
G'20 III. Buch. Ncrvcnphysik. I. Ahschn. Eigenschaftend. N. im'Allgem,
Lichtes brennt, diess habe ich sowohl hei Fröschen als Kaninchen
gesehen; kleine Wärmegrade, wie z. B. ein erwärmtes Stück
Eisen, wirken auf die Müskelnerven nicht so heftig, dass Muscu-
larcontraction erfolgt.
Dass die Kälte eben so wirkt, zeigt bereits die ältere Beobachtung,
dass sogleich heftige Contractionen in einem Muskel
erfolgen, wenn man kaltes Wasser in die Arterie des Muskels
einspritzt; auch kaltes Wasser- auf die Oberfläche eines Mus-
kels gegossen, erregt Contraction. Von dieser Wirkung hat man
auch bereits Anwendung in der practischen Medizin gemacht,
indem man bei Atonie des Uterus und Gebärmutterblutflüssen
nach der Geburt kaltes Wasser in die Gefässe der noch anhängenden
Placenta einspritzt. ,So erfolgen auch consensuelle Zusammenziehungen
der Iris, wenn man kaltes Wasser in die Nase
schlürft. Grosse Kälte- und Wärmegrade zerstören übrigens,
mögen sie schnell oder allmäblig wirken, die N'ervenkraft, und
es erfolgt lo d oder Scheintod. Sehr allmählige Zunahme der
Wärme und Kälte kann die Reizbarkeit latent machen, so dass
Winterschlaf und Sommerschlaf bei gewissen Thieren . erfolgt.
Siehe oben p. 90.
Die rein örtliche Zerstörung der Nervenkraft durch Kälte
und Wärme wirkt, wie die rein örtliche Zerstörung derselben,
durch mechanische Ursachen, Ein überaus heftiger Grad von
künstlicher Kälte zerstört, eben so wie die Hitze, die Empfindlings
und Bewegungskraft in den entsprechenden Theilen.
Allein alle andere Stellen der Nerven behalten ihre Reizbarkeit
, und der am Ende verbrannte Maskelnerve bewirkt
Zuckungen, wenn er zwischen der verbrannten Stelle und dem
Muskel gereizt wird, wie ich micb an Fröschen und Kaninchen
überzeugte.
3. Chemische Reize. r
Alle chemischen Reize wirken auf die Empfindungskraft der
Nerven, so lange diese noch mit dem Gehirn und Rückenmarke
unversehrt in Verbindung stehen. Die Alkalien bewirken auch
Zuckungen, wenn sie auf die Nerven applicirt werden; viele andere
Reagentien, besonders die Säuren und die Metallsalze, bewirken
dagegen, auf die Nerven applicirt,' keine Spur einer Zuk-
kung, sondern nur dann,.wenn sie auf die Muskeln selbst angewandt
wdrden, so z. B. die mineralischen Säuren, Schwefelsäure,
Salpetersäure, Salzsäure, Sublimat., salzsaures Antimonium, auch
Alkohol. Alle diese Mittel zerstören sogleich jim concentrirten
Zustande die Kräfte der Nerven, und machen sie unfähig von
anderen Reizen irritirt zu werden, hinter der Stelle, -wo' die
Berührung mit den Reagentien stattfindet; dagegen behalten
die Nerven ihre motorische Kraft zwischen der chemischen
-Zerstörung und dem Muskel. Alle die genannten Mittel zerstören
auch das Muskelfleisch, bewirken aber im Moment des
Contactes Zuckungen,, die beim Alkohol am schwächsten sind,
die ich aber doch einigemal bei Kaninchen beobachtet habe.
Dagegen bewirken Alkalien oft die heftigsten Zuckungen, sobald
sie auf die Nerven applicirt werden, oft viel heftigere als der
2. Reizbarkeit der Nerven. Elektrische Reize. 621
Galvanismus eines einfachen Plattenpaars. Bei der Application
von Kali causticum auf einen Nerven sah ich wie v. Humboldt die
heftigsten, anhaltenden Zuckungen in allen Muskeln entstehen,
die von diesem Nerven Aeste erhalten. A. v. Humboldt hat
das Zittern 40—50 Secunden beobachtet. Derselbe beobachtete
auch, dass die Zuckungen erfolgen, wenn vorher um den Nerven
eine oder mehrere Ligaturen gelegt worden. A. von Humboldt
Versuche über die gereizte Muskel- und Nervenfaser. Posen,
1797. II- Bd. p. 363. Hier geschah die Fortleitung des Alkalis
durch die Ligaturen. Durch die Säuren- sah Humboldt keine
Zuckungen entstehen; die einzigen Substanzen, welche aut die
Nerven applicirt nach Humboldt Zuckungen erregen, sind Kali,
Natron, Ammonium, (Opium?), salzsaure Scnwererde, oxy ir-
ter Arsenik, Brechweinstein, (Alkohol, oxygenirte Salzsäure.)
Von beiden letzteren habe ich keine Zuckungen gesehen, wenn
sie auf den Nieren allein applicirt wurden, auch nicht von
Opium, wenn es rein, als wässrige Auflösung, applicirt wird.
A. v. Humboldt hat ,die Tinctur angewandt, bei welcher vielleicht
der Weingeist wirkte, obgleich auch in einem Versuche
von mir Opiümtinctur unwirksam war. Auch durch das
Blut bewirken reizende. Mittel Nervenrei.zung. Man weiss, dass
Brechmittel, ins Blut, eingespritzt, eben so wirken, wie wenn sie
in den Darmkanal gelangen, so erregen Brechweinstein und salzsaure
Scbwererde, bloss in Wunden gestrichen, Erbrechen.
Scheel n o rd isch e s Archiv 2. St. 1. p. 137. Magendie sur le vomis-
sement. p. 16. 30. Brodie philos. transact. 1812.
4. Elektrische Reize {nach J. Mueller in dem encyclop. f r orterb.
der medic. JVissenschafteh).
Die Elektricität bewirkt in den Nerven dieselben Reactionen,
wie die mechanischen und chemischen Reize. Durch mechanische
Zerrung der Nerven erhält m an die Empfindung eines Schlages indem
Nerven, wie man beim Anstossen an den N. ulnaris erfährt; dasselbe
fühlt man bei einer elektrischen Entladung durch einen
Nerven. Man darf diese Empfindung nur als Gefühl betrachten,
und nicht die Ursache, die Elektricität, mit der Reaction des
Nerven verwechseln. Die Empfindung des Schlags ist nicht
die Action der Elektricität, sondern die Action des Nerven, welcher
bei jeder heftigen Veränderung in dem Zustand seiner kleinsten
Theile diese Empfindung hat, mag diese nur durch thierische
Reize oder durch mechanische Einflüsse, oder durch Elektricität
erzeugt seyn. Die Entdeckung der galvanischen Elektricität im
Jahre 1790 hat Gelegenheit gegeben, durch Application des elektrischen
Reizes auf einzelne Nerven die Reizbarkeit derselben
mehr zu prüfen, obgleich man in diesem wichtigen Agens nicht
ein den Nerven ähnlich wirkendes Fluidum, sondern nur einen
neuen Reiz zu der Zahl der bekannten Reize der Nerven kennen
gelernt hat. Heterogene Metalle und viele andere heterogene,
selbst thierische Substanzen gerathen bei der Berührung in elektrische
Spannung, die, wenn eine Leitung durch einen leitungsfähigen
Körper zwischen den beiden Elektromotoren Stattfindet,
d. h. wenn die Kette geschlossen wird, sich ausgleicht und die