gang auf Veranlassung einer Reizung der Empfmdüngsnerven
der Haut. . . ;
h) Das Rückenmark ist der Reflexion von Empßndungsner-
ven auf Bewegungsnerven fähig', ohne selbst zu empfinden. Die
Behauptung, dass das Rückenmark auch zu dem Sensorium commune
gehöre, stützt sich zum Theil auf die Thalsache, dass hei
geköpften Thieren Reize an der Haut des-Rumpfes' angebracht,
Bewegungen in nahen und entfernten Theilen desselben hervorbringen.
Allerdings zieht der Rumpf eines Frosches, dessen Hirn
vom Rückenmark getrennt ist, auf einen Hautreiz oft ein Glied
an. Die Schildkröten thun es auch j' diess findet aber seine volle
Erklärung in der reflectirenden Function des Rückenmarkes, in
dem Vermögen, die centripetale Wirkung eines Empfindungsnerven
auf motorische Nerven zu reflectiren. Wir haben' früher
gezeigt, dass die Reflexion von einer1 Empfindubgsreizung auf einen
Bewegungsnerven durch das Rückenmark am leichtesten bei
Nerven nahen Ursprunges geschieht; und es darf uns nicht wundern,
wenn auf Reizung der Haut des Fusses der Fuss, auf Reizung
der Haut des Armes der Arm angezogen wird. Diess geschieht
eben so unwillkührlichi'm heftigen Verbrennungen bei
Menschen, ja es geschieht auch bei jedem Menschen1 in den Reizungen
der Schleimhaut des Schlundes;-des Kehlkopfes, der Luftröhre.
Immer entstehen dann' unwillkührlich die Reflexionsbewegungen
am leichtesten an demselben Theile, an dem Schlunde,
durch unwillkürliches Schlingen, an dem Kehlkopfe durch Verengerung
der Stimmritze u. s. w. Das Anziehen der Extremitäten
bei einem geköpften Frosche auf Reizung dér Haut' derselben
geschieht daher eben ,so wenig bewusst und mit Absicht;'als der
allgemeine tetaniscbe Krampf bei Berührung der Haut einer geköpften
Salamandra-i maculata oder eines narcotisirtcn Frosches.
Es. ist hier nur noch der Beweis zu-führen, dass es auch im gesunden
Zustande des -Moiisebe» reflectirte Bewegungen, nach Erregung
von Empfindangsnerven , 'ohne" alles ' Bewusstsein giebt.
Bei den von dem" kranken Magen, Darmkanal, Nieren, Leber,
Uterus erregten Erbrechungsbewegungen der Rumpfmuskeln wird
die Ursache in Magen, Darm, 'Nieren, Uterus, Leber sehr häufig
und in der Regel nicht empfunden; d. h. die nach dem Rückenmark
und der Medulla oblongata gelangende centripetale Erregung
der Empfindungsnerven kömmt nicht zum Bew'usstseyn.' Und
so sehen wir deutlich, dass das Rückenmark hei der Reflexion
nicht nothwendig empfindet, und, dass jene Beweise von dem’mit
Bewusstseyn verknüpften Empfindungsvermögen des Rückenmarkes
ungegründet .sind.: Auch der vom Rumpf getrennte Kopf
kann uns.Reflexiouserscheinungen zeigen, ohne dass 'eine entfernte
Wahrscheinlichkeit vorhanden wäre, dass ein vom Rumpfe getrennter
Kopf eines Menschen oder höhern Thieres'noch bewusst
empfinde. Der mit i einer solchen Verletzung verbundene Blutverlust
ist grösser, als irgend einer, der beim Menschen gewöhnlich
schon das Bewusstseyn nimmt; abgesehen von den anderen
Folgen einer solchen Verletzung, wie die Zerschneidung des obersten
Theiles des Rückenmarkes. Wenn der Kopf eines Hinge1
richteten hei Reizung’ des Stumpfes vom Rückenmark Zuckungen
in den Gesichtsmuskeln erscheinen lässt, so ist es nicht anders
möglich; ja es würde uns nicht einmal wundern, wenn die Reizung
der Haut des Kopfes an einem enthaupteten Thiere oder
Menschen noch Reflexionsbewegungen bewirkte; denn diess wäre
durchaus dasselbe Phänomen, wie die Reflexion an Stücken eines
zerstückelten Salamanders; und eben so ist die Erscheinung zu
beur theilen, dass an einem vom Rumpfe getrennten Kopfe einer
jungen Katze,1 welchem man den Finger in den Schlund bringt,
der Schlund sich fest um den Finger, wie zum Schlingen anlegt.
c) Das Rückenmark ist ein motorisch geladener Apparat,
welcher selbst nach der Trennung vom Gehirn, und ohne äussere
Reize durch Entladung automatische Bewegungen hervorbringen
kann. Diess ist bei den Nerven, wenigstens denjenigen
des Cerebröspinalsystems, nicht der Fall, obgleich die motorische
Thätigkeit des sympathischen Systems hierin dem Rückenmark
gleicht. S. oben p. 741. Ein Gehirnnerve oder Spinalnerve,
der von den Centraltheilen getrennt ist, bewirkt, ohne dass er
gereizt wird, keine Bewegungen m den Muskeln mehr; das
Rückenmark dagegen kann, auch von dem Gehirn getrennt, noch
Entladungen nach den Muskeln bewirken. Die Salamandra maculata
steht, wenn man ihr den Kopf abgeschnitten hat, noch
auf ihren Füssen. Der Rumpf der enthaupteten Frösche bewegt
sich zuweilen (nicht immer, und häufig gar nicht) noch, er zieht
ein Bein an oder streckt es. Der Aal windet sich nach dem
Abschrieiden des Kopfes noch geraume Zeit. Bei den Experimenten
an Amphibien muss man sehr vorsichtig seyn. Ist der
Kopf zu kurz vom Rumpfe abgeschnitten, so enthält das Rumpfstück
noch einen Theil des verlängerten Markes, und dann ist
allerdings nicht bloss automatische, sondern selbst willkührliche
Bewegung des Rumpfes, möglich, so gut dem obern Theile des
Rumpfes eines hinter dem Kopfe getheilten Frosches noch bewusste
Empfindung und Willkühr zukömmt, wie man deutlich
genug in Experimenten sieht. Noch ein anderer Umstand, auf
den Märshall H all (siehe oben p. 726.) aufmerksam gemacht
hat, verdient grosse Beachtung. Eine enthauptete Schlange befindet
sich in dem zu den Reflexionserscheinungen geneigtesten
Zustande. Eine Berührung ihrer Haut ruft reflectirte Bewegungen
hervor; durch diese Bewegungen entstehen wieder neue Berührungen
an- verschiedenen Theilen des Körpers, die immer wieder
neue Bewegungen veranlassen. Ist das Thier endlich in Ruhe
gekommen, so reicht'eine kleine Erschütterung oder Berührung
hin, dasselbe-Spiel zu wiederholen.
j d) Das Rückenmark,; zu automatischen Wirkungen auf die
Bewegungsnerven fähig, lässt im Zustande der Gesundheit einen
grossen Theil der Bewegungsnerven, namentlich die der Ortsbewegung,
ruhig, aber auf viele andere Nerven wirkt es in einem
fort motorisch, indem es sie in beständigen unwillkührlichen Zu-
sammenZiehungen erhält, die erst mit der Lähmung des Rückenmarkes
aufhören. Hieher gehören a. der Willkühr zugleich
unterwoxfene Muskeln, wie der Sphincter ani, h. der Willkühr