
wobei er sieb auf den blinddarmähnlichen Bau einiger einfacher
Drüsen, wie des Pankreas des Schwertfisches, der Leber der Krebse
und auf die Bildungsgeschichte der Leber bei dem Embryo stützte.
Obgleich dieser Ansicht gute Anschauungen zum Grunde lagen,
so hat sich doch' M alpighi im Einzelnen geirrt, denn die eigentlichen
Elemenfartheile der zusammengesetzten Drüsen blieben ihm
unbekannt, und was derselbe als Folliculi der Leber und anderer
zusammengesetzter Drüsen beschrieb, sind nur Anhäufungen der
zahlreichen, ihm unbekannt gebliebenen Elementartbeile. Die
Erschütterung, welche diese Lehre durch R uysch-seit 1696 erlitt,
war daher unausbleiblich; 1 denn durch die Ausbildung der
feineru Injection der Blutgefässe wurde es R uysch nicht schwer
zu zeigen, dass in den Follicuhs der zusammengesetzten Drüsen
noch i!eine ungemein zahlreiche Zertheilung der feineren Blutgefässe'stattfindet.
indessen ist R uysch durch Ueberschätzung der
anatomischen Hülfsmittel und dessen, was ihm die Injection
der Blutgefässe leistete, ohne hinreichende Gründe zu dem
Schluss verleitet worden, dass die eigentliche Drüsensubstanz aus
nichts als Blutgefässen bestehe, und dass die feineren Blutgefässe
unmittelbar in die Anfänge der Ausführungsgänge der Drüsen übergehen.
R uysch’s Lehre über den Bau der Drüsen bekam ein grosses
Uebergewicht dadurch, dass H aller sich auf seine Seite neigte.
H aller hat die alte Hypothese- von den aushaucbendeii offenen
Enden der Arterien erst recht befestigt. E r führt (Element. Phy-
siol. Lib. II. §. 23.) fünf Arten dieser Endigung an: in einen
Ausführungsgang, ins Zellgewebe, in Höhlen, durch die Haut; in
lymphatische Gefässe; in Wahrheit aber existiren alle diese Ue-
hergäng'e nicht, denn wie die an so vielen durchsichtigen Theilen
angestellten Untersuchungen über die-Circulation, über die Bewegung
des Bluts in den Capillargefässen, und die Beobachtungen
an den fein injicirten Geweben aus allen Theilen des menschlichen
Körpers lehren, giebt es in keinem Organe, in keiner
Haut einen andern Uebergang der Arterien; als den netzförmigen
Uebergang ihrer feinsten Zweige in die Venen. H aller und
mehrere seiner Nachfolger haben für R uysch’s Hypothese auch
den Uebernäng der iti die Blutgefässe injicirten Flüssigkeiten in
die Ausführungsgänge der Drüsen und die Blutungen aus den
absondernden Geweben angeführt. Was den ersten Grund betrifft,
so lässt es sich zwar nicht läugnen, dass bei starken Injea-
tionen der Pfortader zuweilen, wenn gleich selten, etwas in den
Ductus hepaticus übergeht, und dass in seltenen Fällen nach heftiger
Injection der Nierenarterien etwas von der injicirten Flüssigkeit
in dein Nierenbecken sieh vorfindet. Allein die Untersuchung
nach solchen Uebergängen zeigt gerade, dass eine Zer-
reissung Statt gefunden haben muss ; denn die feineren Zweige der
aüsführenden Kanäle finden sich in diesen Fällen nicht injicirt,
was seyn müsste, wenn der Uebergang auf natürlichen Wegen
durch die feinsten Zweige der Arterien in die. feinsten Zweige
der Ausführungsgänge geschehen wäre. So füllen sich., auch,
wie meine Untersuchungen bewiesen haben, nach Injection der
Ausführungsgänge,' z> R. der Leber, der Niere nür dann durch
Extravasation die Blutgefässe, wenn die feineren Zweige der
Ausführungsgänge nicht angefüllt sind. ( Dergleichen Uebergängc
sehen sich daher ganz wie das Austreten feiner Injectionsmassen
aus Schleimhäuten an,, in welchen es doch erwiesener Maassen
keine offenen Enden der Blutgefässe, sondern nur Capiliargefäss-
netze giebt. Dasselbe gilt von den Blutungen, welche durch
Extravasation erfolgen und die überdiess, in den Drüsen ganz
ausserordentlich selten sind. Am auffallendsten sphien der Uebergang
feiner Injectionen aus den Nierenarterien in die Bellini-,
sehen Harnkanälchen; ja es wurden sogar die aus den Arterien
injicirten gestreckten Gefässe der Marksubstanz der Nieren bei
dem Vortrag. der Anatomie zur Demonstration der Bellini’schen
Röhren benutzt. Die genauere Untersuchung solcher Injectionen
durch H uschre und mich hat indessen diesen Irrthum aulgedeckt
und gezeigt, dass diese sogenannten Bellini’schen Röhren gar
nicht die wahren Bellini’schen Röhren,,, vielmehr nichts anders
als langgestreckte, zwischen den belljni’schen Röhren verlaufende
Arterien sind, welche gegen die Papille der Nieren hin,
statt s,ich zu öffnen, wie die Bellini’schen Röhren, vielmehr feiner
werden und Capillargefässnetze um die Öeffnung der Harnkanälchen
bilden.
Die Controverse über den Bau der Drüsen konnte auf den
bisherigen Wegen, welche meist in Injectionen der Blutgefässe
bestanden, nicht entschieden werden. Hierzu gehörten glückliche
Injectionen der Absonderungskanälchen selbst von ihren Ausführungsgängen
und eine durch alle Drüsen durchgeführte Untersuchung
der JDrüsen, über den feinsten Bau und die Wurzeln
dieser Kanälchen. Die erste genauere Untersuchung dieser Art
w a r. von F errein; über den Bau der Drüsen (Mein, de l’Acad.
royale des Sc. de Paris 1749), welcher die gewundenen Harnkanälchen
der Rlndensubstanz ,als die eigentliche Quelle der Harnab-»'
sonderung entdeckte, wovon weder Malpighi noch R uxsch eine
Ahnung gehabt haben. Die Entdeckung dieser Kanäle, deren
Anhäufung und Feinheit erst den Schein von festem Parenchym
hervorbringt, liess eine.grosse Aehnlichkeit zwischen diesen Kanälen
der Rindensubslanz der Nieren und den Samenknälchen
einsehen, die sich von ihnen nur unterscheiden, dass sie mit blossen
Augen sichtbar sind, die Samenkanälchen aber mussten immer
für die Lehre von dem Bau der Drüsen von grosser Wichtigkeit
seyn, weil sie uns. eine entschiedene Selbstständigkeit der
absondernden Kanäle zeigen, auf deren Wänden sich bloss die
feinsten Blutgefässe . verzweigen und in Capillargefässübergängen
von den Arteriqn in, die Venen übergehen. S chumlabsk.y (de
structura renum. Argentorat. 1788) hat diese Untersuchungen vervollkommnet;:
indessen hat er doch, einen bedeutenden Irrtbum in
die feinere Anatomie der Nieren gebracht, dadurch, dass er die
noch mit blossen Augen sichtbaren Malpighi’schen Körperchen
in der;,, Rindensubstanz der Nieren für die Quelle der Harnabsonderung
hielt, und den Anfang der gewundenen, überall
gleichförmig dicken und unverzweigten Rindenkanälchen der Nieren
in diese Malpighi’schen Körperchen setzte und in seiner