
Einen sehr wichtigen Unterschied bietet die Respiration der
Pflanzen und Thiere dar. Bei den Pflanzen und einfachsten Thie-
ren findet die Respiration auf ihrer ganzen Oberfläche statt. Bei
den zusammengesetzten Thieren dagegen ist die Oberfläche nicht
hinreichend zur Wechselwirkung mit der Atmosphäre, und es
bedarf eines Organes, welches im kleinen Raume eine ungeheure
athmende Fläche der Atmosphäre darhietet. Allein auch die
Producte der Respiration sind im Thier- und Pflanzenreich verschieden.
Bei den Pflanzen besteht die Assimilation zürn Theil
darin, dass die binären Verbindungen, Kohlensäure (also Kohlen-
stofF und Sauerstoff) und Wasser (Wasserstoff und Sauerstoff), in
ternäre Verbindungen von Kohlenstoff, Wasserstoff, Sauerstoff zu
Pflanzenmaterie umgewandelt werden. Da nun aber hei dieser
Verwandlung ein Ueberschuss von Sauerstoff übrig bleibt, so
wird dieser durch die Blätter ausgehaucht. Die BlättEr nehmen
auch Kohlensäure aus der Atmosphäre auf, wie die Untersuchungen
von P riestley, S cheele, I hgeniiouss, S pallanzani, S enebieb,
v. H umboldt, Th. de S aussure beweisen. Nämlich die Blätter
zersetzen die in der Luft enthaltene Kohlensäure so, dass der
Kohlenstoff mit einem Antheile des Sauerstoffes sich mit den
Pflanzen verbindet, ^während der grösste Theil des Sauerstoffes
an die Luft zurückgegeben wird. In der Nacht aber und im
Schatten, im krankhaften und welkenden Zustande nehmen sie
einen Theil des Sauerstoffes der Luft auf und dünsten Kohlensäure
aus, aber weniger als sie am Tage aufnehmen. T iedemann’s
Physiologie T. I. p. 273, Gilby Edinb. phil. JV1821. 7. Das Ath-
rnen scheint daher bei den Pflanzen eine blosse Correction, der
Assimilation; durch das Athmen der Pflanzen verliert die Luft
beständig einen Theil der von den Thieren ausgehauchten Kohlensäure,
und erhält einen Reichthum von Sauerstoff. Die Thiere
leben nur von schon gebildeter organischer Materie, und ihre
Subtanz enthält, ausser Kohlenstoff, Sauerstoff, Wasserstoff, auch
Stickstoff, der vielen Pflanzen ganz fehlt und in anderen nur in sehr
geringer Quantität vorhanden ist. Da nun beständig eine grosse
Menge Thierstoff fault und in chemische Verbindungen sich zersetzt,
die Thiere aber keinen neuen organischen Stoff aus einfachen
Elementen oder binären Verbindungen bilden können, so
sind die Pflanzen, welche dieses Vermögen besitzen, den Thieren
durchaus nöthig; so wie die Thiere wiederum den Pflanzen nö-
thig werden. Denn die Thiere athmen gerade dasjenige aus, was
die Pflanzen einathmen, Kohlensäure, und athmen wieder ein,
was die Pflanzen ausathmen, Sauerstoff. Auf diese Art würde
ohne die Pflanzenwelt die Luft für die Thiere irrespirahel werden;
durch die Wechselwirkung von Pflanzen und Thieren erhält
sich aber die fast absolute Gleichheit der atmosphärischen Luft
als eine Zusammensetzung von 79 Theilen Stickstoff und 21
Sauerstoff.
Da nun endlich die Pflanzen nur eine einfache Kraftäusserung,
nämlich die Vegetation besitzen, so bedürfen sie, ausser
Wurzel, Stengel, Blättern, nicht mannigfaltiger Organe, sondern
sie bieten, mit Ausnahme der Fructificationswerkzeuge, durchgängig
ähnliche Theile dar, indem sich' das-einfache Verhältniss von
Stendel zu Blättern immer weiter vom Stamme und Theilen des
Stammes aus multiplicirt, ja sogar die Fructificationswerkzeuge
zeigen sich den Blättern verwandt und bilden sich zuweilen in
Blätter um. Da ferner die Pflanzen vor der Fructification nur
eine Wiederholung ähnlicher Theile zeigen, deren Anfänge im
Stamme zu einem ensemble verbunden sind, so sind auch diese
Theile selbst wieder fähig, abgetrennt selbstständig zu werden;
denn es giebt ohnehin hier eine beständige Zeugung durch
Sprossen. Auch der Same ist ein selbstständiger Theil, der sich
von den Sprossen nur darin wesentlich unterscheidet, dass seine
Vegetationskraft gross, aber seine Vegetation selbst gering ist
oder noch gar nicht existirt. In den Thieren zeigt sich dagegen
die Wechselwirkung von Blutkreislauf, Athmen und Nerven zum
Leben durchaus nothwendig. Die Nerven bedingen die Athem-
bewegungen, die Nerven wirken aber nicht ohne Blut, welches
geathmet hat, und das Blut fliesst allen Theilen und so denNer-,
ven nicht zu, ohne die Zusammenziehung des Herzens, das wieder
von den? hellrothen Blute und der Nervenwirkung abhängig ist.
Gehirn, Herz und Lungen sind daher gleichsam die in einander
greifenden Haupträder in der thierischen Maschine, welche durch
den Stoffwechsel beim Athmen . iq Bewegung gesetzt werden.
Bei dem Wachsthume zeigt sich auch nicht ein äusseres Hervortreiben
neuer Theile, ähnlich den alten, sondern meist eine Ver-
grösserung des Ganzen durch Vergrößerung aller zuerst gebildeten
Theile des Innern und Aeussern. Die Thiere wachsen in
der Regel nicht auf Pflanzenart, nur die zusammengesetzten Polypen
wachsen durch Sprossenbildung. Die mehresten Thiere
sind, je vollkommener • sie sind, nicht ein Aggregat ähnlicher
Theile,: durch einen Stamm verbunden, sondern sie enthalten
Theile von ganz verschiedenen Eigenschaften, mannigfaltige Organe,
die eine Zeugung durch Theilung wachsender Theile unmöglich
machen, wenn nicht die sich abtrennenden Theile die
wesentlichen Organe des Ganzen noch mit enthalten, wie bei
Polypen und einigen Würmern, Naiden u. Ä., bei denen O.
Fr. Mueller, G ruilhui'sen eine Fortpflanzung durch künstliche
oder von selbst erfolgende Theilung gesehen haben. Diese ganze
Vergleichung hatte nur den Zwetek, zu zeigen, wie die Existenz
neuer Eigenschaften bei den Thieren auch diejenigen
Functionen modifieirt, welche die Thiere mit den Pflanzen gemein
haben.
Die Vergleichung der Thiere mit den Pflanzen führte die
Alten zur Methode, wie sie die Functionen der Thiere abzuhaa-
deln hatten.
Die Functionen, welche die Pflanzen und Thiere mit einander
gemein zu haben scheinen, hat man organische oder vitale
Verrichtungen genannt; sie. haben die Erzeugung und Erhaltung
aller Theile aus dem selbstständigen Ganzen zum Zweck» Sie sind
Aeusserungen der organischen Affinität unter den Wirkungen der
wesentlichen Ursache des Lebens. Die Functionen,, welche vorzüglich
die thierischen Wesen auszeichnen, Empfindungen,. Bevse