
Mato durch Zerrung des Hirnendes des N. opticus noch eine Verengung
der Pupille hervorbringen. Allgemeiner wurde das Prin-
cip der Reflexion von den sensoriellen Nerven auf motorische
durch Vermittelung der Centraltheile zur Erklärung aller Bewegungen,
welche auf Empfindungen folgen, eilst in der neuesten Zeit
durch die Üntersuchungen von Marsh all H all und mir, welche beide
irn Jahre 1833 veröffentlicht wurden, aufgefasst und durch neue
Thatsachen als Erklärungsgnlnd für eine grosse Anzahl von bekannten,
aber falsch erklärten Erscheinungen bewiesen *). Eine
neuere Schrift von Marshall H all enthält die Fortsetzung seiner
Untersuchungen. Memoirs on the nervous System. London 1837.
Die von uns Beiden beobachteten Thatsachen, auf welche wir
fussen, haben sehr viel. Uebcreinstimmendes, aber in der Erklärung
der Erscheinungen weichen wir :sebr ,ab. Mein Antheil an
dieser Angelegenheit liefert Beweise für die ältere Ansicht von der
Vermittelung der Empfindungen und Bewegungen durch die Centralorgane
und theilt diese .Erklärung. Marshall H all bringt
hingegen in der letzten Schrift ein neues eigenthümliches Prin-
cip in die Erklärung, die dadurch ganz abweichend wird. Volkmann
(Mltell. Mrch. 1838. 1.)*'theilt mehrere wichtige neue Beobachtungen
zur Lehre von der Reflexion mit, welche die Ansichten
von M arshall H all und mir im Allgemeinen bestätigen.
Das Folgende enthält meine Ansicht des Gegenstandes nach der
vorigen Auflage, auf welche ein Auszug der Arbeiten von Marshall
H all und eine Vergleichung der abweichenden Ansichten
folgt. ~
Wenn Empfindungen, welche durch äussOre Reize auf Empfindungsnerven
hervorgebracht werden, Bewegungen in anderen
Theilen hervorbringen, so geschieht diess niemals durch eine Wechselwirkung
der sensibeln und motorischen Fasern e,ines Nerven selbst,
sondern, indem die sensorielle Erregung auf das Gehirn und Rük-
ke nm ark , und von diesen zurück auf motorische Fasern wirkt.
Dieser für die Physiologie und Pathologie äusserst wichtige Satz
bedarf eines strengen Beweises, der sehr gut empirisch geführt
, werden kann, und erklärt dann eine Menge physiologischer und
pathologischer Erscbeinuugeu.
Ich werde zuerst beweisen, dass die motorischen und sensi-
beln Fasern eines Nerven nach der Verbindung beider Wurzeln
keine Verbindung mit einander eingehen, sondern getrennt bis
\ . V) Die Abhandlung von MarSHALL Hall erschien irn zweiten Theil der
Philosoph, transact. von 1833., Ich hatte meine Ansicht gelegentlich
in der ersten An flage der ersten Abtheilung der Physiologie, welche
irn Frühlinge 1833 erschien, in der Lehre von den AtheJnbewegurigcn
p. 333. erläutert und 1834 in der zweiten Abtheilüng der Physiologie
ausführlich vorgetragen, nachdem die Abhandlung von MarSHALL Hall
erschienen war. Marshall Hall hatte indess bereits im', Jahre 1832
in der Zoological Society über den Gegenstand einen Vortrag^ gehalten
und ist daher in der Priorität. Eine Mitthcilung über meine Ansicht
der Sache und die Abweichung der. seinigen gab mein verehrter
College im Lond. n. Edinb. philos. Mag. Vol. 10. A o. 58.
zu ihren respectiven Theilen verlaufen , und dass daher auch in
den Fällen, wo die Nervensyrnpathie nicht iiu Spiele ist, die sensorielle
und motorische Faser eines Nerven selbst durchaus keine
Wechselwirkung haben.
Der Beweis dieses Satzes lässt sich leicht auf folgende Art
führen: Reizt man einen gemischten Nerven, den man durchgeschnitten,
an seinem centralen Stücke, wodurch heftige Schmerzen
entstehen, so kann das Thier zwar diese Schmerzen durch
Bewegungen zur Flucht, Schreien u. s. w. ausdrücken, allein
die mit dem gereizten Nervenstumpf zusammenhängenden Muskelnerven
werden nicht zu Actionen veranlasst. Es entstehen
keine Zuckungen in den Muskeln, die von dem Nervenstumpfe
Aeste erhalten.
. Man kann diesen Satz auch folgendermaassen beweisen: Da
die drei Nerven für die hintere Extremität beim Frosch einen Plexus
bilden, der wieder zwei Nerven abgiebt (siehe oben p. 690.), so
durchschneide man einen der letzten Nerven und isolire ihn von
allen seinen Verbindungen mit Muskeln, und reize dann mechanisch
das centrale Stück. Diese Zerrung bewirkt eine centripetale
Erregung der sensoriellen Fasern dieses Nerven, allein die anderen
Muskelnerven, die aus demselben Plexus hervorgehen, erregen
bei der Quetschung des isolirten. Nerven keine Zuckung ihrer
Muskeln. Dass ferner die bei narkotisirten Fröschen und anderen
Thieren auf jede Berührung eintretenden allgemeinen Zuckungen
nur durch das Rückenmark und Gehirn selbst vermittelt werden,
lässt sich definitiv beweisen. Denn schneidet man ein Glied des
narkotisirten Frosches ab, so bewirkt die Berührung derselben
keine Zuckungen dieses Gliedes mehr. Noch instructiver sind
diese Versuche beim Erdsalarnander.
Der gefleckte Erdsalamander behält nach Durchschneidung des
Rückenmarks überaus lange die sogenannte Empfindungskraft in allen
Theilen unter dem Schnitte, oder wenn man diess nicht Empfindungskraft
nennen will, die Fähigkeit, Empfindungseindrücke auf
das Rückenmark zu verpflanzen und durch Zuckung zu reagiren.
Selbst das Schwanzende ist noch empfindlich, ja diese Empfindlichkeit
ist durch die Durchschneidung des Rückenmarks eben
so erhöht, als bei Fröschen, welche vorher narkotisirt waren.
Berührt man einen abgeschnittenen Theil des Rumpfes vom Erdsalamander
nur ganz leise, so zieht er sich jedesmal zusammen;
diess dauert noch Stunden lang. Allein diess interessante Phänomen
zeigt sich nur dann, wenn in dem abgeschnittenen Theile noch Rük-
kenmark enthalten ist, nicht aber in den abgeschnittenen ganzen
Gliedern, welche nichts vom Rückenmark enthalten. Diese interessanten
Thatsachen beobachtete ich bereits vor mehreren Jahren,
1830, als ich mit Herrn J ordan Versuche über das Gift der
Hautdrüsen beim gefleckten Salamander anstellen wollte.
Es geht hieraus hervor, dass die hei den Thieren auf
Berührung einzelner Theile erfolgenden allgemeinen Zuckungen
nicht durch Communication sensorieller und motorischer Fasern
der Nerven geschehen, sondern dass das Rückenmark das Binde