
zwischen Blut und Substanz wirkt; es kann aber aucb diese Erscheinung
eben so gut durch blosse Endosmose erfolgen. Siebe 5.
Cap. Ein Salz durchdringt die Theile bis zu den Capillargefäs-
sen, dieses Salz strebt sich in dem Blute aufzulösen; das Blut
der Capillargefässe strebt das Salz zu lösen. Durch diese Anziehung
muss das Blut in den Capillargefässen aufgehalten und angehäuft
werden, und die Gefässe müssen sich erweitern und die
Blutbewegung stocken. Es ist sögär wahrscheinlich, dass in der
Begel, wenn ein Salz Erweiterung der Capillargefässe bewirkt,
diess durch blosse Endosmose geschieht.
Da die genannten Versuche mit Application fremder Materien
anf die Capillargefässe in Hinsicht der Resultate so verschiedene
Auslegung zulassen, so tragen sie auch fast gar nichts zur Erklärung
des Zustandes der Capillargefässe in der Entzündung hei,
und wir müssen uns beschränken, hier bloss das Thatsächliche
des Entzündungsprozesses mitzutheilen, wie es besonders T homson,
K altenbrtjnner und Koch kennen gelehrt haben. T homson über
die Entzündung, übers, von K rukenberg. Halle 1820. K altenbrtjnner
exp. circa statum sanguinis_ et -oasorum in inflammatione.
Monaih: 1826. Eine kritische, auf eigene Beobachtungen gestützte
Arbeit-hat K och, Meck. Archiv f . Anat. u. Physiol 6 ., geliefert.
Ein entzündetes Organ enthält zu jeder Zeit der Entzündung
mehr Blut in den kleinsten Gefässen oder Capillargefassen; allein
die Bewegung des Blutes durch die Gefässe ist in verschiedenen
Zeiten ganz verschieden, im, Anfänge strömt das Blut nicht allein
in Menge dem entzündeten Parencbyma zu, es wird auch wieder
ohne grosses Hinderniss in die Venen weiter geführt; in dem Grade
aber, als die Entzündung weiter schreitet, stockt die Circulation
zuerst in einzelnen, dann in immer mehr ansgefüllten Capillargefässen,
und im höchsten Grade der Ausbildung sind alle Capillargefässe
mit wahrscheinlich geronnenem, jedenfalls aber auf irgend
eine Art zersetztem stockendem Blute gefüllt. Nach Koch soll sich
dabei der Färbestoff der Blutkörperchen im Serum anflösen, was
im gesunden Blute unmöglich ist, und mir auch noch in der Entzündung
zweifelhaft scheint, da die faserstoffigen Exsudate blutig
seyn müssten. Nach Koch entstehen keine neuen Gefässe in entzündeten
Theilen (wobei aber zu erinnern ist, dass sie jedenfalls
sicher oft in dem exsudirten Faserstoffe entstehen),.; Membranen,
welche eine freie Oberfläche darbieten, ergiessen im Zustande der
höchsten Ueberfüllung der Capillargef ässe den im Blute aufgelösten
Faserstoff, welcher dann auf der Oberfläche der Membran coagu-
lirt und eine Pseudomembran bildet. Wo die Exsudation nicht
erfolgen kann, häuft sich die gerinnbare Materie in den Capillargefässen
der Organe selbst anf Wenn diese Stockung nur in einzelnen
Strecken der Capillargefässe stattfindet, andere aber noch
eine unvollkommene Circulation in dem Organe unterhalten, so, ist
das Organ bloss verdichtet, was man in den Lungen hepatisirt,
in anderen Organen verhärtet nennt. Wenn aber durch die Heftigkeit
der Entzündung alle Circulation in einem Organe aufhört,
und alle Capillargefässe nicht allein coagulirtes, sondern auch zersetztes
Blut enthalten, und die Substanz selbst zersetzt ist, so
wird ein solcher Theil brandig, d. h, es tritt örtlicher Tod ein.
T homson (Meck. ' Archiv- 4. p. 448.); hat beobachtet,' dass die Gefässe
im Brande zuweilen mit coaguiirtem Faserstoffe gefüllt, zuweilen
durch Entzündung verwachsen sind. Brand tritt leichter
bei geschwächtem Nerveneinflusse und in gelähmten Theilen ein.
Wird endlich die Entzündung noch längere Zeit durch neue
Ursachen oder durch die Dauer der alten hingehalten, so wird
die Substanz der Organe auf eine eigenthümliche Weise zersetzt;
es stossen sich nämlich die zersetzten Theile als Eiter ah, eine
aus Kügelchen bestehende Materie, die grösser-sind als die Blutkörperchen.
Niemand, auch K altenbrtjnner nicht, hat die Entstehung
des Eiters noch gehörig mikroskopisch beobachtet. Man
kann hierzu kein kaltblütiges Thier brauchen, und man müsste-
die Untersuchung an Säugethieren, Fledermausflugeln anstellen.
Zwar beginnt die Entzündung mit Phänomenen, die der Turgescenz
ähnlich sind. Die Organe nehmen durch veränderte organische
Affinität zwischen Blut und Substanz mehr Blut auf als
sonst, und verhindern seinen Ausfluss. Allein man muss sich sehr
hüten, diess vermehrtes Leben zu nennen, was eine Störung der
Function bewirkt, und ein Bestreben der Natur zur Folge hat, die
durch den Entzündungsreiz verursachte materielle Veränderung,
eine die Action des Organes verhindernde Verletzung, wieder auszugleichen.
Wäre das Leben erhöht, so würden die krankhaften
Ausgänge der Entzündung nicht eintreten; In der Wiedererzeugung
der Geweihe, in dem Phänomen der Erection, in der Turgescenz
des Uterus nach der Conception ist wirklich Turgescenz mit örtlich
vermehrter Lebenskraft verbunden. Reizung und Lebenskraft steigen
hier gewissermassen in gleichem Grade, aber in dem Phänomen
der Entzündung 'steigt nur die materielle Veränderung; der Schein
von Turgescenz, wobei die materiell veränderten Theile das Blut
zurückhalten oder anziehen, um ihren Zustand wieder herzustellen
(?)!, geht allmählig mit der Anhäufung des Blutes und mit der
materiellen Veränderung des Organes in örtlichen Tod über, sobald
die materiell veränderten Theile die Fähigkeit, welche sie im
gesunden Zustande haben, die vitalen Eigenschaften des Blutes
zu erhalten, verlieren und das Blut sich innerhalb der Capillargefässe
zersetzt. Entzündung entsteht von Reizung der Capillargefässe,
ist ahdr an sich weder ein vermehrtes, noch ein vermindertes
Leben, weder Sthenie noch Asthenie, Sondern ein eigeü-
thümiiehef Zustand, der bald mit noch normalen allgemeinen Lebenskräften,
bald mit unterdrückten Lebenskräften vorkömmt,
und im Maasse seiner Ausbildung in einem wichtigen ,Organe jedesmal
auch die Lebenskräfte erschöpft, wenn sie im Anfänge
nicht erschöpft waren ; • sie ist wesetftlich eine durch materielle
Veränderung bewirkte krankhafte Wechselwirkung zwischen Substanz
und Blut, zusammengesetzt aus einer örtlichen Verletzung,
einer örtlichen Neigung zur Zersetzung und einer organischen
Thätigkeit, welche dem Zersetzungsstreben das Gleichgewicht zu
halten strebt, was zuweilen unter den Erscheinungen einer heißenden
Wunde gelingt, zuweilen nicht gelingt.
Wenn die Haut in Entzündung versetzt wird, durch ein Ve