
gongen, Vorstellungen u. s. w., scheinen der Zweck des thierischen
Daseyns zu seyn, es. sind die, 'welche das Thier characterisiren
würden, wenn es auch nur einen Augenblick äusdauern sollte.
Die Alten haben sie im Gegensatz der fersteren animalische Verrichtungen
genannt.
Eine dritte .Reihe der Erscheinungen nmfasst die Vorgänge,
welche zur Bildung neuer Keime in einem Individuum und zur
Absonderung und Entwickelung derselben führen,' und also die Erhaltung
der Gattung während der Vergänglichkeit der Individuen
bezwecken. Diese Eintheilung hat ihre Vortheile, kann aber auch
Missverständnisse erzeugen. Die Kraft, welche die Entwickelung
des Keimes bedingt, ist dieselbe, welche die beständige Erhaltung
des Ganzen und die Wiedererzeügung desselben verursacht, und
darnach würden also Vegetationskraft, Bewegungskraft und Empfindungskraft
gleichsam die Grundkräfte seyn;- allein es fragt
sich wieder, oh diese Trennung nicht künstlich ist.
Man kann sich vorstellen, dass die wesentliche Kraft des Pflanzenlebens,
die Vegetationskraft, in den Thieren noch mit anderen
Kräften verbunden sey, z. B. mit der Empfindungskraft und Bewegungskraft,
oder mit der Nervenkraft, wenn man die Fähigkeit
der Muskeln, sich durch den Einfluss der Nerven zusammenzuziehen,
nicht als ursprüngliche Kraft, sondern als Folge ansehen will.
Man kann sich vorstellen, dass die Vereinigung dieser Kräfte im
Keime existirt uml dass sie sich von der Entwickelung an in den
verschiedenen Organsystemen, die in einander greifen, äussern, so
dass die Vegetationskraft, von der Nervenkraft bestimmt, auch die
Organe des Nervenlebens wiedererzeugt und beständig erhält, die
Nerven aber wieder die Ursache sind, dass organisirte Theile empfindlich
sind. Wenn man diess aber weiter durchdenkt, so‘gelangt
man auf Widersprüche.
Vielmehr scheinen diese Hauptförmen nur verschiedene Wirkungen
einer und derselben vis essentialis der Thiere, bedingt
durch die verschiedene Zusammensetzung der verschiedenen Organe.
Es liegt etwas Absurdes in der Vorstellung, dass die Re-
productionskraft die Nervensubstanz erzeuge, während die Wirkungen
der gebildeten Nerven Folgen einer Kraft seyn sollen, die
verschieden ist von der Kraft, welche die Nervensubstanz bildet.
Die letzte Ursache des Lebens, weichein den Thieren wirkt, erschafft
alle zum Begriff eines thierischen Wesens gehörigen Theile,
und erzeugt diejenige Mischung in denselben, deren Erfolg Bewegungsvermögen
und Empfindungsvermögen oder Leitungsvermögen
für Eindrücke sind, die auf einen Centraltheil der Einwirkungen
und der Rückwirkungen verpflanzt werden. , Nur die verschiedenen
Producte dieser ersten und einen Kraft der Thiere, dieses
alle Theile erzeugenden und wiedererzeugenden primum movens,
sind theils zur Umwandlung von Materien fähig, die weiter geführt
für den Nutzen des Ganzen bestimmt sind, theils Bewegungsorgane,
theils Organe, durch welche die Einwirkungen aller Organe
auf ein Centralorgan und die Rückwirkungen erfolgen. Die
ersteren sind die Reproductionsorgane, die zweiten die Muskeln,
die dritten die Nerven. Dann giebt es auch noch solche Theile,
die durch die schaffende und wiedererzeugende Thätigkeit oder
die Grundursache aller Organe keine anderen wesentlichen Eigenschaften
als physikalische Qualitäten der Festigkeit, Eiasticitat, Zähigkeit
u. s. w. erlangen, wie die K n o ch en , Knorpel, Bänder, sehnen.
Die Drüsen erlangen z. B. durch die Ernährung und Wiedererzeugung
aus dem Blute, die Fähigkeit, gewisse Theile des Blutes
in ihrer Nähe anzuziehen, neu zu comhiniren und auszuscheiden;
durch denselben Act der Ernährung und Wiedererzeugung aus
dem Blut erhalten die Muskeln die zur Attraction ihrer Theilchen
oder zur Bewegung durch gewisse Ursachen nöthige Fähigkeit,
und diese Fähigkeit ist das Product jener Erzeugung, nicht aber
eine besondere Grundkraft, die. von der Generationskraft verschieden
wäre. So erhalten'die Nerven durch eben diese Urkraft der
Bildung und Wiedererzeugung aus dem Blute die Fähigkeit zu ihren
Lebenserscheinungen, und ihre Fähigkeiten sind nur die Erfolge
dieser Erzeugung. Ganz verkehrt scheint es aber nun gar,
die Wiedererzeugung zur Indifferenz der bewegenden und sensitiven
Kraft zu machen. Sieht man von den Theilen ab, welche
durch den organischen Process ihrer beständigen Wiedererzeu-
<,Ung nur physikalische Eigenschaften der Eiasticitat, Festigkeit
u. s. w. erlangen, so kann man die Eigenschaften der übrigen
Hauptsysteme in den Thieren folgen dermassen bezeichnen.
I. Organe, welche die Mischung, der Flüssigkeiten für den
Zweck des Ganzen verändern, wie die Absonderungsorgane, die
Blutgefässe und Lymphgefässe, die Lungen. Das eigentümliche
Phänomen, welches diese Organe darbieten, ist nicht etwa die Ernährung,
denn diese kömmt allen Organen zu, sondern die Veränderung
der organischen Combination in den Flüssigkeiten, die
mit .ihnen in. Berührung stehen, durch Aeusserungen organischer
Affinität. • •• '. „ .... . ,
II. Muskulöse Organe, welche auf gewisse Einflüsse sich zusammenziehen,
und deren Fasern sich kräuselnd gegen die Stelle,
wo eine Veränderung der Muskelsubstanz geschieht, verkürzen.
H aller hat die Fähigkeit der Muskeln auf mechanische, chemische
und elektrische Einwirkungen sich zusammenzuziehen, Irritabilität
genannt, und die HALLER’sche Irritabilität^ kann keinen
anderen Theilen als den muskulösen Theilen zugeschrieben werden,
während- andere sich durch Erscheinungen anderer Art von Reizbarkeit
auszeichnen. Einige verwirrte Schriftsteller haben diesen
Begriff von Irritabilität zu einer Formel für willkuhrliche Fictio-
nen gemacht, ,so dass man sogar von einer Irritabilität in den
Nerven gesprochen, als^wenn bald die Irritabilität, bald die Sensibilität
derselben verändert seyn könnte. Im lebenden Körper
geschehen die Wirkungen der Muskeln immer unter dem Einfluss
der Muskelnerven, und Alles, was die Zusammensetzung der Nerven
nur leise verändert, bewirkt gleichsam eine Entladung der Ner-
venkraft, welche die Zusammenziehung der Muskeln bedingt. Daher
das Studium der Bewegungen, der Krämpfe und Lähmungen
grossentheils zur Untersuchung der Gesetze der Wirkungen m
den Nerven zurückführt. Die Bewegung findet bei allen materiellen
Veränderungen,^ bei der Generation, Ernährung, Absonde-
Mü l le r ’s Physiologie. I. 4