
aasgesetzten Eigenschaften der Ganglien der Empfindungsnerven.
.Bekanntlich haben alle eigentlichen Gefühlsnerven ein Ganglion
an ihrer Wurzel: R e i i . 1 {Archiv fü r Physiol. Bd. 7 .) verglich die
Ganglien des Nervus sympathicus mit Halbleitern, welche die zu
schwachen Eindrücke im Nervus sympathicus nicht zum Gehirn
leiteten, während sie, wie ein Halbleiter der Elektricität grössere
Mengen angehäufter Elektricität durchlässt, auch sehr heftige
Reizungen leiten sollten, und welche auch den Einfluss des,Gehirns
und Rückenmarks auf den N.' sympathicus nur beschränkt
zulassen sollten. Diese Hypothese könnte man nun auch auf die
Ganglien der Empfindungsnerven anwenden; man könnte sagen,
diese graue Masse, durch welche die Primitivfasern ohne Neuri-
lem durchgehen, ist als Halbleiter nicht im Stande, eine schwache
Reizung der einzelnen Primitivfasern in sich selbst fortzupflanzen
und den anderen, 1 durch das Ganglion durchgehenden
Fasern mitzuth eilen, daher geschieht .bei schwachen Empfindungen
die Leitung von einer. Empfindungsfaser nicht durch die
graue Masse nach den Seiten, sondern nur durch die Primitivfaser,
welche das Ganglion durchzieht, durch. Werden aber Empfindungen
sehr heftig, so wird der Halbleiter des; Nervenfluidums zum
Leiter, und lässt einen Theil jenes Princips auf die anderen, das
Ganglion: durchziehenden Primitivfasern überspringen, wodurch
eine Irradiation der Empfindung, eine Mitempfindung entsteht.
2) Die zweite Erklärung der Mitempfindungen nimmt auf diese
bloss vorausgesetzte und unerwieseneJEigenschaft der Ganglien der
Empfindungsnerven keine Rücksicht; sie leitet die Mitempfindung
von Irradiation der Reizung im Rückenmark oder.Gehirn selbst ab,
auf ähnliche, Art, wie hei den reflectirten Bewegungen von dem
Empfindungseindruck im Rückenmark sich eine Irradiation bis zu
den motorischen Nerven bildet (Gap. IlL). Hier wäre nur der Unterschied,
dass die Irradiation des ursprünglichen Empfindungseindruckes
im Rückenmark nicht zu motorischenNerven, sondern zu
den in der Nähe entspringenden anderen .Empfindungsfasern,: oder
wenigstens ausser den motorischen Nerven auch zu Empfindungsnerven
gelangte. 1 Für die Richtigkeit dieser letztem Erklärung
spricht die Analogie der Irradiation der Ernpfindungseindrücke im
Rückenmark bis zu motorischen Nerven, und zugleich der Umstand,
dass auch Empfindungsnerven ohne Ganglien, wie die Markhaut
des N. opticus bei der Lichtempfindung, der Irradiation fähig
sind, also die erste Erklärung nicht ausreicht..
Wie soll man sich nun die seeundäre Erregung der anderen Empfindungsfasern
oder Empfindungsnerven vom Gehirn und Rückenmark
aus denken? Durch Reflexion vom Gehirn und Rückenmark
aus? Geht in diesen Nerven ein Strom vom Gehirnende oder Rük-
kenmarksende des Nerven bis zum peripherischen Ende des Nerven
und wieder rückwärts, oder wird durch Reflexion, wenn kein Strömen,
sondern Oscillation des Nervenprincips stattfindet,-vom Gehirn
aus ein zweiter Nerve in Oscillation gesetzt? Höchstwahrscheinlich
findet jedenfalls eine Reflexion vom Rückenmark oder Gehirn auf
einen Empfindungsnerven statt. Docl> muss man bemerken, dass zu
dieser Erklärung die Voraussetzung gehört, dass in den Empfindungsfasern
die Strömungen oder Schwingungen eben so gut rückwärts
als vorwärts stattfinden können. Ob diess möglich ist, oder ob
in den Empfindungsnerven bloss centripetale Bewegungen stattfin-
dep können,.ist noch unbekannt. Daher es interessant ist, auch
eine Erklärung für den Fall zu kennen, wenn keine centrifügale
Bewegung in den Empfindungsnerven, sondern nur in den motorischen
möglich seyn sollte. Da es für eine Empfindung gleich
scheint, ob das Ende oder die Mitte, oder der Ursprung einer
Faser im Gehirn und Rückenmark afficirt wird, vielmehr in
allen diesen Fällen die, Empfindung nur eine und dieselbe ist
und in den äusseren Theilen, zu welchen der Nerve hingeht, angenommen
wird, so kann durch blosse Irradiation eines Eindrucks
von einem Empfindungsnerven in der Substanz des Rückenmarks
und Gehirns selbst bis auf die Ürsprungsstellen anderer Fasern,
Ausbreitung der Empfindung entstehen. Wir wissen ja, dass bei
Affectionen des Rückenmarks die Empfindungen auch in den äusseren
Theilen zu seyn scheinen, wie z. B. die Entzündung
des Rückenmarks mit den heftigsten Schmerzen in den Gliedern
verbunden ist, während doch die Nerven dieser Theile vom
Rückenmark aus nach aussen hin keine Empfindungen erregen
können. Auch die Empfindung der formicatio in der äussern
Haut ist oft nur eine im Rückenmark selbst ihre“Ursache habende
Empfindung^ ja diese Empfindung, wenn sie nicht durch Druck
auf die Nerven selbst verursacht wird, ist sogar ein fast constantes
Symptom aller Rückenmarksaffectionen, mögen sie vorübergehend
seyn, wie in der Epilepsie, oder dauernd wie bei Neuralgia dorsalis
ond Tabes dorsalis. Dieser Empfindungen im Rückenmark wird man
sich auch nicht dort bewusst, wo man sich die Lage desselben
vorstellt. Das Ameisenlaufen findet bei Rückenmarkskrankheiten
nicht im Laufe des Rückgrats statt, sondern eben in allen Theilen,
zu welchen der verletzte Theil des Rückenmarks Nerven schickt.
Eben so mag es auch wohl mit der Irradiation der Empfindungen sevn.
III. Ueb e r die Vermi s chung ode r Coincid enz mehr e r e r
Empf i ndunge n .
Die Schärfe und Deutlichkeit der Empfindungen scheint von
der Zahl der Primitivfasern abzuhängen, welche sich in einem
Theile verbreiten; je sparsamer diese Fasern aber einem Organe
zugetheilt sind, um so eher wirken die Eindrücke auf mehrere
naheliegende Theile nur auf eme einzige Primitivfaser, und um
so leichter müssen diese Eindrücke auf verschiedene Theile
der Haut mit einander verwechselt werden. E. H. W eber hat
sehr interessante Beobachtungen über den Grad der Schärfe der
Empfindungen, in Hinsicht der Unterscheidung der Distancen an
den verschiedensten Theilen des Körpers angestellt. Annotat.
anat. et physiol. p. 44—81. Diese Versuche wurden so angestellt,
dass die Haut bei verschlossenen Augen mit den Schenkefn eines
Slangencirkels, dessen Enden mit Korkstöpseln versehen waren,
berührt wurde. W eber suchte dann, bei welcher Entfernung
M ü lle r’s Physiologie. 1.