
Aber wer steht uns dafür, dass diese Männer sich nicht eben so,
wie Magendie getäuscht, und die Gefühlsempfindungen der Nase
mit den Geruchsempfindungen verwechselt haben. '
Sonst nahm man an, dass der Gebörnerve hei den Fischen
von dem N.. trigeminus ersetzt werde. Noch S carpa und Cu fl ER
glaubten diess. Diess haben T reviranus und E. H. W eber widerlegt.
Bei einigen Fischen gebt nach W eber [de aure et auditu.
Lips. 1820.) ein Faden vom N. trigeminus zum N» acusticus, wie
bei Silurus glanis und Muraena anguilla. Es giebt aber nach
W eber einen Hülfsnerven des Gehörorganes, der bald selbstständig
vom Gehirn, bald vom N. trigeminus oder vom N. vagus
zu entspringen scheint, und zur Ampülla deshinteren Kanales
und zum Sacke geht. Die Rochen haben einen vom Gehirn
selbst entspringenden \N. accessorius nervi acustici. Nach Buech-
ner (me'm. de la soc. d’hist. nat. de Strasb. T. II. livr. 2.) ist der
N. acusticus accessorius einiger Knochenfische für den Steinsack,
und die hintere Ampulle auch nicht ein Ast anderer Nerven, sondern
ein besonderes Bündel aus der Medulla oblongata. Bei den
Petromyzon beobachteten S crlemm und D ’alton einen N. acusticus
accessorius zum Labyrinth uus dem Facialis, denselben beobachtete
ich bei den Myxinoiden. Man muss auf die Beobach-
1 tung, dass der Nervus acusticus accessorius zuweilen von anderen
Nerven entspringt, . auch nicht zu viel Werth legen. IJiess
ist wohl nur |ein jüxtaponirtes Fortgehen ganz verschiedener
Fasern, so wie wir in dem N. lingualis des Menschen, welcher
wirklich Geschmacks- und Gefühlsnerve der Zunge- zugleich ist,
das Zusammenliegen ganz verschiedener Geschmacks- und’Gefühlsfasern
voraussetzen müssen. Daher geht auch aus der von
T reviranus (Tiebemann’s Zeitschrift, f . ) beobachteten Varietät
für die Physiologie nichts hervor, dass nämlich, bei einigen Vögeln
der N. vestibuli ein Ast des N. facialis seyn soll. Bei der
Gans ist der N.’ vestibuli ein Ast des eigentlichen - N. acusticus,
und der N- facialis geht nur dicht über ihn hin.’ Was könnte
überhaupt eine Juxtaposition von functionell. verschiedenen Fasern
in einer Scheide für die Physiologie beweisen?
Der Geschmacksnerve scheint nie als besonderer Nerve auf-
zutreteh, und seine Fasern vielmehr nur in änderen Nerven eingeschlossen
zu seyn. Wahrscheinlich gehören hieher sowohl der
Zungenast als die Gaumenäste des Trigeminus. Denn Gaumen
und Zunge haben Geschmack. Käse, den Gaumen allein berührend,
wird deutlich geschmeckt. 'Selbst im Schlunde finden die
dem Geschmack verwandten Empfindungen des Ekels statt.
Nach Verletzung des N. trigeminus in Krankheiten hat man
Verlust des Geschmacks beobachtet. P arry Eiern. o f pathol. and
therap. V. 1. Mueli.er’s Archiv. 1834. p. 132. Magendie machte
dieselbe Beobachtung nach Durchschneidung des N. lingualis, damit
stimmen auch die Versuche von Mayo und diejenigen, welche
ich mit Prof. Gurlt und Dr. K ornfeld anstellte^
Nach P anizza [Richerche, spcrimentali sopra i nervi. Pavia 1834.)
dauert hingegen der Geschrngck der Thiere nach .Durchschneidüng
dès N. lingualis fort, indem sie Brot, Milch, Fleisch mit
Coloquinten oder Quassia zwar zu fressen versuchen, aber sie sogleich
verschmähen, während sie nach Durchschneidung des N.
glossopbaryngeus auch Bitterkeit verschlucken. PANizzAen betrachtet
daher den N. lingualis als blossen Gefühlsnerven, den N. glos-
sopharyngeus als Geschmacksnerven.
Jedenfalls kann der N. glossopbaryngeus kein blosser Em-
pfindüngsnerve seyn, denn seine Wurzel ist gemischt, zum Theil
gangliös, zum Theil nicht gangliös und er verbreitet sich zum
Theil in einem blossen Muskel, im M. stilopharyngeus. Dann machen
auch neuere Versuche die Theorie von P anizza zweifelhaft.
War nach Durchschneidung des N. lingualis noch Geschmack
vorhanden, so konnte er von den Gaumenästen des N. trigeminus
ahhängen. In den Versuchen von Gu r lt , K ornfeld und
mir war nach Durchsôhneidung des N. glossopbaryngeus ganz
deutlicher Geschmack vorhanden. Dergleichen Versuche sind
sehr schwierig und .es sind mancherlei Täuschungen dabei möglich.
Pferde und Hunde fressen das mit den grössten Bitterkeiten
impraegnirte Futter, selbst wenn alle ihre Nerven unversehrt
sind, sobald sie hungrig sind. Nicht daran, dass sie Bitteres fressen,
sondern daran, wie sie es.fressen, kann man den Mangel
öder das Vorhandenseyn des Geschmacks erkennen. Siehe K ornfeld
de functionibus nervbrum linguae expérimenta. Berol. 1836.
Auch die Versuche von Alcock sind der genannten Theorie nicht
günstig. Lond. med. gaz. 1836.
Der N. lingualis ist übrigens auch der Gefühlsempfindung
fähig und von ihm hängen wie zugleich vom N. glossopbaryngeus
die Tast- und Gefühlsempfindungen der Zunge ab. Die Durch-'
schneidung des N. lingualis ist sehr schmerzhaft, wie Magendie,
D ésmoulins und ich beobachteten. Vielleicht sind besondere Fasern
für die Geschmacksempfindungen und Gefühlsempfindungen
im N. lingualis juxtaponirt. Zum Gefühlsantheil kann jedenfalls
die Chorda tympani gerechnet werden.
Die Geschmacksfasern können sich sehr verschiedenen Nerven
anschliéssen. Bei den Vögeln ist der Geschmacksnerve ein
Ast. des Nervus glossopbaryngeus, bei den Fröschen ein Ast des
Nervus vagus.
Nach der Durchsclineidung des Stammes des Nervus trigeminus
in der Schädelhöhle will Magendie bemerkt haben,
dass fast alle Sinnesfunctionen aufgehört haben. Journ. de phy-
siul. IV. 302. Dass das Sehvermögen erloschen seyn sollte,
schloss Magendie daraus, dass das Thier das Licht der Lampe
nicht bemerkte. Allein! Kaninchen reagiren hiergegen oft nicht,
ohne dass man den Nervus trigeminus darum zu zerschneiden
braucht. Auch gesteht Magendie selbst, dass beim Einfallen
«von Sonnenlicht in einen dunkeln Raum die Augenlieder
des Thieres sich schlossen, und noch deutlicher bemerkte
man diess, als das Light durch eine Linse gesammelt ins Auge
einfiel. . Magendie beweist nun durch Experimente an Thieren,
was wir leider aus ,so vielen Erfahrungen an Menschen wissen,
dass nach der Lähmung des N. opticus der N. trigeminus nicht