
Ilulse auf beiden Seiten nicht sogleich und ganz aufhören, erklärt
sich hinreichend daraus, dass der N. vagus seine organischen
Fasern nicht bloss in seinem obern Stamme enthält, sondern
dass auch der untere Theil desselben noch viéle Verbindungen
mit dem N. sympathicus eingeht, welche durch die Durchschneidung
des N. vagus am Halse nicht gelähmt werden können.
Die Schleimabsonderung, in den Athemorganen scheint überall
unter der Einwirkung der dem N. vagus beigemischten organischen
Fasern zu geschehen, und daher nimmt wahrscheinlich
auch der N. läryngeus inferior bei seiner Umbiegung nach aufwärts
so bedeutende Verbindungen, von dem N. sympathicus auf.
Nach Durchschneidung desiN, vagus auf beiden Seiten ist die Aufsaugung
der Flüssigkeiten oder ihnen beigemischter fremdartiger
Stolle, Gifte etc. imMagen nicht aufgehoben. Die von Dupuy und
Bracuet angestellten Versuche, noch denen die Aufsaugung der Gifte
irn Magen noch jener Operation aufgehoben seyn soll, sind, offenbar
nicht richtig, und werden durch die von mir und Anderen
angestellten Versuche vollkommen widerlegt, nach welchen diese
Operation nicht im geringsten den Erfolg1 verändert. Siehe'oben
p. 245. Die Dürchschneidung des N. vagus auf beiden Seiten
des Halses tödtet, zwar in den nächsten Tagen; indessen ist diese
Operation nicht tödtlich, wenn sie bloss auf einer Seite vorgenommen,
oder wenn sie auf der andern nach so grosser Zwischenzeit
angestellt wird, dass der erst durchschnittene Nerve wieder
vollständig verheilt ist. Siehe oben p. 411.
In vergleichend anatomischer und physiologischer Hinsicht
bietet der N. vagus viele Merkwürdigkeiten dar.
1) Bei den Vögeln und beschuppten Amphibien, w:o der N.
accessori-us mit dem Stamme des N. vagus verschmilzt, giebt 'der
N. vagus auch einen Ast oder mehrere Aeste zu dén Halsmuskeln.
Bischoff, n. accessorii anatomia etphysiologia. Heidelb. 1832.
p. 41. 45.
2) Bei den Fröschen geht aus dem Ganglion n. vagi ein Ast
zu den Kiefermuskeln , W eber anatA comp. n. s y jn p 44. " Es ist
der Kehlast von Volkmann, der sich theils in den Zungenbeinmuskeln,
theils in den Kiefermuskeln verbreitet. Sein motorischer
Einfluss kömmt, wie Volkmann zeigte, von dem Ast des
facialis, der in ihn übergeht.
3) Bei den Fröschen giebt der N. vagus auch einen Ramus
lingualis, welcher wahrscheinlich den sensoriellen Piamus lingualis
n. trigemini ersetzt; während der gewöhnliche motorische Ast
vom N. hypoglossus vorhanden ist. W eber. Dieser Ast bewirkt
in der That, wie Volkmann zeigt, keine Zuckungen in der Zunge.
Auch bei den Schlangen und Crocodilen ist dér Ramus lingualis
n. vagi vorhanden. Biscboff beschreibt auch einen Ast des N.
vagus beim Crocodil zu den Muskeln des Zungenbeines, a. a. O.
p. 45. - Er., ist auch bei den Schlangen und Eidechsen vorhanden.
4) Der N. recurrèns kömmt noch bei den Säugethieren, Vögeln
und Amphibien vor. W eber ' hat gezeigt, dpss auch beim
Frosch ein Ast des N. vagus einen zurücklaufenden Zweig zum
Kehlkopfe giebt. Anal. n. sympath. p. 46'. Der Kehlkopf der
Vögel erhält einen Ast vom neunten Nerven, die Luftröhre und
der untere Kehlkopf der. Vögel erhalten Zweige vom N. vagus,
aber die langen Muskeln, welche bei vielen Vögeln die Luftröhre
verkürzen, erhalten Zwüige von einem besondern Ramus descen-
dens n. hypoglossi. ' Siehe oben p. 340.
5) Beim Frosch giebt der N. vagus auch einen Hautast für
die Gegend hinter dem Ohr. Volkmann.
> 6) Bei den Fischen giebt der Nervus vagus die Kiemennerven,
einen' Ramus intestinalis für Schlund und Magen, bei dem
Zitterrochen und dem Zitterwels auch die Nerven des elektrischen
Organes (siehe oben p. 66.), beim Karpfen auch den Zahnnerven
für die Gaumenknochenzähne, und bei allen Fischen den
N.‘ lateralis.
Der N. vagus der Fisöhe vermehrt -seine Substanz offenbar
in dem Ganglion desselben, so dass die Aeste zusammen vielmal
dicker als die1 Wurzeln, ja sogar einzelne Aeste stärker
als die Wurzeln sind. In dem Ganglion scheinen die Primitivfasern
der Wurzeln durch Theilung Und Multiplication ■ die Sub-
stänzvermehrung zu bilden, so.dass viele Primitiv fasern der Aeste
durch eine Primitivfaser der Wurzel vertreten sind. Beim Zander
und beim Wels bilden alle Aeste zusammen ein Ganglion,
beim Karpfen nur die Kiemennerven einzelne Ganglien, wobei
sieb die Substanz vermehrt. W bber anat. comp. ti. sympath. p. 62.
p. 66. Meckel’s Archiv 1827. Tab. f f . Fig. 25. 26.
• : 7) Einer der merkwürdigsten Aeste des N. vagus bei den
Fischen ist der Nerve der Seitenlinie, welcher zwischen den
Muskeln nicht fern von der Haut bis zum Schwänze hingeht,
und Zweige den Muskeln (?) und der Haut giebt. Desmoulins behauptet,
dass dieser Nerve nicht wohl sensibel sey. Allein er ist
sicher nicht motorisch, wenn er sich in Muskeln auch verzweigt;
denn mit einer Batterie von 40 Plattenpaaren konnte ich beim
Karpfen durch Galvanismen des Nerven selbst keine Zuckungen
im den Muskeln erregen. Van Deen hat diesen Nerven auch
bei den Froschlarven, und als einen bleibenden Nerven beim Proteus
angninus entdeckt. Müeller’s Archiv fü r Anatomie und Physiologie,
1834. p. 477. Mayer fand den Nerven auch bei Meno-
»poma, K rohn bei den Tritönen. Der kurze Hautast des N. vagus
der Frösche scheint das Analogon oder der Rest dieses Nerven
zu seyn. Man hat mit diesem Nerven den N. accessorius
verglichen; allein ich glaube, dass nur der Ramus auricularis N.
vagi des Menschen und der Säugethiere ihm verglichen werden
kann. Siehe Archiv 1837.. LXXVI. Der N. lateralis der Petro-
myzon wird gerade so gebildet, -wie der Ramus auricularis n.
vagi aus dem N. vagus und facialis. Da der N. facialis der Knochenfische
im trigeminus eingeschlossen ist, so erklärt sich die
Göncurrenz des trigeminus zur Bildung des' N. lateralis bei vielen
Fischen. Bei den Cyprinen geht ein Ast des N. trigeminus schon
in der Schädelhöhle in den vagus über zur Zusammensetzung des N.
lateralis. BüEchner. Bei Gymnotus electricus findet die Concurrenz
ausser dem .Schädel statt. Beim Wels und der Aalraupe fand W eber