
Der N-. vagus giebt nämlich unter spitzem Winkel einen starken
Ast durch einen besonderen Knochenkanal zum N. facialis; dieser
Ast geht mit einem Zweig geradezu in den N. facialis über;
mit der Fortsetzung des Astes verbreitet er sich am aussern Ohr.
Dieser Nerve, den wir heim &alb sowohl als beim Menschen gesehen
haben, ist offenbar die Hauptursache der Empfindlichkeit
des N. facialis.
III. Capitel. Von den sen sitiv e n und m o to ris c h e n E ir
g e n s c h a fte n des G an g lien n e rv en .
1) Der Gangliennerve hat Empfindung. Einige Beobachter
haben diesem Nerven die Fähigkeit, Empfindungseindrücke zu
leiten, abgesprochen. Bichat hat das Ganglion cpeliacum des
Hundes mechanisch und chemisch gereizt, ohne, Schmerz zu erregen.
Dupuy schnitt den Thieren das Ganglion ,cervicale( infe-
rius, ohne dass sie Schmerz empfanden, aus. Auch W utzer
konnte an den Lendenknoten eines Hundes keinen Schmerz erregen.
De gangl. fabnea. Berol. 1817. Damit stimmen auch die
Beobachtungen von Magendie und Lobsteusu überein. Dagegenhat
F lourens bei solchen Versuchen immer mehr oder weniger
deutliche Zeichen des Schmerzes beobachtet. ' Versuche über das
Nervensystem, p. 181. Brächet sah bei seinen Versuchen bald
Schmerzensäusserungen, bald nicht. Recherchessur les fonciions
du syst, nerveux ganglionaire. Paris 1&30, p. 307;. Auch Mayer
hat beobachtet, dass beim Durchschneiden des Ganglion cervicäle
supremum, so wie bei Beizung des Plexus solaris, die Thiere
deutliche Schmerzensäusserungen von sich gaben. Act. natficur.
NVl. p. 2. Diesen letzteren Naturforschern muss ich nach meinen
Beobachtungen durchaus beistimmen. Ich sah nicht allein
mehrmals bei mechanischer und chemischer Reizung des Ganglion
coeliacum bei Kaninchen deutliche Zeichen des Schmerzes, sondern
habe auch bei den mit Dr. P eipers angestellten, p. 468. erwähnten
Versuchen , beim Unterbinden der-Nierennerven immer
ganz deutliche Zeichen eines lebhaften Schmerzes beobachtet.
Deutlicher noch als Versuche beweisen die krankhaften schmerzhaften
Empfindungen in den allein vom Gangliennerven versehenen
für die Empfindlichkeit dieses Nerven. Ich muss E. H. W eber
vollkommen beistimmen, wenn er sagt: ich meines Theils
halte die alltäglichen Beobachtungen über die Schmerzen in diesen
Theilen, welche unempfindlich seyn sollen, für beaebtens-
werther als jene Experimente. Hildebrandt’s Anatomie. 3. 355.
Gleichwohl sind die Empfindungen in den vom Gangliennerven
versehenen Theilen ungleich schwächer und dunkler als in allen
anderen Theilen; denn wir empfinden selten die sehr kalt oder
heiss genossenen Speisen im Magen, oder eben so wenig bringen
heftige Reize der äussern Haut, wie Senf, Meerrettig etc., in diesen
Theilen Empfindungen hervor, und nur sehr heftige Eindrücke
können die ganze Empfindungskraft dieser Theile so stark,
wie in anderen Organen aufregen, was man durch die REii/sche
Hypothese erklärt hat, dass die Ganglien die Natur eines Halbleiters
haben,, gewöhnlich die Leitung schwächerer Eindrücke
verhindern, und nur hei grosser Intensität der Reizung die Leitung
zulassen. Obgleich diese Ansicht sich nicht streng beweisen
lässt, sp scheint doch eine Beobachtung von Bracret (a.ia.jO.
p, ,307.) dafür zu sprechen. Brächet wüll nämlich an einem lebenden
Schaf die Ganglia thoracica, des;Gangliennerven gereizt haben.
Er durchschnitt, die Rippenknorpel der rechten Seite, ziemlich
nahe am Brustbein, hielt die Lunge gegen das, Sternum und
erkannte nun, die: Ganglia thoracica des Gangliennerven, zu den
Seiten der Wirbelsäule. . Brächet, beobachtete keine Schmerzens-
zeichen, wenn er die Ganglien oder den Grenzstrang zwischen
diesen Ganglien stach; als er aber einen Ramus co,mmunicans des
Gangliennerven mit einem Spinalnerven reizte, entstanden deutliche
Schmerzenszeichen, was er in wiederholten Versuchen wiedersah.
Auch beobachtete derselbe, dass Ganglien, welche anfangs
unempfindlich schienen, durch öftere Reizung empfindlich
wurden.
, 2) Der Gangliennerve besitzt motorischen, aber uncvillkührlichen
Einfluss auf die vvn ihm versehenen Theile. Da die Zusammenziehungskraft
der Muskeln, wie aus meinen und Sticker’s Versuchen
hervorgeht, von ihrer Wechselwirkung mit den Nerven abhängt,
einige Zeit nach der Durchschneidung ihrer Nerven, wenn
diese unverheilt sind, so gut wie. die Nervenreizbarkeit vergeht,
so folgt, dass auch die Zusammenziehungen der unwillkührlichen
Muskeln unter der Herrschaft der Nerven stehen müssen, und
nicht wie Halter glaubte, ihnen als Muskel selbst eigen sind.
Wir besitzen auch einige directe Beweise vom motorischen Einfluss,
des Gangliennerven auf die Muskeln. A. v. Humboldt hat
durch Galvanisiren der N, cardiaci bei Säugethieren Bewegungen
des Herzens hervörgerufen. Da diese Versuche noch mit
dem einfachen galvanischen Reize angestellt waren, so haben dieselben
allerdings einen hohen Werth. Auch Burdach sah Verstärkung
des'Herzschlages eines getödteten Kaninchens, als er
das Halsstück des Gangliennerven oder das untere Halsganglion
armirte., Physiol. 4. 464. Ebenderselbe hat bei einem getödteten
Kaninchen durch Betupfen des Gangliennerven mit causti-,
schem Kali oder ätzendem Ammonium den Herzschlag wieder
beschleunigt, was mir nicht gelingen wollte. Wutzer sah, als er
das zweite Ganglion lumbare, das durch untergelegtes Glas iso-
lirt war, durch die Pole einer Säule armirte, alle Theile des_Un-
terleibes und selbst die Schenkelmuskeln dieser Seite in Zittern
gerathen (a. a. O. p. 127.), und ich seihst sah, als ich den N.
splanchnicus eines Kaninchens durchschnitt, das peripherische,
mit dem Darmkanal verbundene Stück auf einer Glasplatte iso-
lirte, und mit einer Säule von 65 Plattenpaaren armirte, die peristaltischen
Bewegungen des ganzen Darms lebhafter werden,
und als nie schon aufgehört hatten, sich wieder erneuern. Die
letzten Versuche von W utzer und mir beweisen eigentlich nicht
viel und sind fehlerhaft, weil die galvanische Action zu stark war;
in diesem Falle kann das, galvanische Fluidum durch einen, Ner