt, und folgende constante .Resultate- gefunden.
1) f Die hinteren Wurzeln der Spinalnerven für die unteren
Extremitäten. wurden vom Rückenmark abgeschnitten, das Ende
dieser Wurzeln auf ein Glastäfelchen aufgelegt, und mit beiden
Polen der voltaischen Säule in Verbindung'gebracht. Nie zeigte
sich auch nur eine Spur einer Zuckung. Ich wiederhole hier die
Vorsichtsmaassregel,- ja keine Fasern der vorderen Wurzeln mit
zu fassen.
2) Die vorderen Wurzeln erregten unter denselben Umständen
die heftigsten Zuckungen in der ganzen Extremität.
3) Brachten wir die hintere Wurzel mit dem einen Pol, die
Muskeln des Oberschenkels mit dem andern Pol in Verbindung,
so entstanden Zuckungen am ganzen Beine, vorzüglich aber innerhalb
des galvanischen Wirkungskreises.
'4) Die vorderen Wurzeln mit dem einen Pol, die Muskeln
mit dem andern Pol armirt, bewirkten noch viel stärkere Zuk-
kungen.