
dass der ins Blut gekommene Brecliweinstein von den Blutgefässen
aus auf die beim Erbrechen betheiligten Organe wirke. Allein
es ist immer noch zweifelhaft, ob er mehr auf die organischen
Excitatoren der Bewegungen, Gehirn, Rückenmark und Nerven,
oder unmittelbar auf die beweglichen Organe selbst wirkt.
6 ) Bewegung des Darms.
Die wurmförmigen oder peristaltischen Bewegungen des Darms,
ebenso unwillkülirlich wie die des Magens, scheinen während des
Lebens schwach, und sind nur in nervöser Reizung, die sich auf
die Gedärme fortpflanzt, in der Dyspepsie und in krampfhaften
Bewegungen, namentlich bei einer Reizung und im Durchfall
schneller; bei eben geöffneten Thieren sind sie sehr unmerklich,
sie verstärken sich aber schnell durch den Reiz der Luft
zu einem ausserordentlichen Grade von Lebhaftigkeit; die Därme
beben und senken sich, treiben ihren Inhalt weiter und im Allgemeinen
immer mehr nach abwärts. Reizt man den Darm mechanisch,
chemisch, galvanisch, so zieht er sich an dieser Stelle,
allmählig sehr eng zusammen, der höchste Grad von Zusammenziehung
erfolgt, wenn der Reiz-schon aufgehört hat, und lässt
allmählig ebenso wieder ab. Wendet man starke galvanische
Reize auf den auf einer Glasplatte isolirten Nervus splanchnicus
oder auf das Ganglion coeliacum an, so verstärken sich die Bewegungen
allgemein ; Durchschneidung der Nervi vagi hebt diese
Bewegungen so wenig als Vörletzung* der sympathischen Nerven
auf, sie dauern an dem abgeschnittenen Darmkanal fort.
Auf dem Wege durch den Darmkänal verliert der Darmih-
halt durch Resorption allmählig immer mehr nahrhafte Theile,
und es werden die Röste als Excremente im Dickdarm immer con-
sistenter. Der Schliessmuskel des Afters ist zu jeder Zeit ausser
den Kothausleerürigön contrahirt. Einen geringen Grad beständiger
Contraction scheint derselbe mit allen Muskeln gemein zu
haben, die man wenigstens dann erst erkennt;-wenn ihre Antagonisten
durchschnitten sind. Die Contraction des Sphincters
ist' aber besonders durch die Ansammlung des Koths und dessen
Reiz im Mastdarm vermehrt; sie dauert so langé, bis sie durch
den Andrang- der Excremente überwunden wird; die Contractionen
des Sphincters sind der willkübrlichen Verstärkung, aber nicht
der willkübrlichen Erschlaffung fähig. Die Expulsion der Excremente,
und die den Widerstand des Sphincters überwindende Gewalt
kann in seltenen Fällen bei weichen Excrementen ohne Mitwirkung
der Bauchwände durch blosse ( unwillkührliche) Contraction
des Mastdarms erfolgen; wie L egallois und Beclard [Bull,
de la fac. et de la soc. de rned. 1813. N. 1 0 .) nach Wegnahme
der Bauchmuskeln gesehen haben wollen, Gewöhnlich sind in-
dess die Zusammenziehungen dès Zwerchfells und der Muskeln
durch Einengung der Bauchhöhle mit Erhebung des willkührlich
beweglichen Levator ani zur Kothentleerung nöthig. Allé diese
Bewegungen willkührlichçr Muskeln treten auch unwillkübrlich
und krampfhaft so gut wie heim Erbrechen ein, wenn der Reiz
der Excremente auf den Mastdarm anhaltend und sehr heftig ist.
Jene Bewegungen können auch durch Verletzungen und Krankbeiten
des Rückenmarks (und Gehirns) gelähmt seyn, und es kann,
je nachdem mehr der Sphincter ani erschlafft, oder der Mastdarm
und die Bauchmuskeln gelähmt sind, unwillkührlicher Abgang
oder beständige Verstopfung entstehen. Nach K r im f .r ist
die [kothentleerung nach Zerschneidung der Nervi phrenici und
Lähmung des Zwerchfells nicht aufgehoben, wohl aber nach Zerschneidung
der Bauchmuskeln oder des Rückenmarks bei Hunden,
zwischen dem 5 — 6 . Rückenwirbel.
IV. Capitel. Von den V e rd au u n g ssä ften .
a. Speichel. Die Absonderung des Speichels scheint in der
Thicrwelt mit' Ausnahme der Wallfische und Fische fast allgemein
zu seyn. Die Insekten besitzen speichelabsondernde Schlauche,
Blinddärmchen oder Röhren, die Mollusken ein oder mehrere
Paar zusammengesetzte Speicheldrüsen. Viele Schlangen
bähen bloss einfache Speicheldrüsen. Mit der Speichelabsonderung,
muss man die Giftabsonderung der Schlangen nicht
verwechseln; denn die Giftschlangen haben ausser den gewöhnlichen
Speicheldrüsen auch noch die besonderen Giftdrüsen.
Ob die giftigen Säfte tjler Schlangen (auch der Spinnen) zur Auflösung
der Speisen beitragen, ist noch unbekannt. Die Analogie,
die man zwischen diesen Säften und dem giftigen Speichel der
Hündswuthkranken gezogen hat, ist aber wohl abergläubisch;
denn in der Hundswuth ist die Ansteckung durch den Speichel
nur zufällig, ; und nach den Versuchen von H ertwig in der
Thierarzneischule zu Berlin können andere Säfte der Hundswuth-
kranken, wenigstens Blut, eingeimpft die Wuth erzeugen. Hiei-
mit fällt auch die Hindeutung auf die giftige Beschaffenheit,
welche der Speichel durch Leidenschaft erlangen soll, weg. Die
materiellen Veränderungen in Leidenschaften sind allgemeine, und
betreffen zugleich mehrere Absonderungen, wie besonders von der
Milch bekannt ist. Dass Bisswunden gereizter Thiere sich von
gewöhnlichen gerissenen Wunden unterscheiden, davon ist der
Beweis noch zu führen*).
*) Das Schlangengift ist nach FoNTANA weder alkalisch noch sauer, es ist
gelblich, ohne bestimmten Geschmack, es sinkt im Wasser zu Boden und
mischt sich nicht leicht mit demselben. In Wunden gebracht macht cs das Blut
der lebenden Thiere schnell gerinnen, aus der Ader gelassenes Blut verliert
nach F oNTANA durch Zusatz von Viperngift seine Gerinnbarkeit. Das Vipern-
,gift ist weder für die Vipern noch für andere Schlangen tödtlich, wenn sie
gebissen werden. FoNTANA über das Viperngift. Berlin 1787, p. 15. dagegen
sah HenGGEU Klapperschlangen mit von Klapperschlangen vergifteten \A un-
den bald sterben. Viperngift tödlet nicht die gebissenen Blutegel., Blindschleichen,
für die Schildkröten ist das Gift nur zuweilen tödtlich, allen warmblütigen
Thieren ist es tödtlich, wenn es in Wunden gebracht wird Ausser den
Wunden scheint das Gift nicht tödtlich zu wirken, wie wenigstens IVEDl’S, Man-
Gil i’s und PoMMEll’S Versuche lehren. Geber die W irkungen des Schlangengifts
auf lebende 'lhierc siehe F o ntan a l. c. und R e n GGER, We c k . Archiv 1829.
p. 271. Die gewöhnlichsten Erscheinungen sind äusserste Kraftlosigkeit, Schwindel,
Erbrechen; fturchläll; Zittern, Lähmung, die gebissenen Glieder schwellen