
hängigen Bewegungen fast über den ganzen Körper sich erstrek-
ken, indem sie dann an Bauch, Brust, Hals und Gesicht beobachtet
werden. Bell vermuthet, dass ein besonderes System
von Fasern in der Medulla oblongata und im Rückenmark die
gleichzeitigen und übereinstimmenden Wirkungen der Athem-
nerven der 2 Systeme beherrsche. Alle Athemnerven dienen
auch vorzugsweise dem Ausdruck der Leidenschaften. Ausser der
Concurrenz eines grossen Theils der Spinalnerven zum Athmen,
unterscheidet Bell als besondere Athemnerven für besondere Regionen
:
1) Nervus vagus , Atbemnerve des .Kehlkopfs.
2) N. facialis, Atbemnerve des Gesichtes. Die Wirkungen
dieses Nerven treten beim Athmen um so mehr hervor, je angestrengter
es, ist, z. B. bei aufgeregter Thätigkeit und bei sehr geschwächten
Menschen. Die Erhebungen und Senkungen der Nasenflügel
und die Verzerrungen der Gesichtsmuskeln bei diesem
ängstlichen Athmen sind von jenem Nerven abhängig. Die Durchschneidung
dieses Nerven nimmt dem Antlitze seine Sympathie
mit den Athemorganen und den Ausdruck des Affectes, Bei den
Thieren nimmt die Ausbildung dieses Nerven mit dem Mangel
der leidenschaftlichen Bewegungen in ihrem Gesichte ab.
3) Der obere Rumpfathemnerve, Nervus accessorius Willisii,
ausgezeichnet durch seinen merkwürdigen Verlauf, dass seine vom
obern Theile des Rückenmarks kommenden einfachen, zwischen
den doppelten Wurzeln der Spinalnerven entspringenden Wurzeln,
zu seinen Wurzeln von der Medulla oblongata aufsteigen, dass er
also mit einem grossen Theile seiner Wurzeln in die Sehädelhöhle
aufsteigt, um als Nervenstamm wieder aus ihr herauszutreten.
Dieser Nerve verstärkt zum Theil den Vagus,' und beherrscht die
Thätigkeit des Muse, cucullaris bei Ausübung seiner Functionen
als Atheminuskel, indem er durch das Heben der Schulter die
Brust von ihrem Gewichte befreit. Durchscbneidet man den
Nervus accessorius bei einem lebenden Thiere, so hört nach Bell
die Mitwirkung jenes Muskels beiin Athmen auf, während die Fähigkeit
desselben zu willkürlichen Bewegungen (durch Aeste von
Cervical-Nerven noch forldauert.
4) Der grosse innere Athemnerve. Nervus phrenicus. Zwerch-,
fellsnerve.
A u f den Nervus thoracicus posterior ist von Bell mehr Gewicht
gelegt worden, als er verdient.
Die Quelle aller dieser Nebenwirkungen ist, wie wir gesehen
haben, die Medulla oblongata. Ihre Verletzung hebt alle Athem-
bewegungen auf Dagegen eine Verletzung des Rückenmarks im
5. Halswirbel, welche den N. phrenicus noch nicht betheiligt,
nach B ell das Athmen durch den Nervus phrenicus, accessorius
und respiratorius externus noch nicht aufhebt. Hier erfolgt die
Exspiration durch blosse Elasticität der Brust- und Bauchwände.
Dagegen athmet nach Bell ein neugebornes Kind noch, wenn
das Gehirn grösstentheils zerstört ist, wenn nur die Quelle der
Athemnerven in der Medulla oblongata unverletzt ist. Bell phy-
siot. pathal. Untersuchungen des Nervensystems, übers, von M. H.
R ombebg. Berlin 1832. p. 126. 338. Vergl. M ueller’s Archiv.
1834. 168.
Ich habe schon angeführt, dass das ganze respiratorische System
der Nerven dem Ausdrucke der Leidenschaften dient. Dasselbe
wird aber auch in vielen anderen Fällen gleichzeitig oder
in einzelnen Theilen seiner Wirkungssphäre affteirt. Die asthmatischen
Nervenaffectionen sind ein Beispiel von convulsivischer Af-
fection des Systems aller Athemnerven. Aber ein Umstand, worauf
Bell nicht aufmerksam gemacht hat, und der mir sehr viel
Licht über viele Erscheinungen zu verbreiten scheint, ist, dass das
System der Athemnerven durch locale Reize in allen Theilen,
welche mit Schleimhäuten versehen werden, in krankhafte Thätigkeit
zu Erzeugung convulsivischer Bewegungen gesetzt werden
kann. Reize auf die Schleimhaut der-Nase bewirken Niesen, Reize
im Schlund, in dér Speiseröhre, im Magen, im Darm bewirken
die Concurrenz der respiratorischen Bewegungen zum Erbrechen,
heftige Reizung im Mastdarme, in der Urinblase, im Uterus, bewirken
die Concurrenz. der respiratorischen Bewegungen zum
unwillkürlichen Stuhlgang, und Harnlassen und zum Austreiben
der Frucht. Reize der Schleimhaut des Kehlkopfes, der Luftröhre,
der Lungen, ja selbst ein Jucken erregender Reiz in der
eustachischen Trompete bewirken Husten.
Alle diese Bewegungen, Husten, Erbrechen, krampfhaft unwillkürlicher
Stuhlgang, unwillkürliches, mit Zwang verbundenes.
Harnlassen, Averden mit Hülfe der RespirationsbeAvegungen aus-
geführt. Der locale Reiz wirkt hier von der innern Haut der
Eingeweide auf die darin sich verzweigenden Aeste des Sympa-
thicus, bei Magen, Schlund, Kehlkopf, Lungen auch auf die Aeste
des N. vagus,- in der Nase auf Nasaläste des N. trigeminus, und
reflectirt sich auf die Quelle der Athembewegungen in der Medulla
oblongat-a und auf das Rückenmark, von welchen aus nun
die Gruppen der respiratorischen BeAvegnngen ausgehen, welche
Erbrechen, Husten, Niesen etc. bewirken. Reizung der Nasaläste
des N. trigeminus in der Nase bewirkt Niesen, und selbst
dann, wenn die Reizung secundär ist, wenn z. B. der Reiz des
Sonnenlichtes auf den Sehnerven zuerst, dieser auf das Gehirn
wirkt, das Gehirn eine secundäre „Erregung der Nasennerven und
gleichzeitig derL Athemnerven verursacht. leb niese, wie viele
Andere, sobald ich helles Sonnenlicht sehe. Reizung des Vagus
allein in Kehlkopf, Luftröhre, Lungen erregt Husten, Reizung
des Schlundastes des Vagus und des glossopharyngeus im Schlunde,
des Vagus im Magen erregt Erbrechen. Wir wollen nun die
einzelnen Gruppen dieser sympathischen Respirationsbewegungen
durchgehen.
Alle einzelnen Athembewegungen können isolirt ausgeführt
werden,, und verbinden sich, zuweilen, zu Gruppen, wie sie in der
Regel beim Athmen nicht stattfinden..
Die Zusammenziehung des Zwerchfells,, verbunden, mit den
Athembewegungen zum Ausathmen, findet beim gewaltsamen Austreiben
eines Körpers aus Theilen der Bauchhöhle, Avillkürhch
oder unwillkürlich statt, z. B. willkürlich beim Stuhlgang und