
b. Von dem W a c h s tlium e d e r g e fä sslo sen T h e ile d u r c h
s c h ic h tw e is e A p p o sitio n .
Die gefässlosen Theile werden durch eine organisirte Matrix
erzeugt, und vergrössern sieh durch fortgesetzte Apposition von
einer Seite. Ihre Matrix ist bald eine ebene Oberfläche,, bald
vorspringend, bald sackförmig geschlossen. Es gehören liieher
1) das Horngewebe, 2) das Zahngewebe, 3) das Gewebe der Kry-
stallliuse. Alle diese Gewebe sind, wenn sie gleich nicht ernährt
werden und ihre erste Bildung von einem gefässreichen Keim
ausgeht, doch deswegen nicht strukturlos, man sieht .vielmehr an
der bestimmten Structur dieser Gewebe wieder, was wir schon
über die Ernährung der gefässhaltigen Gewebe äusserten, bestätigt,
dass nämlich die Gefässe nur zur Ausscheidung der Materie
bestimmt sind, und dass die Organisation der Gewebetheilchen
nach dem Gesetz der Gestaltung für jedes Gewebe unabhängig
von den Gefässen in der ausgeschiedenen Materie entsteht. Zwi-,
sehen den Capillargefässnetzen liegen erst die sehr viel feineren
Muskelfasern, Zellgewebefasern. Die Formation der gefässlosen
Gewebe wiederholt diese Genesis, aber die neu formirten Theil-
chen vergrössern die alten immer nur von einer Seite aus, während
bei den gefässhaltigen Geweben die Formation zwischen
den Netzen der Gapillargefässe in dem Anfangs formlosen Keimstoff,
Blastema, geschieht.
Die so durch Apposition entstehenden Theile haben entweder
eine bestimmte organische Structur, oder haben keine. Im
erstem Fall befinden sich die durch Apposition wachsenden Gewebe
der höheren Thiere und auch die Schale der Crustaceen.
Im zweiten Fall befindet sich die Schale der Mollusken:, welche,
grösstentheils aus unorganischer Materie, Kalksalzen besteht und
in welcher ausser der Crystallisation der unorganischen Thoilchen,
und ausser der Scliichtbildüng keine weitere Structur vorkömmt.
Die Form der Schale der Mollusken hängt ganz von der
Form ihres Körpers und der Oberfläche ab, welche die kohlensaure
Kalkerde, vermischt mit einer thierischen Materie absondert.
Die kleinen äussersten Lamellen der Schalen der Muscheln
sind zuletzt gebildet. B ournon hat gefunden, dass die kohlensaure
Kalkerde in diesen Schichten ein mikroskopisch erkennbares
krystallinisches Gefüge hat, und bei der Auster ist es sehr
deutlich.
I. Vom Horngewebe. Zum Horngewebe gehören die Epidermis
der Haut, und das Epithelium der Schleimhäute,, die Haare,,
die Stacheln, die Nägel, Klauen,, Hufe, die Hörner, die Federn..
a. Epidermis, Epithelium..,
Das Epithelium der Schleimhäute ist im Munde am deutlichsten,
undeutlicher in der Speiseröhre, deutlich im Muskelmagen
der körnerfressenden Vögel, wo es zu Hornplatten, anschwillt,
deutlich auch in der obern Hälfte des Magens, der Pferde; im
Darmkanal scheint es ganz überaus zart zu werden, und ist nur
in dem zerreiblichen, unorganisirten Ueberzuge der Darmzotteu
zu erkennen, den ich pag. 265. beschrieben habe; es steht hier
dem Schleime sehr nahe. Auf der schleimabsondernden äussern
Haut der nackten Amphibien ist auch ein Epithelium vorhanden.
W agleb erwähnt das Häuten derselben; und ich habe wenigstens
die Oberhauthülle einer Wassersalamanderlarve gesehen, die dieser
abgeworfen hatte. Wie die Schleimhäute Epithelium und zugleich
Schleim absondern, ist schwer sich vorzustellen, wenn man
nicht annimmt, dass die Schleimabsonderung von den in den
Schleimhäuten zerstreuten Folliculi, die Bildung des Epithelium
von den Zwischenstellen geschehe. An der Conjunction, wo das
Epithelium nicht fehlt, ist der Schleim durch die Thränen ersetzt
und nach Valentin fehlen die Follikeln, die Andere bemerkt
liaben wollten.
. Die Oberhaut, Epidermis, besteht aus Schichten von Blättern,
die man wenigstens deutlich an der Oberhaut der Hohlhand und
Fusssohle, besonders durch Kochen, nachweisen kann." Die innerste
Lage der Epidermis ist noch weich, und wird gewöhnlich
Malpighisches Netz genannt. Die Oberhaut des Negers ist schwärzlich,
noch mehr aber die innerste Schichte derselben, oder das
Rete Malpighii. Die organisirte Matrix der Epidermis ist selbst
bei dem Neger weiss. E. H. W eber Anat. %. 187. Vergl. S eiler,
P ierer’s med. Realworterbuch. Integumente. An der abgezogenen
Oberhaut haben die Meisten keine Poren bemerkt, die man aber
auch, wenn sie vorhanden sind, so wenig wie Einstiche in Gummi
elasticum bemerken könnte. Nach E ichhorn und L auth setzt sie
sich in die Haarbälge fort, bis zur Stelle, wo das Haar gebildet
wird, und beim Abziehen der Epidermis werden solche Scheiden
oft; sichtbar. JNach E ichhorn soll man an abgezogener Epidermis
bei schiefer Richtung die Löcher, durch welche die Haare gehen,
allerdings sehen können. Ueber die sogenannten Schweissporen
S. den Art. äussere Haut, im 3. Abschn. dieses Buchs.
Die feinere Structur der Epidermis und des Epitheliums ist
durch die Beobachtungen von L eeuwenhoek, R aspail, P urkinje,
V alentin und H enle aufgeklärt worden. Die Epidermis besteht
aus pflasterförmigen mikroskopischen platten Stückchen, wovon
jedes einen Kern enthält. Das Rete Malpighii enthält die Pig-
menta, wenn solche vorhanden sind, als eingestreute, gefärbte,
bläschenartige Körperchen. Seine innere Fläche ist mit vielen
den Papillen der Haut entsprechenden Vertiefungen versehen,
wodurch die Zwischenstellen netzförmig werden, daher der Name.
Das Epithelium der Schleimhäute ist auch pflasterförmig, und
jedes Stückchen enthält einen Kern; diese Stückchen stossen sich
beständig ab, daher man gewöhnlich welche im Speichel und
Schleim des Mundes mit dem Mikroskop aulfindet. Die Epithe-
liumstückchen sind entweder dünn, plättchenartig, wie im Munde,
an der Conjunctiva, hier liegen sie mehrfach auf einander. Im
Darmkanal sind sie dagegen höher und stellen basaltartig nebeneinanderstehende
Cylinder dar, wovon jeder einen Kern enthält,
^ EIiLE gezeigt hat. Selbst die Zotten sind noch von diesen
Körpern bedeckt. Von dem Durchscheinen der Kerne der Cy-
hnder ist die falsche Ansicht von Oeffnungeu entsunden.