
Iracti nucis vomicae spirituosi bewirkt, in einiger Quantität in
den Mund von jungen Kaninchen gebracht, den Tod auf der Stelle;
dagegen dieses Gift, in einiger Entfernung vom Gehirn auf einen
blossgelegten Nerven, z. B- den Nervus ischiudicus, applicirt, gar
keine allgemeinen Wirkungen hervorbringt, wie denn auch W ede-
meyee beobachtet bat, dass concentrirte Blausäure, auf einen blossen
Nerven applicirt, nicht wirkte. Die schnellen Wirkungen der
Blausäure kann man nur aus ihrer Flüchtigkeit und Expansionskraft
erklären, durch welche sie sich schneller in dem Blute verbreitet,
als die Circulation desselben geschieht, und durch welche
sie, selbst abgesehen von der Verbreitung durch das Blut, die
thierischen Theile schnell zu durchdringen fähig ist-, durch welche
sie ferner um so schneller materielle Veränderungen in dem
Centralorgane des Nervensystems, im Gehirn, bewirkt, je näher
dem Gehirn sie applicirt wird. Schliesslich erlaube ich mir eine
Bemerkung über die materielle Veränderung durch narkotische
Gifte. Dass nämlich die narkotischen Gifte hei ihrer Wirkung
auf die Nerven auch durch materielle Veränderung .wirken, wird
wenigstens daraus gewiss, dass einige schon das Blut materiell verändern.
Denn abgesehen von den bekannten Wirkungen der Blausäure^
bewirkt das Viperngift und das Ticunasgift, nach F ontana,
wenn es aus der Ader gelassenem Blute zugesetzt wird, dass das
Blut nicht mehr' gerinnt, während Viperngift, in Wunden von
Thieren gebracht, nach F ontana. das Blut des noch lebenden'
Körpers zum Theil gerinnen machen soll, worauf ein Zustand
entsteht, der dem in der heftigsten asiatischen Cholera nicht unähnlich
ist. F ontana über das Viperngift etc. Berlin 1787.
Durch die schnelle Aufnahme aufgelöster Stoffe in die Capillargefässe
und ihre schnelle Verbreitung durch den Kreislauf
erklärt sich vollkommen leicht der schnelle Uebergang der genossenen
aufgelösten Stoffe in den Harn, ohne dass man in die Barbarei
verfallen kann, geheime Harnwege, zwischen Magen und Nieren
anzunehmen. Nach W estbumb erfolgt dieser Uebergang bei
löslichen Salzen schon in 2-rrTO Minuten spurweise. Denn nach
dieser Zeit konnte er hlausaures Kali, das einem Thiere gegeben
worden, in dem Urin entdecken, indem er den Urin unmittelbar
aus dem Harnleiter des eröffneten Th'ieres auffing. In der Regel
erfolgt dieser Uebergang aber viel später, wie aus Stehier-
ger’s Versuchen hervorgeht. Siehe den Art. vom Harn.
D ie durch Imbibition durch die Wände der Capillargefäss-
uetze zum Blute dringenden Stoffe müssen jedenfalls aufgelöst
seyn, sie dürfen nicht aus Kügelchen bestehen. Es folgt schon
hieraus, dass die verdauten Stoffe und der Kügelchen enthaltende
Chylus nicht durch die Imbibition in die Capillargefässe eindrin-
gen und zum Venenblute gelangen können. T iedemann, Gmelik
und Mayer haben zwar Chylusstreifen im Blute der Darmvenen
und der Pfortader gefunden. Allein diese Materie kann nicht
durch die Wände der Capillargefässe eingedrungen seyn, denn
sonst müssten diese auch Blutkörperchen durchlassen. Vielleicht
rührten diese Chylusstreifen von der noch problematischen Ver-
bindung der Lvmphgefässe mit den kleineren Venen her,
Die Endosmose erklärt nicht die Aufsaugung aller Flüssigkeiten
von thierischen Geweben. Wenn die Flüssigkeiten des thierischen
Körpers concentrirtere Auflösungen sind, als die aufzusaugenden
Flüssigkeiten z. B. in der Pleura, in den Lungen, so
werden letztere nach den Gesetzen der Endosmose leichter in
die thierischen Theile übergehen, als die thierischen Flüssigkeiten
heraus treten. Wenn aber die aufzusaugende Flüssigkeit eine
gleich concentrirte Auflösung ist als die Flüssigkeiten der thierischen
Theile, so werden zwar nach den Gesetzen der Imbibition
beiderlei Flüssigkeiten sich durchdringen, allein die Quantität
der Flüssigkeiten wird auf beiden Seiten nicht verändert; und
wenn die thierischén Flüssigkeiten weniger concentrirte Auflösungen
sind, so- wird die Quantität der aufzusaugenden Flüssigkeit
nach den Gesetzen der Endosmose selbst wachsen. Hieraus
sieht man, dass die Imbibition nur die Vermischung, den
Uebergang von Giften etc., nicht aber die quantitativen Verha t-
nisse der Aufsaugung erklärt. Denn eine in der Pleura befindliche
Quantität Flüssigkeit, deren Eiweiss und Salze gleich con-
centrirt sind, wie die des Blutes, würde sich durch Imbibition
durchaus nicht vermindern, sondern nur Salze an das Blut abge-
hen und davon empfangen, aber ihre Quantität behaupten, j£ sogar
wachsen, wenn die1 Lösung der Salze in der Flüssigkeit c er
Pleura concentrirter ist.
Wenn nun angesammelte Flüssigkeiten aufgesogen werden,
so muss diess entweder in vielen Fällen auf eine durch Imbibition
und Endosmose unerklärliche Weise, vermittelst der Lymph-
gefässe geschehen, oder man muss annehmen, dass die Anziehung
des Venenblutes nach dem Herzen die Aufsaugung verstärkt.
Vielleicht erleiden die Gesetze der Endosmose dadurch eine die
Aufsaugung begünstigende Veränderung, dass die thierischen Theile
eine Anziehung gegen die in ihnen circulirenden Flüssigkeiten
ausüben, wodurch verhindert wird, dass diese gegen die autzu-
saugenden Flüssigkeiten ausgetaüscht werden, da doch sonst ein
solcher Austausch erfolgen müsste. Wasser z. B. wird das Bestreben
haben, sich in dem Blute der Capillargefässe zu verthei-
len, aber das Blut, mit den Capillargefässen in lebendiger Wechselwirkung,
hat w°hl nicht das Bestreben, sich in dem aufzusaugenden
Wasser zu vertheilen. Vielleicht haben die Blutkoiper-
chen selbst, die, wie p. 111. gezeigt worden, eine so ausserordentliche
Anziehung zum reinen Wasser haben, an der Aufsaugung
desselben bei ihrem Durchgänge durch die Capillargefässe
einigen Antheil. ,
Ob das Blut in den Capillargefässen, oder diese selbst auch
eine von den gewöhnlichen physikalischen Gesetzen abweichende
organische Anziehung auf gewisse Stoffe äussern, ist eine ganz andere
Frage. Diess ist zweifelhaft,, nur von einem Orte ist es gewiss,
nämlich von den Capillargefässen der Placenta. Da die
Lymphgefässe der Placenta und des Nabelstranges durchaus Zweifelhaft
sind, so muss der Uebergang der ernährenden b Bissigkeiten
von dér Mutter in das Kind durch die Capillargef ässe in der
Placenta erfolgen. Eine eigentliche .Communication zwischen den