
bildeten. Auch auffallend ist, was R etzius (F röriep’s Notizen 5.
p. 56.) beobachtete, dass nämlich in einer Auflösung .von salzsaurem
Baryt in destillirtem Wasser, . die ein halbes Jahr in einer
mit einem gläsernen Stöpsël verschlossenen Flasche gestanden
hatte, eine eigene Art Conferven sich bildete. Allein es ist bei
jenen merkwürdigen Erfahrungen wohl gewiss, dass jene Substanzen
oder die Gefässe, oder das Wasser eine auch noch so
geringe Menge Organischer Materie enthielten, wie denn nach
den Beobachtungen von S chultze Staubmolecule von organischen
Substanzen hinreichen, um unter günstigen Umständen die Phänomene
zu erzeugen, welche man zur generatio aequivoca der Infusorien
rechnet. Selbst die Thiere sind nicht einmal im Stande
aus blossen Elementen oder aus blossen binären Verbindungen organische
Materien zusammenzusetzen. Die Thiere wachsen durch
Aufnahme von schon vorher gebildeten organischen-Materieimvon
anderen Thieren oder von Pflanzen;* sie können nur die Zusammensetzung
der organischen Materie erhalten und umändern; die
Pflanzen scheinen dagegen nicht allein organische Materie von
Thieren und Pflanzen umznwandeln, sondern auch zugleich; aus
Elementen und binären Verbindungen der Elemente, wie Kohlensäure
und Wasser zu erzeugen, obgleich sie ohne alle organische
Materie des Bodens nicht gedeihen. Die Erzeugung der
organischen Materiën aus binären Verbindungen in den Pflanzen
scheint deswegen anzunehmen nöthig, weil ohne diese neue Bildung
das .Nutriment auf der Erde immer abnehmen würde, da
unaufhörlich Pflanzen und Thierkörper durch Verbrennen, Faulen
etc. in binäre Verbindungen, zersetzt werden.
Die einmal von Pflanzen gebildete oder in Pflanzen und
Thieren enthaltene und umgewandelte organische Materie ist wieder
lebensfähig, wenn sie von einem lebenden Körper angeeignet
und der organischen Kraft desselben unterworfen wird. Auf
diese Art kömmt alle organische Substanz , welche auf der Erde
verbreitet ist, nur von lebenden organischen Körpern; der Tod
oder das Erlöschen der Kraft, welche .organische Verbindungen
erzeugt und erhält, trifft das Einzelwesen, während die organische
Materie, so lange sie nicht in binäre Verbindungen zerfallen ist,
Lebensfähigkeit behält.
Die Lebensfähigkeit der organischen Materie besteht darin,
dass sie wieder einen lebenden organischen Körper ernähren kann.
Gewöhnlich entstehen organische Körjjer gewisser Art nur eyklisch
von organischen Körpern derselben Art, d. h. durch Eier oder
Sprossen. Es fragt sich aber, ob die organische Materie bei der
Zersetzung eines organischen Körpers nicht auch Organismen
ariderer Art unter gewissen Einflüssen erzeugt, ob sie nicht allein
lebensfähig ist, sondern in modificirter Art fortlebt, ob sie unter
gewissen Bedingungen, nämlich unter Einwirkung von atmosphärischer
Luft, Wasser, Licht in Kleinen mikroskopischen thierischeu
Wesen, lebenden Infusorien zerfällt, oder unter anderen Bedin- 1
gungen, in niedersten Pflanzen, Schimmel wieder auflebt. In einem
ausgedehnteren Sinne hatten schon die Alten, namentlich
Aristoteles die generatio aequivoca, die freiwillige Erzeugung
der Thiere angenommen. Es war nämlich eine alte Tradition,
dass aus der Fäulniss niedere Thiere, Insecten, Würmer erzeugt
werden sollten. Diese Meinung hatte sich in dem naturwissenschaftlichen
und medicjnischen Aberglauben bis ins 17. Jahrhundert
erhalten. Da schrieb R edi seine experimenta circa generatio-
nein insectorum und bewies, dass alle Beispiele, welche die Alten
von generatio aequivoca aufgeführt hatten, falsch seyen, dass alle
diese Würmer, Insecten aus Eiern entstehen, die vorher von
Thieren an die Orte gelegt worden. Diese Beweise waren überzeugend,
und kein unterrichteter Naturforscher glaubte fortan
mehr an die Fabel von der Erzeugung durch Fäulniss, so dass
der Satz: omne-vivum ex ovo unangetastet blieb. Später aber trat.
N eedham auf und zeigte, dass zwar durch Fäulniss keine Insecten,
aber doch kleine mikroskopische, bisher ungekannte Thierchen,
Infusorien, entstehen. Uebergiesst man thieriscbe oder pflanzliche
Substanzen mit Wasser und setzt sie der atmosphärischen Luft
und dem Lichte aus, so zeigen sich bei gewöhnlicher Temperatur
der mildern Jahreszeit nach einigen Tagen, während sich die organische
Materie aümählig zum The.il zersetzt, zum Theil umwandelt,
zum Theil in Kügelchen, zum Theil ganz auflöst, entweder
Schimmel oder jene mikroskopischen Thierchen, bei welchen
E iirenberC jetzt die glänzende Entdeckung gemacht hat, dass sie
eine viel zusammengesetztere Organisation haben, als Jemand vorher
geahnet hatte; l
Die ersten Beobachtungen über die Entstehung der Infusorien
sind von Needham .(nouv. observ. microscop.) mitgetheilt, später haben
W risberg, O. F r. Mueller, I ngenhouss, G. R. T revirawus,
G ruithuisen, S chultze um die Kenntniss dieses Gegenstandes sich
Verdienste erworben. Nach W risberg’s (observ. de animale, infus.)
Beobachtungen erzeugen sich ohne den Einfluss der Luft aus in-
fiindirten organischen Substanzen keine Infusorien, wie z. B. wenn
die Infusion mit Olivenöl bedeckt wurde. Dagegen sind alle dem
Wasser beigemischten vegetabilischen oder animalischen Substanzen
zur Erzeugung der Infusorien geeignet, wenn sie nur keine
saure oder scharfe Eigenschaft haben und nichts enthalten, was
die Fäulniss hindert. Die Entwickelung der Infusorien erfolgt,
nachdem die organische Materie éinen gewissen Grad von Zersetzung
unter Entwickelung von Luftblasen erlitten hat. Gleichzeitig
mit dieser Entwickelung und später zeigt die Infusion eine
grosse Menge mikroskopischer Molecule, die bald zerstreut liegen,
bald eine Art von Membran an der Oberfläche der Infusion bilden
und aus der Zertheilung der organischen Materien entstehen.
Nach F ray und Burdach .sollten sich Infusionsthiere auch in
Wasserstoffgas und Stickgas in der Infusion erzeugen. Die generatio
aequivoca der Infusionsthiere wurde von mehreren Naturforschern,
besonders aber vou S pallanzani (physical. und mathem.
Abhandl.) angegriffen, welcher die Entstehung der Infusionsthiere
als eine durch Wärme, Wasser, atmosphärische Luft und “Licht
bedingte Entwickelung von zufällig beigemiscliten Eiern jener
Thierchen erklärt. Indessen lehren S pallakzani’s eigene Versuche,
dass gekochte .organische Substanzen eben so tauglich als.