
Unterschied der organischen und unorganischen Körper hetrifft
also die Zahl der in sie eingehenden Elemente,. Nicht alle Ele-
mènte gehen in die Zusammensetzung der organischen Körper
ein, mehrere sind füh das Lehen derselben schädlich. Der zweite
Unterschied betrifft die Art der Combination. Die Verschiedenheit
der unorganischen und' organischen Materie beruht höchst
■wahrscheinlich in folgender zuerst von F ourcroy und Berzelius
dargestellten Eigenthümlichkeit;
1) In der unorganischen Natur -giebt es nur binäre Verbindungen
, indem zwei einfache Stoffe sich unter sich verbinden;
oder diese binäre Verbindung wieder mit einem andern Stoffe
oder einer andern binären Verbindung sich vereinigt. Die Kohlensäure
ist eine binäre Verbindung von Kohlenstoff und Sauerstoff,
das Ammonium eine binäre Verbindung von Stickstoff und
Wasserstoff; Kohlensäure und Ammonium verbinden sich zu kohlensaurem
Ammonium.
Sauerstoff 1 Tr , .
Kohlenstoff! KoMensaure
Wasserstoff! .
Stickstoff 1
1
> kohlensaures Ammonium.
Eine unmittelbare Verbindung von 3, 4, oder mehreren Stoffen
unter einander, wo alle Bestandteile gleich mit einander verbunden
sind, scheint nur unter dem Einflüsse des tierischen
oder pflanzlichen Lebens oder der organischen Kräfte möglich.
So entsteht aus denselben Elementen Sauerstoff, Kohlenstoff, Wasserstoff;
Stickstoff, welche durch binäre Verbindung kohlensaures
Ammonium bilden, unter dem Einflüsse des organischen Lebens
organische Materie. Diese Verbindungen wennt man nach der
Zahl der ‘zugleich gebundenen Elemente ternäre und quaternäre.
So sind Pflanzenschleim, Zucker, Stärkmehl, Fett, ternäre Verbindungen
von Kohlenstoff, Sauerstoff und Wasserstoff. Quaternäre
Verbindungen sind der Kleber, der Eiweissstoff, der Faserstoff,
der tierische Schleim, der Käsestöff, sie enthalten als vier^'
ten Bestandteil noch Stickstoff. Allé chemischen Verbindungen
der unbelebten Natur sind binäre, in erster 2. 3. 4. Ordnung,
nämlich entweder einfach binäre Verbindungen aus zwei Elementen
, oder Verbindungen eines Elementes mit einer binären Verbindung,
oder binäre Verbindungen von binären Verbindungen
der Elemente. Diese Theorie der Zusammensetzung der organischen
Körper aus ternären und quaternären Zusammensetzungen
isLzwar von Einigen in Zweifel gezogen, hat aber immer noch,
namentlich in Beziehung auf die höheren organischen Verbindungen,
wie sie in den Pflanzen und Thieren selbst Vorkommen, als
Eiweiss, Faserstoff u. a. eine grössere Wahrscheinlichkeit. Dagegen
giebt es allerdings Producte aus organischen Stoffen, welche
erwiesen binär zusammengesetzt sind, wie der. Weingeist (aus Ae-
ther und Wasser) u. a. Die Art der Verbindung der Elemente
ist jedenfalls in den organischen Körpern so- eigentümlich und
durch so eigentümliche Kräfte bewirkt, dass die Chemie zwar
organische Verbindungen aufzulösen, aber keine zu bilden vermag.
B erard, P roust, D oebereiner, H atchett glauben zwar organische
Verbindungen künstlich erzeugt zu haben; allein diese haben sich
niöbt hinlänglich bestätigt, und es können nur W oehlers Entdeckungen
hierher gerechnet werden. Bei Sättigung von wässerigem
Ammonium diirch Cyangas, enthält die Flüssigkeit viel Kleesäure
wie W oehler entdeckt hat. Auch bei der Darstellung des
Kaliums aus Kohle und kohlensaurem Kali, geht mit dem Kalium
eine schwarze Masse über, die mit Wasser behandelt viel oxal-
saures Kali giebt. Die Kleesäure wird ]edoch jetzt als eine binäre
Verbindung von Kohlenstoff und Sauerstoff betrachtet; sie
zersetzt sich zwar, wenn man ihr alles Wasser entzieht; hierin
verhält sie sich indess wie Salpetersäure, die beim Entziehen des
letzten Anteils von Wasser sich zersetzt. M itscherlich Chemie
416. Nach W oehler’s Entdeckungen erhält man Harnstoff statt
cvanicbtsäuren Ammoniaks, wenn man frisch gefälltes cyamcht-
saures Silberoxyd mit-einer Auflösung von Chlorammonium uber-
ciesst wobei sich däs Silbersalz in Chlorsilber verwandelt. Harnstoff
bildet sich auch bei der Zersetzung des cyamchtsauren
Bleioxyds durch wässeriges Ammoniak. Die Auflösung enthalt anfangs
cyanichtsaures Ammoniak, aber nach dem Verdunsten der
Auflösung verwandelt sich das Salz, in Harnstoff. So fand auch
W oehler / dass sich Ammoniakgas und cyamchtsaurer Dampf zu
cyanichtsaurem Ammoniak cöndensiren, das sich aber beim
Schmelzen, Kochen oder freiwilligen Verdunsten seiner Auflösung
in Harnstoff verwandelt. So bildet sich auch zuerst cyanichtsaures
Ammoniak und daraus Harnstoff, wenn man cyamchte Saure
mit Wasser, oder mit flüssigem Ammoniak zusammenbringt. G me-
lin’s Chemie 3. 6. BerzelIus Thierchemie. 3o6. Der Harnstoff
stellt indess an der äussersten Grenze der organischen Stoffe, und.
ist mehr Excretum, als Bestandteil des tierischen Körpers. Der
Harnstoff ist vielleicht nicht einmal eine solche Verbindung, welche
die charakteristischen Eigenschaften der organischen Producte hat.
2 ) . B erzelius führt auch einen andern wesentlichen Unterschied
an. In den organischen Verbindungen zeigen die Mischungsgewichte
kein so einfaches Zablenverhältniss, als in den
unorganischen. So giebt es z. B. eine grosse Menge von Fettarten,
die, Chevreul untersucht hat, und die nach ihm zum Theil
nur durch Bruchteile in dem Zahlenverhältnisse der Molecule
von einander unterschieden sind.
3 ) . Die organischen Körper bestehen ferner grösstenteils
aus verbrennlicher Substanz, und zwar enthalten die verbrennlichen
Theile der Thiere und Pflanzen (mit Ausnahme der Sauren)
den Sauerstoff, Wasserstoff und Kohlenstoff in einem solchen Verhältnisse,
dass der Sauerstoff nicht hinreichen würde, den sammt-
lichen Wasserstoff in Wasser und den Kohlenstoff in Kohlensäure
zu verwandeln. ' . .
Eine ausführliche Entwickelung dieser Unterschiede findet
man in den classischen Lehrbüchern über Chemie von Berze-
tius und von Gmelin , und über Anatomie von E. H. Weber.
Hildebrandt’s Handb. d, Anut. d, Menschen« 4. Ausgabe von E. *
Weber. I. Band. _ .
Die in den organischen Körpern vorhandene organische Ma