
Kraft des Herzschlages schwächen, nnd dass mit der nervösen
Ohnmacht auch Schwächung des Kreislaufes verbunden ist, so folgt:
1) Dass Gehirn und Rückenmark einen grossen Einfluss auf
die Bewegung des Herzens haben, dessen Bewegungen beschleunigen,
verlangsamen, schwächen und verstärken können.
2) Dass die Herzbewegung aber nach der einfachen Trennung
des Rückenmarkes und Gehirns vom Körper noch eine Zeitlang
fortdauert (nach F lourens bei Kaninchen mit Pulsation der
Carotiden unter künstlicher Respiration über eine Stunde), dass
die Herzbewegungen aber viel schwächer sind, und der Kreislauf
nicht vollständig längere Zeit unterhalten wird.
3) Dass die Bewegung des Herzens auch beim Herausr
schneiden des Herzens, also bei der Trennung desselben von dem
grössten Theile des N. sympathicus nicht sogleich aufhört,
Rückenmark und Gehirn stehen nicht zu dem Herzen in
einem solchen Verhältnisse, dass die Entfernung der ersteren gerade
das Princip der Bewegungen in dem Herzen aufhebt; die
Herznerven können noch einen Theil des belebenden Einflusses
enthalten, selbst derjenige Theil derselben, der noch in einem
ausgeschnittenen Herzen enthalten ist. Aber Gehirn und Rückenmark
müssen gleichwohl als eine Hauptquelle des Nerveneinflusses
überhaupt angesehen werden, ihre Vernichtung schwächt das Herz
in hohem Grade, so dass es zwar noch lange sich bewegt, aber
nicht mit der zur Unterhaltung des Kreislaufes nothwendigen
vollständigen Kraft. Wenn es ein Mittel giebt, den Grad dieser
Abhängigkeit zu messen, so ist es das von Nasse angewendete.
Er mass die Höhe des Blutstromes aus einer durchschnittenen
Arterie im normalen Zustande, zerstörte hierauf das Rük-
kenmark oder einzelne Theile desselben, und fand nun, dass der
Blutstrom nach einigen Minuten in einem der Verletzung angemessenen
Grade abgenommen hatte. Auf jeden Fall ist aber der
Nervus sympathicus vom Gehirn und Rückenmarke durchaus
nicht in der Abhängigkeit wie die Cerebrospinalnerven. Diess
geht allein schon aus der Beobachtung hervor, dass bei Fischen
sich die Contractionen des Herzens nach Zerstörung des
Gehirns und Rückenmarkes selbst noch einen halben Tag lang
erhalten.
Eine noch grössere Unabhängigkeit vom Gehirn und Rückenmarke
scheint die Blutbewegung bei hirn- und rückenmarklosen
Missgeburten zu haben. . Allein wir besitzen über diese Monstra
noch nicht hinreichende anatomische Kenntnisse, um sie auf eine
entscheidende Art zur Lösung der- schwebenden Frage anzuwenden.
Bei den hemicephalen Missgeburten wird das Gehirn meist
durch Gehirnwassersucht zerstört, und dieselbe Krankheit kann
auch das Rückenmark zerstören.
Bei den kopflosen Missgeburten fehlt in der Regel (nicht
immer) auch das Herz, und die Gefässe. bestehen in der Regel
nur aus zwei Gefässsystemen, welche nicht durch die Stämme,
sondern durch die Capillargefässe Zusammenhängen, so dass die
Nabelgefässe Zweige dieser Stämme sind, T iedemann Anatomie d.
kopß. Missgeburten. Landsh. 1813. Nur in dem WiNSLOw’schen
Falle (T iedem. p. 71.) hing die Nabelvene mit dem Arterienstamme
zusammen, wie beim Embryo das Herz eine gleiche Umbiegung
des Venenstammes in den Arterienstamm ist.
B rächet .(recherches expérimentales sur les fonctions du système
ganglionaire. Paris 1820.) hat die Fälle von Acepbalis gesammelt,
bei denen auch das Rückenmark ganz fehlte. Vergl. Meck, pathol.
Anat. I. E lben de acephalis. Berol. 1821. Besonders merkwürdig
ist der Fall von R uysch (thesaur. anat. IX. p. 17. Tab, 1 . ßg. 2.),
wo, freilich an dem Mutterkuchen eines wohlgebildeten Foetus,
eine untere Extremität hing. Eine Frucht, die fast aus einer
blossen Extremität bestand, an einem Nabelstrange bing, und Gefässe,
Arterien und Venen., und einen kurzen Stumpf von Rük-
kenmark enthielt, hat E mmert (Meck. Arch. 6.) beschrieben. Vgh
den ähnlichen Fall H ayn monstri unicum pedem referentis de—
scriptio anatomica. Berol. 1824. In mehreren Fällen hat die Erklärung
des Kreislaufes in der Missgeburt ohne Herz und Rük-
kenmark keine Schwierigkeit, wenn die Gefässe des Monstrums
bloss Zweige der Gefässe des Nabelstranges eines, andern gesunden
Foetus sind, wie in R udolphi’s Fall, von einem Monstrum,
das aus einem blossen Kopf bestand (Ahhandl. d. Akad. zu Berl.
1816.). Eben so in dem von mir beobachteten, ganz ähnlichen
Fall von einem Kopf,'der durch eine Arterie und Vene mit den
Nabelgefässen eines vollständigen Kindes zusammenhing* Muel-
ler' s 'Archiv 1834. 179. Vergi den Fall des rudimentären Monstrums,
das G urlt [pathol. Anat. 2. Bd. iah. 16. Jig. 1 4.) ab—
bildet. R udolhpi erklärt den Kreislauf der übrigen herzlosen
Monstra so, dass das Blut der Mutter vom Mutterkuchen durch
die Nabelvene zuui Foetus gelangt, die sich in ihm gleich einer
Arterie vertheilt, und dass die Arterien des Foetus das Blut zum
Nabel und Mutterkuchen zurückbringen. Encyclop. Wörterbuch
der med. Wissensch. I. 226. Diese Erklärung ist aber sehr gewagt,
da die Gefässe; des Foetus oder Mutterkuchens nicht eigentlich
mit den Gefässen des Uterus Zusammenhängen.
Dass der sympathische Nerve beim Embryo zuerst entstehe,
ist eine sonderbare, bloss hypothetische Behauptung von Ackermann.
Auch ist es zu tadeln, dass der sehr verdiente R qlando.
die erste Spur der Rückenwirbel beim Vogelembryo zur Seite
des Rückenmarkes für Ganglien des N. sympathicus erklärt.
Nicht allein Gehirn und Rückenmark, sondern der Lebenszustandaller
Organe, und dadurch der ganze Organismus, wirken
durch die begleitenden Nerven der Blutgefässe auf den Sympathicus
zurück, und bestimmen seine ihm eigenthümliche motorische
Kraft zur Wirkung. Die beständige Quelle der Zusammenziehung
des Herzens ist daher primo loco die motorische Kraft
des Nervus sympathicus. Aber die Ursache für die Erhaltung der
letztem, und ihre Erregung ist nicht allein Gehirn und Rückenmark,
sondern sind wahrscheinlich die Lebensreize aller Organe,
welche durch die Gefässnerven auf die Central theile des Sympathicus
zurückwirken. Hierdurch wird es möglich, dass eine örtliche
Krankheit kranke Gemeingefühle im ganzen Körper erregt,