
«ich, dass der N. sympathicus -wirklich einige Zweigelchen in die
Retina seihst schicke, so Hesse sich selbst daraus nicht einmal
die Verbreitung einer Affection vom Darmkanal bis zur Retina
mit Veränderung des Sehens erklären. Denn dazu müssten alle
Fasern des Sehnerven durch eine ( gangliöse Masse durchgehen.
Wir wissen aber, dass eine Reizung eines einzelnen. Punktes in
der Retina beschränkt bleibt; die Verbindung des N. sympathi-
cus mit der Retina in einem einzigen Punkte würde also auch
bloss möglicherweise eine Mitempfindung in diesem einzigen
Punkte, und nicht eine allgemeine Veränderung des Sehens hervorbringen
können. Wir siossen daher bei der Erklärung der
secundären Empfindungen von dem N. sympathicus auf dieselben
Schwierigkeiten, , wie bei der Erklärung der Irradiation bei den
Cerebrospinalnerven, und es ist wahrscheinlicher, dass alle Mit-
empfinuungen in Cerebrospinalnerven, die vom N. sympathicus
angeregt werden, auch erst durch Vermittelung des Rückenmarkes
und Gehirnes entstehen. Dagegen scheint zwar auf den ersten
Blick zu sprechen, dass in den vom N. sympathicus versehenen
Theilen, da wo die Reizung ist, oft gar nichts, aber wohl
in einem Rückenmarksnerven etwas empfunden wird; allein die
centripetale Erregung in dem N. sympathicus kann sehr wohl zum
Rückenmark gelangen, ohne dass sie als solche zum Bewusstseyn
kömmt, und doch vom Rückenmark weiter Wirkungen hervor-
hringen, z. B. bewusste Empfindungen in andern Nerven erregen.
Dass diess möglich ist, ist unter II. bewiesen worden.
Man sieht aus allem diesem, dass die Theorie dieser refle-
ctirten Empfindungen vom N. sympathieüs aus noch ganz im
Dunkel und wenigstens sehr zweifelhaft, ist.
3. Von den org an i s ch en Wi r k u n g e n des Ne rvus sympathi cus.
Die Gesetze dieser Wirkungen sind uns am meisten unbekannt.
Denn kaum erst sind wir zu dem Puncte gelangt anzuerkennen,
dass eigene graue Nervenbündel oder organische Fasern
überall, auch in den Cerebrospinalnerven selbst die Ursache
der organischen Wirkungen der Nerven bei der Absonderung
und Ernährung sind. Ist nun eine Bewegung oder Oscillation
des Nervenfluidums in diesen Nerven nur in der Richtung von
den Stämmen und Ganglien nach den Aesten (ceptrifugale Wirkung),
oder auch umgekehrt möglich, oder wirkt das Nervenprin-
cip in diesen Nerven nach allen Richtungen, so dass eine Nervenfaser
eben so gut den belebendeu Einfluss nach einer Drüse
hin ausströmen kann, als eine reflectirende Wirkung nach anderen
organischen Nerven von einer gereizten Drüse ans ausüben
kann! Stehen die organischen Nerven durch ihre Communica-
tronen so in Wechselwirkung, dass man von einer Stelle aus die
Absonderung einer; ganzen Fläche vermehren kann; oder ist bei
allen solchen Reflexionen das Rückenmark als aufnehmendes ,und
aasschickendes Bindeglied thätig? Die Thatsachen lassen sich
auf beide Arten erklären; und es lässt sich jetzt nicht mit Gewissheit
bestimmen, welche Erklärung die richtige ist. Doch
giebt es gewisse Fälle, in wélchen die eine oder die andere Art
der Wirkung wahrscheinlicher ist.
I. Wenn nach Empfindungen durch Reflexion Absonderungen in
entfernten Theilen erfolgen, ist wahrscheinlich das Gehirn und Riik~
kètimark das Bindeglied. Die Empfindungsreizung könnte entweder
von den Ganglien der Wurzeln der Empfindungsnerven, durch
•vtelcbe auch Fasern des N. sympathicus durchgehen, ohne zum
Rückenmark zu kommen, zu den organischen Fasern gelängen,
oder vom Rückenmark aus auf diese refleetirt werden. Das
I/etztere ist offenbar das wahrscheinlichere, da die Reflexion
durch das Rückenmark in den motorischen Reflexionen eine
Tbatsache, die Mitteilung der Wirkungen der Fasern in cken
Ganglien der Empfindungsnerven eine unerwiesene Hypothese
Üt. Die Thatsachen, welche hieher gehören, sind sehr häufig.
Nach Einwirkungen aut die inneren Schleimhäute, z. B. nach Getränken,
bricht oft spgleich ein allgemeiner Schweiss aus. Nach
heftigen Empfindungen entsteht zuweilen mit Zufällen der Ohnmacht
ein kalter Schweiss. Bei den letzteren Erscheinungen ist
dié Reflexion durch das Rückenmark ganz offenbar, da die Erscheinungen
bei der Ohnmacht eine Breite haben können, dass
sie nur durch das Rückenmark erklärt werden. Zweifelhafter
ist diese Erklärung bei einigen andern Phänomenen dieser Art.
Nach einer mit Empfindungen verbundenen Reizung der Conjunctiva
öculi et palpebrarum entsteht ein Thränenfluss; nach heftigen
Empfindungen in der Schleimhaut der Nase durch fixe Reizmittel,
die auf die Schleimhaut der Nase, oder flüchtige, die in
den Mund gebracht werden, entsteht ebenfalls Thränenfluss. Senf
und Mèerrettig erregen zuweilen schon vom Munde aus diese
Erscheinung. Man pflegt diese Erscheinungen so zu erklären,
dass man die Empfindungsreizung von dem N. ethmoidalis auf den
Stamm dés ersten Astes vom N. trigeminus, und von dort aus
wieder auf den N. lacrymalis reflectiren lässt; so erklärt man
auch den Thränenfluss von Reizung der Conjunctiva, indem man
die Empfindungsreizung der Conjuctiva auf den' Stamm des ersten
Astes, und dort wieder auf den Ramus lacrymalis sich reflectiren
lässt. Indessen ist diese Erklärung für beide Fälle fehlerhaft.
Denn ein Gerebrospinalnerve kann, da keine Communication
der Primitivfasern in ihm stattfindet, auch keine Empfindungsreizung
eines Theiles seiner Fasern auf andere reflectiren.
Andere erklären jene Erscheinungen von Sympathie der Nasenschleimhaut
mit der Thränendrüse durch das Ganglion spheno-
pälatintim, welches nach Einigen durch sympathische Fäden mit
dem Ciliarknoten verbunden seyn soll. Da nun dieser durch die
lange Wurzel des Ganglion ciliare mit dem N. nasalis, und also
mit dem Stamme des ersten Astes, der den N. lacrymalis abgiebt,
verbunden ist, so sey der N. lacrymalis mit dem Ganglion sphe-
nopalatinutn in unmittelbarem Zusammenhang. Gegen diese Erklärung
lässt sich dasselbe einwenden, wie gegen die vorige, indem
eine Reizung, die zum Ganglion ciliare auf den N. nasalis
bis in den Stamm des ersten Astes des N. trigeminus gelangt,